Das Bahn-Unternehmen DB Netz ist Eigentümer der meisten Bahnstrecken, Gleise und Bahnanlagen in Deutschland - und damit auch verantwortlich für die Gleise in Schwaben. Auf denen betreibt der Bahnanbieter Go-Ahead seit 2021 sechs Bahnstrecken rund um Augsburg. In Baden-Württemberg fährt Go-Ahead schon zwei Jahre länger. In beiden Bundesländern zusammen kommt das Unternehmen pro Jahr laut eigenen Angaben auf rund 20 Millionen Zugkilometer. Doch laut Go-Ahead-Geschäftsführer Fabian Amini sind die Gleise heruntergewirtschaftet, die DB Netz habe dabei versagt, die richtigen Rahmenbedingungen für den Bahnbetrieb zu schaffen.
Zahlreiche Probleme, kaum Lösungen
Laut Amini, dessen Unternehmen unter anderem auf der vielbefahrenen Strecke zwischen Augsburg und München Regionalzüge betreibt, ist die Infrastruktur Grund für zahlreiche Probleme. Die Strecken seien nicht nur überlastet. Auf eingleisigen Streckenabschnitten müssten Züge auf verspätete Gegenzüge warten, täglich gebe es Störungen bei Signalanlagen, Weichen, Bahnübergängen, Stellwerken oder Oberleitungen.
Was Amini besonders ärgert: Für all diese Unzulänglichkeiten werde Go-Ahead in der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht, obwohl dafür eigentlich die DB Netz die Verantwortung trage.
"Unkoordinierte Flickschusterei"
Amini kritisiert zudem die Art und Weise, wie die DB am Netz arbeite. Anstatt konzentriert zu bauen, betreibe die Bahntochter "monatelange und unkoordinierte Flickschusterei", so der Go-Ahead-Geschäftsführer. Seit einem Jahr sei sein Unternehmen jetzt im Augsburger Netz unterwegs: "Seither hatten wir dort 120 teils sehr komplexe Baumaßnahmen und konnten nur zwei Monate im regulären Fahrplan fahren – damit waren wir jetzt zehn Monate im Baustellenmodus, mit ständig wechselnden Veränderungen. Seit Juli wurden wir im Schnitt bei zwei Drittel der Baumaßnahmen zu spät informiert, so dass wir oft nicht mehr rechtzeitig die Fahrgäste über die Änderungen informieren konnten." Zum Baustellen-Ärger komme noch eine "sehr träge" Fahrgastinformations-Technik der Deutschen Bahn AG, die geänderte Fahrpläne erst Tage später auf Websites und Apps anzeige.
DB Netz hatte Besserung gelobt
Noch im März dieses Jahres hatte DB Netz im Gespräch mit Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) Besserung gelobt, doch seither habe sich die Situation stetig verschlimmert. Als letzten "Tiefschlag" bezeichnet Go-Ahead, dass die Bauarbeiten am Bahnhof Meitingen kurzfristig verlängert worden seien. Statt wie angekündigt Anfang Dezember werden sie nun erst in der dritten Januarwoche zu Ende gehen.
"Fahrgäste zu Recht sauer"
Die Fahrgäste seien zu Recht sauer, und er sei es auch, so Amini: "Das ist an Rücksichtslosigkeit kaum noch zu überbieten und setzt den letzten Monaten die Krone auf. Wie kann man noch wenige Tage zuvor nicht wissen, dass man eine geplante Bauzeit von dreieinhalb Wochen um sechseinhalb Wochen überziehen muss?" Offizielle Informationen würden Go-Ahead nur "scheibchenweise" erreichen, was dazu führe, dass das Unternehmen unter Hochdruck neue Einsatzpläne für sein Personal erstellen müsse. Amini moniert: "Seit 2015 höre ich jedes Jahr die gleichen Ausreden. Damals war ich bei Meridian, BOB und BRB tätig, jetzt höre ich bei Go-Ahead dasselbe: große Ankündigungen und leere Versprechungen von DB Netz, aber letztlich übernimmt dieses Unternehmen keine Verantwortung, duckt sich weg, und dann werden meine Kolleginnen und Kollegen in Uniform am Bahnsteig von aufgebrachten Fahrgästen beschimpft."
Go-Ahead verlangt öffentliche Entschuldigung
Amini verlangt nun von DB Netz, endlich zu den öffentlich gemachten Zusagen zu stehen, Probleme zu lösen und für entstandene Schäden geradezustehen. "Vor allem aber erwarten wir eine öffentliche Entschuldigung seitens DB Netz bei unseren Fahrgästen, unseren Mitarbeitenden und unseren Auftraggebern". Denn: Die habe es noch kein einziges Mal gegeben, so Amini.
Bahn bittet um Verständnis
Inzwischen hat die Bahn dazu Stellung genommen. Man bedauere sehr, derzeit nicht die Qualität und Zuverlässigkeit bieten zu können, die die Kundeninnen und Kunden zu Recht erwarteten, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks. Weiter sagte sie: "Das Schienennetz ist zu alt, zu voll und zu kaputt. Deshalb müssen wir aktuell auch kurzfristig Baustellen einrichten – on top zum ohnehin anspruchsvollen Baupensum." Es sei klar, dass die Bahn für eine leistungsfähige Infrastruktur investieren und bauen müsse: "Daran führt kein Weg vorbei." Ebenso klar sei es, dass die Reisenden gut informiert sein und verlässlich an ihr Ziel kommen müssten. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme: "Das ist unser Anspruch beim Baustellenmanagement. Wir tun alles dafür, diesem Anspruch gerecht zu werden." Allerdings bitte man auch um Verständnis, wenn dies angesichts der Vielzahl der Baumaßnahmen und bei Verzögerungen nicht immer gelingen könne, so eine Bahnsprecherin.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!