Als ein allgemeines Defizit bezeichnet die Münchner Kommissionsvorsitzende Michaela Huber die uneinheitliche Arbeitsweise diözesaner Ansprechpersonen in Deutschland. "Die einen verstehen sich als Ombudsstelle, die anderen beraten und informieren, aber begleiten nicht." Es gebe weder ein genau definiertes Arbeitsprofil noch eine festgelegte Qualifikation. Problematisch werde dies bei der Weiterleitung von Anträgen auf Anerkennungsleistungen an die dafür zuständige Kommission auf Bundesebene.
Kritik: Fälle werden unterschiedlich bearbeitet
"Die Stellen müssen vergleichbar gemacht werden", fordert Huber. Die katholischen Bistümer haben sich inzwischen verpflichtet, Kommissionen zur Aufarbeitung aufzubauen. Viele Bistümer haben auch darüber hinaus Ansprechpartner eingesetzt. "Wenn die diözesanen Ansprechpartner so unterschiedlich arbeiten, braucht man sich nicht zu wundern, dass die Fälle von der UKA so unterschiedlich bearbeitet werden", kritisiert Münchner Kommissionsvorsitzende.
Die Anfang vergangenes Jahr eingerichtete Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) entscheidet darüber, ob Betroffene Geld bekommen und wieviel. "Ein Prozent der Opfer hat 50.000 Euro und mehr bekommen, ein Drittel weniger als 10.000 Euro. Das ist ein großes Thema für uns."
Standardisierung schon seit langem gefordert
Schon im Dezember vergangenen Jahres hatte die Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs der katholischen Kirche in der Erzdiözese München und Freising eine Standardisierung empfohlen. In dem Schreiben der Kommission hieß es: "In unseren Augen ist eine […] Evaluation der Tätigkeiten aller Missbrauchsbeauftragter aller deutschen (Erz-)Diözesen nach einem einheitlichen standardisierten Verfahren, das dann einen Vergleich ermöglicht, dringend notwendig."
Bistum München: "Luft nach oben"
Im Münchner Bistum von Kardinal Reinhard Marx laufe inzwischen einiges gut, doch es gebe Luft nach oben, sagte Huber im Münchner Merkur. "Der Kardinal muss mehr in Kontakt treten mit den Betroffenen." Und das werde er auch tun: "Man kann davon ausgehen, dass Betroffene in den nächsten Wochen einen Brief von ihm bekommen."
Intensiv beschäftigt sich die Münchner Kommission nach den Worten ihrer Vorsitzenden mit dem kirchlichen Umgang mit bekannten, noch lebenden Missbrauchstätern. Hier müssten schärfere Sanktionen geprüft werden, etwa durch eine Aufhebung der Verjährungsfrist. Ausdrücklich nannte Huber in diesem Zusammenhang den Wiederholungstäter Pfarrer H., dessen Fall im Münchner Missbrauchsgutachten eingehend thematisiert worden war.
- Zum Nachlesen: BR24 extra: Missbrauchsgutachten wird vorgestellt
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