Angesichts zuletzt deutlich gestiegener Corona-Zahlen fordert der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Bundesländer auf, ihre Impfzentren wieder hochzufahren. "Um möglichst vielen möglichst schnell eine Auffrischungsimpfung zu ermöglichen, sollten die Länder die Impfzentren, die sie seit Ende September in Standby bereithalten, nun wieder startbereit machen", sagte er der "Rheinischen Post". Zudem riet Spahn dazu, in einem ersten Schritt alle Menschen über 60 schriftlich zur Impfung einzuladen.
Am Wochenende hatte Spahn bereits einen Gipfel zum Thema Auffrischungsimpfungen von Bund und Ländern gefordert. "Aktuelle Daten aus Israel zeigen, dass das Boostern einen ganz entscheidenden Unterschied macht, um die vierte Welle zu brechen", sagte er der "Bild am Sonntag". Sein Ministerium wies zudem noch einmal darauf hin, dass grundsätzlich alle Bürger laut Impfverordnung einen Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung haben.
Für wen die StiKo eine Booster-Impfung empfiehlt
Momentan empfiehlt die Ständige Impfkommission die Auffrischung unter anderem Menschen ab 70, Bewohnern und Betreuten in Pflegeeinrichtungen für alte Menschen, Pflegepersonal mit einem direkten Kontakt zu alten Menschen und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Auch in Bayern sind die meisten Impfzentren inzwischen geschlossen oder werden in deutlich reduzierter Form weiterbetrieben. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte Anfang Oktober Befürchtungen widersprochen, dass die Impfzentren im Freistaat bei Bedarf nicht schnell genug wieder hochgefahren werden könnten. "Ich bin da optimistisch, dass das klappt", sagte Holetschek damals.
"Booster-Gipfel": Schwesig, Söder, Lauterbach dafür
Spahns aktuelle Forderung nach einem Bund-Länder-Gipfel stößt unterdessen auf Zustimmung, aber auch auf Zweifel. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zeigte sich in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" am Sonntagabend skeptisch, ob ein solches Treffen zum Thema Booster-Impfung Sinn macht. "Wir sind dabei, die Booster-Impfungen durchzusetzen. Wir haben die Ältesten schon wieder eingeladen", sagte Müller. Die Frage sei, was Spahn konkret besprechen wolle. "Dazu habe ich noch nichts gehört."
Hingegen sagte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", wenn es notwendig erscheine, dass Bund und Länder sich treffen, dann solle das auch gemacht werden. Und zwar laut Schwesig unabhängig davon, welche Regierung künftig im Amt sei: "Corona ist eine gemeinsame nationale Aufgabe, und die haben wir immer parteiübergreifend gelöst." Auch CSU-Chef Markus Söder und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatten am Wochenende einen Gipfel von Bund und Ländern zu Corona gefordert.
Zu langsam? Dahmen kritisiert Hausarztpraxen
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen zeigte sich derweil unzufrieden mit dem Verlauf der Corona-Impfungen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. "Nach der Schließung der meisten Impfzentren erfüllen die Praxen die in sie gesetzten Erwartungen erkennbar nicht, weder bei den Erst- noch bei den Booster-Impfungen", sagte Dahmen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das Tempo bei den Erst- und Zweiimpfungen und beim Boostern reicht nicht aus." Dahmen brachte auch Impfungen in Apotheken ins Spiel, falls das Impftempo der Praxen nicht ausreiche.
Am Montag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) eine bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz je 100.000 Einwohner von 154,8 - am Sonntag vor einer Woche hatte dieser Wert bei 106,3 gelegen. Derzeit sind etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland vollständig geimpft. In Bayern ist die Corona-Inzidenz zuletzt auf einen Rekordwert über 230 gestiegen, am Montagmorgen wies das RKI einen Wert von 248,1 aus. Allerdings ist der Inzidenzwert inzwischen nicht mehr der alles entscheidende Parameter für Maßnahmen gegen die Pandemie. Die seit Anfang September in Bayern geltende Krankenhaus-Ampel steht weiter auf grün.
Zum Artikel: "Corona in Bayern: Wo steht die Krankenhaus-Ampel?"
(mit Informationen von dpa)
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