Bundeskanzler Olaf Scholz beim Wahlkampfauftakt der bayerischen SPD in München. Im Hintergrund ein Plakat von Spitzenkandidat Florian von Brunn.
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Bundeskanzler Olaf Scholz beim Wahlkampfauftakt der bayerischen SPD in München. Im Hintergrund ein Plakat von Spitzenkandidat Florian von Brunn.

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Scholz schwört Bayern-SPD in München auf Landtagswahlkampf ein

Die Bayern-SPD ist in die heiße Phase des Landtagswahlkampfs gestartet - gemeinsam mit Olaf Scholz. Auf dem Münchner Marienplatz verteidigte der Kanzler die Politik der Ampel-Regierung und attackiert pfeifende Protestler scharf.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Olaf Scholz spricht direkt zu Beginn laut und energisch in sein Mikro: "Während wir hier friedlich versammelt sind und uns Gedanken über die Zukunft unseres Landes machen, müssen die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine um die Sicherheit ihres Lebens, ihrer Familien, ihrer Freunde bangen." Es sei richtig, ein überfallenes Land zu unterstützen. "Dazu gehört auch, dass wir Waffen liefern", so Scholz. Für eine Rede zum Wahlkampfauftakt seiner SPD für die Landtagswahl in Bayern ein eher ungewöhnlicher Einstieg.

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Die Buhrufe und Pfiffe auf dem Münchner Marienplatz, die teils derbe Kritik an seiner Ukraine- und Energiepolitik hatten den Bundeskanzler offenbar aufgebracht. "Und dann sieht man immer wieder, manchmal auch hier, einige, die halten die Slogans der Friedensbewegung der 80er Jahre hoch, mit Friedenstauben", sagt Scholz und zitiert: "Frieden schaffen ohne Waffe." Man könne den Ukrainern jedoch nicht sagen, sie sollten einfach ihr Land erobern lassen: "Das hat mit Freiheit, Demokratie und Friedensliebe gar nichts zu tun", so Scholz. An dieser Stelle überschlägt sich seine Stimme fast.

Scholz über Friedenstauben: "Gefallene Engel aus der Hölle"

Die Stimmung bei der Kundgebung in München ist hitzig, das Wetter ist es auch. Während seiner Rede scheint dem Kanzler die Nachmittagssonne direkt ins Gesicht. Mehrmals wischt er sich den Schweiß aus den Augen. Von der Lethargie, die ihm oft vorgeworfen wird, ist an diesem Freitag wenig zu spüren. Scholz spricht nicht am Rednerpult, stattdessen läuft er mit dem Handmikro über die Bühne, ohne Sakko, das weiße Hemd an den Ellenbogen hochgekrempelt.

Seine Regierung habe bei Waffenlieferungen stets sorgfältig überlegt und werde alles dafür tun, dass es nicht zu einer Eskalation und einem Krieg zwischen Russland und der Nato komme. Dennoch: Diejenigen, die hier auf dem Platz mit Friedenstauben herumlaufen würden, seien "gefallene Engel, die aus der Hölle kommen, weil sie letztendlich einem Kriegstreiber das Wort reden", sagt Scholz. Laut Polizei sind rund 3.000 Menschen bei der Kundgebung. Zu Gegenprotest hatten sich auch AfD und Querdenker verabredet.

Kanzler fordert "Deutschlandtempo" auch in Bayern

Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich mit seinem Angriffskrieg verrechnet, so Scholz, "weil er gedacht hat, wir in Europa wüssten uns nicht zu helfen". Doch die Bundesregierung habe aus anderen Quellen Gas bezogen und schnell Flüssiggas-Terminals bauen lassen. "Das war Deutschlandtempo", verkündet Scholz. Eben jenes brauche es nun ganz allgemein, gerade mit Blick auf den Ausbau erneuerbarer Energien, bei Planungen und Genehmigungen - auch in Bayern.

Hätten CSU-Ministerpräsident Markus Söder und seine Regierung bereits Stromleitungen von Nord- und Ostdeutschland in den Südwesten gebaut, wären laut Scholz die Strompreise jetzt schon günstiger: "Herzliche Grüße an die bayerische Landesregierung." Diese habe sich aber mit aller Kraft gegen einen schnellen Ausbau gestemmt. Deshalb müssten teure Gaskraftwerke in Süddeutschland angeworfen werden.

"Die Zukunft ist hell, sie ist demokratisch und frei"

Bei der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gibt der Kanzler ein Versprechen ab: "Es wird keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters geben - nicht mit uns." Außerdem werde seine Regierung ein stabiles Rentenniveau auch über 2025 hinaus garantieren. "Die Zukunft ist hell, sie ist demokratisch und frei", verkündet Scholz. "Sie besteht aus einem Land, in dem wir unterschiedlich sind, aber gerne zusammenleben."

Rechte Populisten seien hingegen schlecht für den Wohlstand - sagt Scholz, ohne konkrete Parteien oder Politiker zu nennen. Gesellschaftspolitische Themen wie Fleischkonsum oder Gendern würden von jenen in die Debatte geholt, "die was im Schilde führen, die plötzlich sagen, das würde einem vorgeschrieben, dabei wird es das gar nicht". Gegen eine solche Vorschrift würde er sich auch wehren, so Scholz.

Bayern-SPD aktuell bei um die zehn Prozent

Zum Ende seiner Rede nimmt der Kanzler dann noch einmal die bayerische Landtagswahl in den Fokus: "Bayern hat die beste Chance, sich gut zu entwickeln", so der Kanzler, "und Florian von Brunn und die SPD in Bayern sind die Richtigen dafür".

In Umfragen erreicht die Bayern-SPD momentan allerdings nur Werte von um die zehn Prozent. Bei der Sonntagsfrage im aktuellen BayernTrend aus dem Mai sprachen sich elf Prozent für die Kanzlerpartei aus. Damit liegt die SPD in der Zustimmung nur knapp über ihrem historisch schlechten Wahlergebnis der vergangenen Landtagswahl (9,7 Prozent).

Von Brunn über AfD: "Das sind Rassisten und Menschenfeinde"

Mit von Brunn an der Spitze soll das Ergebnis am 8. Oktober deutlich besser ausfallen. Bei der Kundgebung auf dem Marienplatz spricht der Parteichef vor dem Bundeskanzler, mit Sakko und hinter dem Rednerpult. Mit der Staatsregierung geht von Brunn dabei nicht zimperlich um und sagt mit Blick auf Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: "Wer sagt, dass sich die schweigende Mehrheit dieses Landes die Demokratie zurückholen muss, der benutzt die Sprache der AfD, die Argumente der AfD, der betreibt das Geschäft der AfD."

Eben jene AfD sei in Bayern "besonders rechtsextrem", so der SPD-Chef, der auf der Bühne seine Haltung gegenüber der Partei und ihren Vertretern abermals klar formuliert: "Das sind Rassisten und Menschenfeinde. Das ist keine Alternative, das ist eine Schande für Deutschland und Bayern und eine Gefahr für Demokratie und Wohlstand."

SPD-Chef: "Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen"

Den Ministerpräsidenten kritisiert von Brunn dafür, dass seine Politik vor allem aus Ankündigungen bestehe. Markus Söder (CSU) spreche von Kernfusion als Energiequelle, wobei jeder ernstzunehmende Experte sage, dass das noch Jahrzehnte dauern werde. "Er hat angekündigt, 10.000 Wohnungen zu bauen", so von Brunn, "aber er hat bisher nahezu nichts auf die Kette gekriegt." Das SPD-regierte München baue jährlich 1.500 Wohnungen mit seinen städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Von Brunns Motto: "Machen, statt immer nur zu södern."

Seine Partei stehe an der Seite derer, die alleine die hohen Kosten auf dem freien Wohnungsmarkt nicht mehr stemmen könnten, sagt von Brunn und nennt als Ziel: "Ein bezahlbares Bayern für alle." Dafür brauche es einen Politikwechsel hin zu mehr sozialer Politik. Und dass von Brunn diesen Prozess am liebsten von der Regierungsbank anschieben würde, das macht der SPD-Chef dann am Ende seiner Rede deutlich: "Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen."

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