Der Konzertveranstalter, die Leutgeb Entertainment Group, die diesen Sommer schon Mega-Konzerte wie das einzige Deutschlandkonzert von Robbie Williams am vergangenen Samstag, aber auch das Großkonzert von Helene Fischer auf dem Gelände der Messe München organisiert hat, soll dem Münchner Merkur wegen kritischer Berichterstattung die Akkreditierung entzogen haben. Das berichtet der Merkur am Sonntag auf seiner Online-Seite. Zuletzt hatte Leutgeb auch wegen eines möglichen Rammstein-Konzerts in München an Silvester Schlagzeilen gemacht.
Redaktion des Merkur: Wir stehen für unabhängige und freie Berichterstattung
"Normalerweise würden Sie auf Merkur.de nicht nur einen Fan-Bericht, sondern auch eine Kritik zum Auftritt von Robbie Williams vorfinden", so leitet die Redaktion des Münchner Merkur online ihre Stellungnahme zu dem Vorfall ein. "Warum das ausnahmsweise nicht der Fall ist, hat folgenden Hintergrund: Nach dem Auftritt von Helene Fischer am vergangenen Wochenende hat sich der Konzertveranstalter schriftlich über die kritische Berichterstattung in tz und Münchner Merkur beschwert und uns die Akkreditierung für das Robbie-Williams-Konzert entzogen."
Das aber will die Redaktion nicht hinnehmen: "Da wir für unabhängige und freie Berichterstattung stehen, sehen wir uns zu diesem Schritt gezwungen. Wir lassen uns in keiner Weise beeinflussen."
Leutgeb spricht von "Unwahrheiten und Panikmache"
Der Veranstalter Leutgeb Entertainment bestätigt auf Anfrage den Entzug der Akkreditierung, betont aber, dies sei "das erste Mal in unserer Geschichte vorgekommen". Grundsätzlich seien alle Medien auf seinen Veranstaltungen willkommen.
Auch habe Leutgeb Entertainment "kein Problem mit Kritik", auch dann nicht, "wenn diese nicht positiv" sei: "Uns ist völlig bewusst, dass bei Events mit über 100.000 Besuchern nicht immer alles glatt läuft und man das Haar in der Suppe auch finden wird, wenn danach sucht! Womit wir allerdings ein Problem haben, sind Unwahrheiten und Panikmache."
Kritische Berichterstattung zum Helene-Fischer-Event
Merkur und tz hatten unter anderem beschrieben, bei dem Riesen-Event mit 130.000 Zuschauern habe der Funke nicht so recht überspringen wollen. Als Beispiel wurde berichtet, dass es keine "Zugabe"-Rufe gegeben habe und keinen langanhaltenden Jubel.
Zudem hätten Gäste auf den VIP-Tribünen beklagt, von dem Konzert nicht viel gesehen zu haben, da die Bühne weit entfernt gewesen sei. Nur über die riesigen Leinwände habe man die Show gut verfolgen können. Der Merkur urteilt schließlich: "Diese Gigantomanie ist zu viel des Guten."
Was genau der Veranstalter an der Berichterstattung als "Unwahrheiten und Panikmache" empfand, war zunächst nicht zu klären.
Bayerischer Journalistenverband zeigt sich irritiert
Der Bayerische Journalistenverband BJV monierte über den Entzug der Presseakkreditierung hinaus auch noch einen Facebook-Post des Veranstalters:
"Als ob das für sich genommen noch nicht problematisch genug wäre, schwadroniert der Veranstalter in einem Facebook-Post von 'gesteuerten Schmierfink Medien' und deren angeblichen 'Neid' auf seinen Erfolg", so der BJV via Facebook. Es sei "höchst irritierend", dass die Messe München mit einem Veranstalter kooperiere, "der die freie Presse nicht dabei haben will und sie öffentlich im Stil von Verschwörungsideologen attackiert. Was halten die Stadt München und der Freistaat Bayern als Gesellschafter der Messe München von solcher Kundschaft?"
Der Münchner Grünen-Stadtrat Florian Roth twitterte dazu noch einen Screenshot des fraglichen Facebook-Posts des Veranstalters. Darin wird behauptet, die Reihe von Großveranstaltungen habe - ohne Steuergeld oder Kulturförderung in Anspruch zu nehmen - der Landeshauptstadt eine Wertschöpfung von 200 Millionen Euro gebracht. Das Eigenlob lautet: "Einzigartig!!!!! Empfehlung: Nachmachen!!!!!"
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Deutsche Presse-Agentur verzichtet auf "Berichterstattung in Wort und Bild"
Die Deutsche Presse-Agentur teilte zum Münchner Konzert von Robbie Williams mit, sie verzichte auf die Berichterstattung in Wort und Bild. Als Grund heißt es: "Den vorgelegten Vertragsbedingungen für Fotografen konnten wir aus rechtlichen Gründen nicht zustimmen."
Kostenlose Fotos als Bedingung für Akkreditierung
Bei Leutgeb Entertainment heißt es jedoch, diese Bedingung hätten sich andere ausgedacht: "Der angesprochene Vertrag kommt von den jeweiligen Künstlermanagements und wir können das nicht beeinflussen", so Leutgeb-Pressesprecher Mario Krainz in einem Statement für den Bayerischen Rundfunk.
In Kreisen freier Pressefotografen stieß die Vorgabe, die Fotos kostenlos zur Verfügung zu stellen, auf Empörung: So werde ihre Arbeit entwertet: "Ich lehne es ab, kostenlos zu fotografieren bei Künstlern, die selber Millionen auf dem Konto haben", erklärte einer, der lieber anonym bleiben möchte, auf Anfrage. Es sei "eine Geringschätzung, wenn es heißt, du musst uns Deine Fotos umsonst geben."
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