Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich in die Diskussion um die weiteren Corona-Maßnahmen eingeschaltet. Scholz, der zugleich Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl ist, forderte strengere Auflagen und ein einheitliches Vorgehen der Bundesländer.
Die dritte Infektionswelle müsse möglichst bald und möglichst wirksam gebrochen werden, sagte Scholz in Berlin. Die Politik müsse zu einer klaren und verständlichen Sprache zurückfinden und einmal beschlossene Maßnahmen auch einheitlich umsetzen. Damit spielte der SPD-Kanzlerkandidat auf die unterschiedliche Handhabung der Beschlüsse der letzten Bund-Länder-Konferenz an.
Scholz attackiert Laschet
Ohne seinen möglichen Gegenkandidaten im Rennen um das Kanzleramt, CDU-Chef Armin Laschet, namentlich zu erwähnen, kritisierte Olaf Scholz besonders das Land Nordrhein-Westfalen. Hier seien die beschlossenen Ausgangsbeschränkungen bei hoher Inzidenzzahl nicht ausreichend umgesetzt worden. "Ich fände es gut, wenn diese Verabredung, die wir miteinander haben, (...) überall gilt und von allen beachtet würde", sagte Scholz.
NRW-Ministerpräsident Laschet hatte zuletzt eine vorgezogene weitere Verhandlungsrunde der Länderchefs gefordert, um einen mehrwöchigen, wie er sagte, "Brücken-Lockdown" zu beschließen. Dieser solle gelten, bis ein größerer Prozentsatz der Deutschen gegen das Coronavirus geimpft sei. Im ZDF-"Morgenmagazin" nannte Laschet einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen mit härteren Corona-Schutzmaßnahmen, bis die bundesweite Inzidenz die Zielmarke von 100 unterschreitet.
Viel Gegenwind für "Brücken-Lockdown"
Laschets Vorschlag rief unterschiedliche Reaktionen hervor. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte in der ARD, noch sei sehr viel unklar, was Laschet mit einem "Brücken-Lockdown" meine. Daher mache es keinen Sinn, jetzt vorzeitig zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenzukommen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte "erhebliche Zweifel" an Laschets Vorschlag und sagte in Hannover: "Vor Ostern hat Aktionismus bei vielen Menschen für einen Vertrauensverlust gesorgt, nach Ostern dürfen wir diesen Fehler nicht wiederholen." Er verlangte Auskunft darüber, ob Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen und ob er die Wirtschaft ganz herunterfahren wolle. Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sieht derzeit keine Notwendigkeit für ein Vorziehen der für kommenden Montag geplanten Beratungen der Regierungschefs von Bund und Ländern zur Corona-Lage.
Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und CSU-Generalsekretär Markus Blume zeigten sich ebenfalls skeptisch. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) teilte in München mit, es müsse mehr Klarheit herrschen, "was genau Nordrhein-Westfalen plant". Damit neue Schritte von den Bürgern akzeptiert würden, brauche es konkrete Konzepte, die mit wissenschaftlichen Daten untermauert seien.
FDP-Chef Christian Lindner erklärte, Laschets Vorstoß sei "aktionistisch". Er warnte, die Diskussion über die Kanzlerkandidatur in CDU und CSU dürfe die Pandemiebekämpfung nicht beeinträchtigen.
Unterstützung für Laschet aus der CDU
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier unterstützte wiederum seinen Parteivorsitzenden Laschet und pochte auf eine Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) noch in dieser Woche. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte, Laschet habe "ohne Zweifel Recht". Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) stellte sich laut den Zeitungen der Funke Mediengruppe hinter die Forderung Laschets.
Der Deutsche Städtetag geht ebenfalls davon aus, dass in Deutschland ein harter Lockdown nötig ist. Im rbb-Inforadio sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy: "Unsere Gesundheitsämter sagen, die Kontaktdauer, die es braucht, um sich anzustecken, ist viel geringer bei der Virusmutation. Und wir haben eine große Blackbox im Bereich Schule und Kita." Er habe deshalb Zweifel, ob Normalität ohne einen scharfen Lockdown möglich sei.
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