Viel Asphalt und Beton, aber kein Schatten: An der Mittelschule im Zentrum von Friedberg wollen viele Kinder an heißen Tagen oft gar nicht raus.
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Viel Asphalt und Beton, aber kein Schatten: An der Mittelschule im Zentrum von Friedberg wollen viele Kinder an heißen Tagen oft gar nicht raus.

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Schattenloser Pausenhof - Mädchen schreiben Protestbrief

Diese Woche müssen viele Schüler noch schwitzen. Nicht wegen des Zeugnisses – sondern weil sich an vielen Schulen Gebäude und Pausenhof ungemein aufheizen. Schülerinnen aus Friedberg haben sich deshalb direkt an den Bürgermeister gewandt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Aus einer Klarsichthülle zieht Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) den Brief zweier Schülerinnen. In Schönschrift auf ein liniertes Blatt ist der geschrieben, rechts oben der rote Eingangsstempel der Rathausverwaltung, der Inhalt dabei durchaus kritisch.

"Nicht mehr zeitgemäß"

"Guten Tag, Herr Bürgermeister, unser Pausenhof ist nicht mehr zeitgemäß, er ist viel zu klein für so viele Kinder und es gibt keinen Schatten, wenn es so heiß ist", liest der Bürgermeister vor und nickt. Recht hätten die Mädchen, sagt er, der Pausenhof in Südlage bekomme tatsächlich viel Sonne ab, zwei schmale Bäumchen könnten da nichts ausrichten. Schatten gibt es daher tatsächlich nur durch ein Gebäude in der Nachbarschaft, wie ein Ortstermin mit Thamija, elf Jahre alt, und Lena, zwölf Jahre, an der Mittelschule zeigt: "Es ist auch wirklich sehr heiß, man bekommt Kopfweh und es gibt oft Streit unter den Schülern", sagt Thamija.

Schnelle Schattenspender gesucht

Einfach Bäume zu pflanzen, das sei kaum möglich, erklärt Bürgermeister Eichmann. Auf längere Sicht soll daher eine Hitzeanpassungsstrategie helfen, die momentan von der Stadt erarbeitet wird. Auf die Schnelle an der Schule vor Ort mitten im Friedberger Zentrum könnten jetzt Sonnensegel helfen, meint der Bürgermeister. Der Hitzeschutz in der Stadt generell werde jedenfalls künftig immer wichtiger, sagt Eichmann.

Über ein Städtebauförderungsprogramm sei Friedberg dabei, vieles neu aufzusetzen, "als Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen, in denen wir leben". Zuletzt sei das beim viel besuchten Altstadtfest deutlich geworden: "Wir hatten da sehr mit der Hitze zu kämpfen. Wir hatten auch noch nie so eine instabile Wetterlage, was die Gewitter angeht, die auf einmal so ganz schnell da waren. Das ist etwas, auf das wir uns einstellen müssen."

Wer muss für den Hitzeschutz der Kinder aufkommen?

Für derartige Hitzeschutzmaßnahmen für die Bürger müssten die Kommunen aber auch mehr Geld vom Bund und Freistaat bekommen, fordert Eichmann. Die Städte und Gemeinden würden aber gerade in Bayern sehr kurz gehalten – im Gegensatz zu Baden-Württemberg etwa. Das Nachbar-"Ländle" sei "ein Musterbeispiel" dafür, wie Kommunen finanziell ausgestattet würden, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können und gleichzeitig die kommunale Selbstverwaltung erfüllen zu können.

"Das schafft Bayern nicht", moniert Eichmann, und das bemerke man eben auch in Sachen Klimaschutz. Der SPD-Politiker spart aber auch nicht an Kritik an der Bundesregierung: Die gebe diesbezüglich "kein gutes Bild ab". Die Kommunen bräuchten einen verlässlichen Rahmen für das Thema Klimaschutz, fordert der Bürgermeister: "Ein planvolles Vorgehen wäre höchste Eisenbahn", sagt er. Besonders für die Kommunen, die seien "die wichtigsten Player" in der Umsetzung der Maßnahmen. Jeder seiner Amtskolleginnen und -kollegen sehe diese Notwendigkeit mittlerweile, beobachtet Eichmann.

Warum Hitze für Kinder noch gefährlicher ist

Dass die Kommunen den Hitzeschutz angehen müssen, gerade auch für Kinder, fordert Umweltmedizinierin Claudia Traidl-Hoffmann von der Uniklinik Augsburg schon seit Längerem: Denn Kinder würden durch Hitze ganz besonders gefährdet. Bei ihnen ist laut der Expertin die Regulationsfähigkeit der Körpertemperatur noch nicht ganz ausgebildet. Kinder können außerdem weniger schwitzen. Und aufgrund des ungleichen Verhältnisses von Körpermasse zu Körperoberfläche zur Wärmeableitung muss der Organismus bei Hitze viel stärker arbeiten. Gerade Schulen sollten daher so geplant werden, dass sie auch im Sommer kühl bleiben, dass es genügend Schatten gibt und möglichst auch Baumbestand, betont die Augsburger Expertin.

Hitzeschutz soll Thema beim Schulbau werden

Auch in Augsburg gibt es noch viele schattenlose Pausenhöfe. Bei der herkömmlichen Planung bleibt für deren Gestaltung leider oft kaum Geld übrig. Beim Neubau von Schulen soll das anders laufen. Die Johann-Strauß-Grundschule in Haunstetten soll zum Beispiel eine Art grünes Kleid übergestreift bekommen. Bildungsreferentin Martina Wild erklärt: "Wir haben das allererste Mal einen Pausenhof auf dem Dach, grüne Klassenzimmer, mit Begrünung und Balkonen, das trägt zur Verschattung und Abkühlung bei. Ist ein klimagerechter Neubau."

Im Jahr 2025 soll der Neubau in Haunstetten bezugsfertig sein. Und in Friedberg will der Bürgermeister über die Sommerferien eine schnelle Schattenzone für die Kinder der Mittelschule auf den Weg bringen.

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