Hausbesetzer? Da denkt man vermutlich eher an die alternative Szene. Geht aber auch ganz anders! Ausgerechnet Traditionsvereine wie Schützen, Trachtler, und Faschingsgilde besetzten Mitte der 1980er Jahre die Baracken des ehemaligen Städtischen Krankenhauses Oberföhring. Denn schon damals fehlte es in München – für Vereine, Künstler und Musiker – an Räumen für Kunst und Kultur. Doch weil das Ganze als "Bürgerpark Oberföhring" nur noch bis 2025 von der Stadt München genehmigt ist, gibt es schon jetzt Unsicherheiten bei den aktiven Nutzerinnen und Nutzern. Denn eine Entscheidung des Stadtrats steht noch aus und eine Verlängerung der Flächennutzung ist noch unklar.
Begehrtes Abrissgelände
Über 50.000 Quadratmeter umfasst die parkähnliche Anlage im Herzen des Münchner Stadtteils Oberföhring. Darauf über zehn Baracken, teilweise noch aus den 1930er Jahren. Denn ursprünglich wurde das Gelände als Luftwaffenlazarett im Zweiten Weltkrieg erbaut, in der Nachkriegszeit dann zum Städtischen Krankenhaus Oberföhring umgewidmet und erweitert. Mit dem Bau des neuen Klinikums Bogenhausen schloss das Oberföhringer Krankenhaus 1984 dann endgültig seine Tore und die Gebäude zerfielen zusehends.
Akkordeonclub-Vorsitzender: "Ja, wir waren bei den Hausbesetzern!"
Ein paar engagierte Vereinsmitglieder sahen darin eine Chance, erzählt Peter Fischer vom ACC Akkordeonclub München Nord-Ost e.V.: "Ja, wir waren bei den Hausbesetzern! Wir sind da rein und nicht mehr raus! Das war ein bisschen Revoluzzertum."
Kurzerhand wurden OPs, Schwesternzimmer und Notaufnahme zu Vereins- und Proberäumen! Dabei steckte die Stadt schon mitten in Verhandlungen mit einer Unternehmensgruppe, die bis zu 40 Millionen Mark für das Abrissgelände zahlen wollte. Die Stadtverwaltung München, damals noch unter Führung der CSU, hätte wohl zugestimmt. Doch dann kam der politische Umschwung. Die SPD gewann die Oberbürgermeisterwahl 1984 und überließ die Baracken den Hausbesetzerinnen und Besetzern, allerdings als Provisorium und damals noch mit der Auflage, selbst für die Instandhaltung zu sorgen.
Der freischaffende Künstler Andre Syrbe hat seit Mitte der 1980er sein Atelier im Bürgerpark und erinnert sich gerne: "Es ist ein Stück Heimat geworden, nicht bloß ein Platz zum Malen." Die Räume seien in sehr schlechtem Zustand gewesen. Jeder habe sie umgestaltet, wie er wollte, zum Beispiel gegipst und Böden reingelegt. "Ich bin fast jede Woche rauf, wenn's Gewitterregen gab, und hab das tropfende Dach ausgebessert", erzählt Syrbe.
Ein einzigartiges Miteinander
Der Trachtenverein neben der Punkrockband, die Faschingsgarde neben Bildhauerinnen und Künstlern: Obwohl die Einzelnen unterschiedlicher nicht sein könnten, herrscht seit Jahren auf der über fünf Hektar großen Fläche ein friedliches und einzigartiges Mit- und Nebeneinander.
"Anfangs gab's zum Teil heftige Reibereien, krasse Streitereien, wer beispielsweise die Dachrinne reparieren muss. Aber, das ist das Besondere hier, es kommen immer neue Menschen dazu, da gibt's Reibungen, Anregungen, neue Ideen - ich find's sehr befruchtend." Malerin und Kunsttherapeutin Hermine Bühler
Allein über 200 Musiker teilen sich zwei Baracken mit Bandräumen und Aufnahmestudio. Roland Kupec, ehemaliger Musiker der Band "The Comics", erinnert sich: "Als wir hierhergekommen sind, da haben die Traditionsvereine raushängen lassen, wir sind hier der Chef." Aber im Laufe der Zeit hätten sie gemerkt, dass auch sie "normale Menschen" seien. Das sei für alle ein Lernprozess. "Wir kommen mit denen aus, die kommen alle mit uns aus." Roland Kupec findet das Miteinander wertvoll.
Ungewisse Zukunft
Doch weil das Ganze als "Bürgerpark Oberföhring" nur noch bis 2025 genehmigt ist, gibt es schon jetzt Unsicherheiten bei den aktiven Nutzerinnen und Nutzern. Denn die Stadt München hat sich noch nicht für eine Verlängerung der Flächennutzung ausgesprochen.
Auf eine Interviewanfrage des BR reagiert die Stadt mit dem Hinweis, dass aktuell die Planungen noch nicht soweit fortgeschritten seien, dass öffentlichkeitsrelevante Aussagen getroffen werden könnten. Der Kulturreferent der Stadt, Anton Biebl, äußert sich dem BR gegenüber schriftlich: "Zur Zukunft des Bürgerparks Oberföhring wird noch eine Entscheidung durch den Stadtrat vorbereitet." Als Kulturreferent würde er es sehr begrüßen, wenn die künstlerisch-kulturellen Nutzungen weiterbestehen könnten.
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Komponist Void: "Die Seele des Münchner Underground ist hier"
Für die Vereine, Künstler und Musiker im Bürgerpark ist das zumindest ein Hoffnungsschimmer. Für Komponist Chris Void steht fest: "Die Seele des Münchner Underground ist hier und nirgendwo anders. Der Musiker Robby Gentilini ergänzt, dass es sich hier um eine Gemeinschaft handle, die "wie ein Organ" sei.
Und egal, ob Musiker, Trachtler, Künstlerinnen oder Faschingsgilde - genau dies eint die unterschiedlichen Menschen: Sie alle hoffen, dass dieses gemeinsame Herz im Bürgerpark Oberföhring noch lange schlägt.
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