Demonstration des Ausländerbeirats Nürnberg
Bildrechte: Integrationsrat Nürnberg

Auf Missstände aufmerksam machen: Der Ausländerbeirat in Nürnberg mobilisierte auf der Straße.

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Turbulente Geschichte: 50 Jahre Integrationsrat Nürnberg

Mit Demonstrationen hat alles angefangen. 1973 wurde der Integrationsrat Nürnberg ins Leben gerufen. Bis heute will der Rat Menschen mit Migrationshintergrund eine Stimme geben. Es gibt aber auch negative Schlagzeilen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Ein Blick zurück: 1973 brodelte die Stimmung unter den Gastarbeitern, berichtet Ilhan Postaloğlu, langjähriges Mitglied des Nürnberger Integrationsrates. Mit Beginn der Öl- und Wirtschaftskrise 1973 verhängte die Bundesrepublik Deutschland einen Anwerbestopp. Für die Gastarbeiter in Deutschland bedeutete das eine unsichere Zukunft. An ihren befristeten Arbeitsverträgen hing auch die Aufenthaltserlaubnis. Es kam zu Protesten.

Die Anfangsjahre: Auf Missstände aufmerksam machen

In Nürnberg gründete sich daraufhin der Ausländerbeirat. Es war das erste Gremium dieser Art in Bayern – und das zweite in Deutschland. Der Beirat machte sich für die Interessen der Gastarbeiter stark. Vor allem in der Anfangszeit bedeutete das, auf die Straße zu gehen und auf Missstände aufmerksam zu machen, sagt Ilhan Postaloğlu, während er alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen durchblättert.

Eine Forderung, die bleibt – bis heute

Der Ausländerbeirat mobilisierte in Nürnberg auch gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit und demonstrierte für das Recht, den Oberbürgermeister sowie den Stadtrat zu wählen. "Das liegt mir nach wie vor am Herzen", betont Postaloğlu. Ohne deutsche oder europäische Staatsangehörigkeit, können Menschen bis heute nicht an Kommunalwahlen in Deutschland teilnehmen, auch wenn sie schon seit Jahrzehnten hier leben.

Der Integrationsrat entsteht: mehr Mitsprache möglich

Mehr Mitbestimmung erhielten Menschen mit Migrationshintergrund in Nürnberg im Jahr 2010. Der damalige Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) machte das Thema Integration zur Chefsache. Der Ausländerbeirat schloss sich mit dem 1984 gegründeten Aussiedlerbeirat zum Integrationsrat zusammen. Sowohl Ulrich Maly als auch sein Nachfolger Marcus König (CSU) arbeiten eng mit dem Rat zusammen.

Von der Straße ins Rathaus

Der Integrationsrat tagt im großen Sitzungssaal im Rathaus. Beschlüsse, die der Rat fasst, muss der Stadtrat aufgreifen. Bindend sind sie aber nicht. "Wichtig ist es, dass wir die Gefühle und Erwartungen der Menschen weitergeben. Dass wir die Suppe nicht nur Essen, sondern auch die Zutaten für die Suppe mitliefern", bekräftigt Postaloğlu. In den Sitzungen geht es zum Beispiel um Deutschkurse für Vor- und Grundschüler oder die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.

Rassismus-Vorwürfe schlagen hohe Wellen

30 ehrenamtliche Mitglieder umfasst der Integrationsrat. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr überschatten Rassismus-Vorwürfe die Arbeit des Integrationsrates. Zwei neue Mitglieder sollen auf Facebook Sinti und Roma verunglimpft haben. "Das hat uns sehr geschadet", sagt Horst Göbbel, der ebenfalls seit Jahrzehnten dem Rat angehört. Diskussionen um mögliche Konsequenzen laufen derzeit.

Geringe Wahlbeteiligung trotz politischem Gewicht

In der Zukunft wollen die Mitglieder des Integrationsrates an der Bekanntheit des Rates arbeiten. Die Wahlbeteiligung ist gering – zuletzt bei rund vier Prozent. Dennoch blicken Ilhan Postaloğlu und Horst Göbbel positiv auf die vergangenen Jahre zurück. "Wir haben es hier in der Stadt geschafft, ein wichtiger politischer Faktor zu werden", betont Göbbel. Sie wollen sich weiter für Menschen mit Migrationshintergrund einsetzen. In Nürnberg hat mittlerweile jeder zweite eine Migrationsgeschichte.

Abstimmung im Migrationsrat.
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