"Das Ziel im Leben muss es sein, glücklich zu sein und nicht, sich kaputtzumachen", so bringt Luca Barakat seine Einstellung zur Arbeit auf den Punkt. Sich aufarbeiten und dann aus Überlastung frühzeitig in Rente gehen, meint Barakat, wäre kein nachhaltiges Modell. "Deswegen wäre eine Reduktion der Arbeitszeit sinnvoll, auch für die Volkswirtschaft", so der 18-Jährige in der Sendung "jetzt red i" im BR Fernsehen.
Die Gen-Z fordert oft: weniger Arbeit, gleiches Geld
Damit fasst Barakat zusammen, was seiner Generation Z, also den Geburtenjahrgängen von 1995 bis 2008, oft besonders wichtig ist: eine Work-Life-Balance, weniger und dafür produktiver arbeiten. Damit sind die jungen Arbeitnehmer nicht allein. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung wünschen sich 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten eine Vier-Tage-Woche, vorausgesetzt, dass an verbliebenen Tagen keine Mehrarbeit anfällt. Ob dies in Anbetracht eines geringen Wirtschaftswachstums volkswirtschaftlich zu stemmen ist, wird gerade wieder heiß diskutiert. Fakt ist: in Deutschland wurde 2023 so viel gearbeitet wie noch nie.
Aiwanger: Kürzere Arbeitszeit ist ein Standortnachteil für Deutschland
Eine Vier-Tage-Woche bei gleichbleibendem Lohn sieht der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger als Standortnachteil für die deutsche Wirtschaft. "Insgesamt wird Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verlieren und viele Firmen werden ins Ausland gehen, wo man bereit ist, noch mehr Stunden mit weniger Geld zu arbeiten". Für einige Branchen möge eine Arbeitszeitreduzierung funktionieren, hob der Wirtschaftsminister hervor, sollte sich das Modell aber durchsetzen, so prognostizierte Aiwanger: "Wir werden viele Branchen verlieren und damit Wohlstand verlieren."
IG Metall Chefin: Wandel der Arbeitswelt vorantreiben
Die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner warnte davor, den Wirtschaftsstandort Deutschland ausschließlich durch geleistete Arbeitszeit zu bewerten. Sie nannte etwa die Planungssicherheit für Unternehmen und Konzepte für eine Klimaneutralität als Standortvorteil. "Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen", sagt Benner und fordert von der Politik mehr Strategien für den Einsatz künstlicher Intelligenz, um Prozesse effektiver zu gestalten. So könnten Unternehmen attraktiver für junge Menschen werden, so die IG-Chefin.
Sieben Millionen Boomer gehen in Rente
Ein attraktiver Arbeitgeber sein, das könnte in Zukunft immer wichtiger werden für deutsche Unternehmen. Denn: Durch den demografischen Wandel könnten Firmen immer mehr Probleme bei der Besetzung ihrer Stellen bekommen. Bis 2025 werden die geburtenstarken Jahrgänge, die Boomer, in Rente gehen – so fallen rund sieben Millionen Arbeitskräfte weg. Das verschärft den Fachkräftemangel. Die Unternehmen in Deutschland müssen attraktiv für jüngere Menschen wie Luca Barakat werden müssen. Die wollen häufig weniger arbeiten. Immer mehr Unternehmen, auch im Handwerk, bieten deswegen die Vier-Tage-Woche bereits an.
Aiwanger: Arbeitszeitflexibilisierung nach EU-Modell
Aiwanger pocht stattdessen auf die Einführung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Die sieht vor, dass man in einer Woche bis zu 48 Stunden arbeiten kann, und die Überstunden dann flexibel abbaut. Dass dies in der Praxis schwierig sein kann, berichtet Yvonne Glöckl aus der Betriebsgruppe des Klinikums Ingolstadt: "Pflegefachkräfte machen Überstunden im Bereich von 20-30 Prozent unserer Arbeitszeit. Wir machen nur noch 'Work' ohne 'Balance'." Viele Kollegen berichteten, dass sie nach der Arbeit gar nicht mehr abschalten könnten, aus Angst, wieder angerufen zu werden, um für Ausfälle einzuspringen.
Höchster Stand an Beschäftigung seit dem Zweiten Weltkrieg
Auch die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner warnt vor dieser Flexibilisierung. Schon jetzt würden in vielen Berufsgruppen wie bei Pflegefachkräften viel zu viele Überstunden gesammelt. Zu Hubert Aiwangers Vorschlag sagt sie: "Was sie vorschlagen – macht keinen Sinn", viele Berufsgruppen seien an der Belastungsgrenze angekommen. "Wir haben den Höchststand an Beschäftigung seit dem Zweiten Weltkrieg – und Sie wollen mehr Flexibilisierung", warf sie Aiwanger vor. Statt mehr Flexibilisierung brauche man: "Bessere Ausbildung, Bezahlung und Anerkennung der Berufe".
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