Nach der Massenschlägerei unter Fußballfans am Sonntagabend in München wird in einschlägigen Internetforen und auf Social-Media-Plattformen über den Grund für die gewalttätige Auseinandersetzung spekuliert. Eine These: Es war keine verabredete Prügelei zwischen Ultras des FC Bayern und des TSV 1860, sondern ein gezielter Überfall der Roten auf die Blauen. Möglicherweise mit einem ganz konkreten Ziel: nämlich eine Zaunfahne der 60er zu erbeuten.
Zaunfahne als identitätsstiftendes Symbol
Um das Geschehen besser zu verstehen, muss man in die Gedankenwelt von leidenschaftlichen und teilweise gewaltbereiten Fußballanhängern eintauchen. Zaunfahnen werden während einer Fußballpartie von Fans im Stadion aufgehängt. Bei den Ultras stellt die Zaunfahne gewissermaßen das Herz der Gruppe dar. Gerät das identitätsstiftende Symbol in die Hände rivalisierender Fans, lösen sich die beraubten oder bestohlenen Ultragruppen wegen des Prestigeverlusts nach der Tat häufig auf.
Lauerten die Bayern-Ultras den 60er-Ultras auf?
Folgendes Szenario könnte deswegen die Ursache der Massenschlägerei am Sonntagabend sein: Bayern-Ultras wussten, dass die Löwen-Fans nach dem Auswärtsspiel am Nachmittag gegen Rot-Weiß-Essen am Abend nach München zurückkehren werden. Sie wussten vermutlich auch dass die Fans von 1860 von der U-Bahn-Station Implerstraße in München Sendling zu ihrem nahegelegenen Szene-Treff, dem sogenannten Sendlinger Bunker gehen würden. Mit im Gepäck die Zaunfahne oder andere Club-Materialien. Denkbar ist also, dass die Bayern-Ultras gezielt 60er-Ultras abpassten, um Trophäen zu erbeuten. Auf mehreren Videos aus der Nacht, die im Netz kursieren, ist zu sehen, wie sich ein am Boden liegender Mann heftig dagegen wehrt, dass ihm ein Gegenstand, vermutlich ein Rucksack, entrissen wird.
Ermittler stoßen auf Mauer des Schweigens
Der Münchner Polizei mit ihren szenekundigen Einsatzkräften ist dieser Erklärungsansatz natürlich bekannt. Trotzdem wird nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass es sich um ein geplantes Treffen von feindlich gesinnten Ultras gehandelt hat. Bislang stoßen die Ermittler aber auf eine Mauer des Schweigens. So gibt es - trotz der heftigen Prügelei, bei der auch Stöcke verwendet wurden - noch keine bekannten verletzten Personen. Anzeigen von Opfern liegen nicht vor. Die Polizei muss trotzdem ermitteln, von Amts wegen. Die Vorwürfe lauten: Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung und Raub.
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