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Seehofer und Merkel auf Unions-Fraktionssitzung am 12.6.2018

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Showdown bei der Union – wie weit geht die CSU im Asylstreit?

Showdown bei der Union – wie weit geht die CSU im Asylstreit?

Ein Zitat von Seehofer zu Merkel dokumentiert den Riss zwischen beiden. Es deutet einiges darauf hin, dass die CSU Seehofer Rückendeckung gibt, dass man aber auch der Kanzlerin noch Zeit für eine europäische Lösung geben will. Von Nikolaus Neumaier

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Am letzten Donnerstag gab es offensichtlich keinerlei Zurückhaltung mehr. In einer kleinen Runde mit Berliner CSU-Regierungsmitgliedern soll CSU-Parteichef Horst Seehofer über Angela Merkel gesagt haben: „Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten.“ Aus CSU-Kreisen wird der Satz heute nicht bestätigt, allerdings hieß es, man solle die Zeitungsberichte lesen, in denen der Satz vorkommt und das kann man als indirekte Bestätigung werten. Der Streit zwischen Seehofer und Merkel hat damit nicht mehr nur eine sachliche Ebene, sondern eben auch eine sehr persönliche. Die beiden können nicht mehr miteinander.

Zerwürfnis reicht weit zurück

Dass es so weit kommen konnte hängt sicher mit dem seit Jahren erfolglosen Bemühen der Kanzlerin zusammen eine europäische Lösung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu finden. Weil nichts vorwärts geht und die CSU vor einer extrem wichtigen Landtagswahl steht, will die CSU jetzt nicht mehr länger zuschauen, sondern Nägel mit Köpfen machen. Ein weiterer Grund ist möglicherweise im Frust zu finden, den Horst Seehofer seit dem Bundestagswahl-Debakel vor sich her schiebt. Seehofer musste wegen der Wahl sein Amt als Ministerpräsident aufgeben. Angela Merkel durfte Kanzlerin bleiben. Während der Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Januar 2018 hatte Seehofer auf eine Journalistenfrage wie er es bewertet, dass Merkel im Gegensatz zu ihm unbeschadet weitermachen könne, nur sarkastisch gelacht und gemeint, das frage er sich auch.

Der persönliche Konflikt zwischen Seehofer und Merkel dürfte aber viel weiter zurückreichen. 2004 trat Seehofer von seinem damaligen Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Bundestagsfraktion zurück. Der Anlass war ein heftiger Streit um die Gesundheitspolitik. Seehofers Gegenspielerin damals hieß Angela Merkel. Beobachter werteten die Situation auch als Versuch Merkels ihren heftigsten Widersacher auszuschalten. Möglicherweise sind die Wunden von 2004 nie verheilt und brechen jetzt wieder auf.

Was will die CSU: Inhaltliche Härte aber Chance für Merkels europäische Lösung

Der CSU-Vorstand am Montag dürfte sich im Asylstreit voll hinter Horst Seehofer stellen. Zwar gibt es warnende und auch kritische Stimmen, die Seehofer vorwerfen, den Streit bewusst angezettelt zu haben. Warnende Stimmen kommen vom schon lange emeritierten Kultusminister Hans Maier und vom früheren Ministerpräsidenten Beckstein. Maier schrieb einen Brief an die CSU-Landesgruppe, in der er vor einem Bruch warnte. Beckstein teilte in einem Tweet mit, dass er einen Bruch der Union für ausgeschlossen hält. Inhaltlich aber dürfte Seehofer niemand widersprechen und so ist es sehr wahrscheinlich, dass der Parteivorstand seinen Masterplan zur Asylpolitik inklusive der geplanten Zurückweisungen an der Grenze voll und ganz mitträgt, aber sich dafür ausspricht, die umstrittene Anordnung erstmal nicht umzusetzen und Angela Merkel noch eine Chance zu geben. Ein führender CSU-Politiker sagte dem BR: „Darauf wird es wohl hinauslaufen.“

Will die CSU einen anderen Kanzler?

Es scheint so, als gehe es der CSU vor allem darum Angela Merkel wegzubekommen. Laut CSU-Analysen gibt es zahlreiche konservative Wähler, die der CSU nur wegen Angela Merkel ihre Stimme verweigern. Das wäre also ein Grund, um auf eine Ablösung Angela Merkels hinzuarbeiten. Merkel weg, Problem weg. Doch so einfach ist es nicht, denn Merkel hat immer noch viele Anhänger. Auch in der CSU-Wählerschaft und so heißt es heute aus dem Umfeld der bayerischen Staatsregierung, man schätzt vielleicht den Königsmord, aber nicht die Königsmörder. Interessant ist allerdings, ob vielleicht Wolfgang Schäuble eine Lösung aus dem Konflikt herbeiführen könnte. Angeblich soll er ja zwischen CDU und CSU vermitteln, doch denkbar wäre auch, dass Schäuble mehr auslotet, nämlich ob er die zerrissenen Schwestern wieder zusammenführen kann. Als Kanzler, der dann zur Verfügung stünde, wenn Merkel nach erfolgloser europäischer Mission zurücktreten sollte. Für die CSU wäre Schäuble zwar nicht der Wunschkandidat, aber vorstellbar. Und für die SPD, die man bei einer Kanzlerwahl auch noch braucht, wäre Schäuble vielleicht deswegen ein akzeptabler Vorschlag, weil der jetzige Bundestagspräsident sicher nur ein Übergangskandidat wäre und bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten würde. Ambitionen von Andrea Nahles wären also durch Schäuble nicht gefährdet.