Siggi Steidl (Bündnis "Demokratie bewahren"), Lehrerin Claudia Belzer und LehrerSimon Hamper (v.l.n.r.)
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Demokratie-Unterricht nach Herzogenauracher Konzept

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Verfassungsviertelstunde: Herzogenauracher gehen eigenen Weg

Verfassungsviertelstunde: Herzogenauracher gehen eigenen Weg

Neuerdings steht in Bayern die Verfassungsviertelstunde auf dem Stundenplan. Sie soll die Demokratiebildung fördern. Das Konzept bietet viel Gestaltungsfreiraum - doch manche Lehrkräfte sind davon überfordert. In Herzogenaurach gibt es Unterstützung.

Über dieses Thema berichtet: Stadt Land Leute am .

Seit diesem Schuljahr steht die sogenannte Verfassungsviertelstunde auf den bayerischen Lehrplänen. So sollen Schülerinnen und Schüler die bayerische Verfassung kennenlernen. Dafür gibt es Bedarf. Es sind auf den ersten Blick oft nur Kleinigkeiten oder Nebensätze, die entweder Unwissenheit oder eben doch eine verfassungsfeindliche oder gar extremistische Haltung vermuten lassen. Claudia Belzer unterrichtet Politik und Gesellschaft sowie Ethik an einer beruflichen Schule in Nürnberg und muss fast täglich mit solchen Vorfällen umgehen.

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Extremismus im Klassenzimmer

WhatsApp-Chats mit extremistischen Inhalten, rassistische oder faschistische Äußerungen im Unterricht, hochemotionale Diskussionen über Religion, den Ukraine-Krieg oder den Nahostkonflikt – die Bandbreite ist groß. "Die Anforderungen an uns Lehrkräfte sind größer geworden, weil solche Haltungen natürlich auch mit sehr viel Emotionen aufgeladen sind. Das macht es schon anstrengend – denn man darf es eigentlich nicht überhören", sagt Claudia Belzer.

"Weghören ist keine Option"

Auch bei Simon Hamper, Lehrer an einer Grund- und Mittelschule in Herzogenaurach gehören solche Vorfälle zum Schulalltag. Als Lehrer habe er die Entscheidung: "Entweder ich höre hin oder ich höre weg. Aber weghören ist keine Option, denn damit verletze ich meinen Lehrauftrag." Diese sogenannte Verfassungsviertelstunde sei zumindest ein Anfang.

Gestaltungsfreiraum oder Überforderung ?

Sie soll, laut Anweisung des bayerischen Kultusministeriums, einmal pro Woche unterrichtet werden – abwechselnd in jedem Fach. Das lässt einerseits viel Gestaltungsfreiraum, überfordere aber auch manche der Kolleginnen und Kollegen.

Doch sowohl Claudia Belzer als auch Simon Hamper sind von der Notwendigkeit überzeugt, dass junge Menschen mehr über Demokratie und die Verfassung lernen sollten. Sie engagieren sich schon länger in ihrer Freizeit im Herzogenauracher Bündnis "Demokratie bewahren" und das könnte mithelfen, die Verfassungsviertelstunde an Schulen zu gestalten. So ist die Idee entstanden, dass das Bündnis ein Referenten-Netzwerk anbietet.

Demokratie-Bündnis unterstützt Lehrkräfte

Das Bündnis "Demokratie bewahren" ist ein loser Zusammenschluss von Menschen, die sich für den Erhalt aber auch für die Verbesserung der Demokratie einsetzen, sich alle paar Wochen treffen und auch Veranstaltungen zum Thema organisieren. Der Kontakt zu jungen Menschen ist für den Erfolg der Bündnisarbeit wichtig. Deshalb sieht Siggi Steidl, ein Sprecher des Bündnisses, in der Kooperation großes Potential: "Wir haben Leute aus dem breiten Spektrum, die da eigene Erfahrungen einbringen und die Lehrer bei der Gestaltung unterstützen könnten."

Das Bündnis wolle "Gesichter und Geschichten" bieten. Zum Beispiel würden sich Menschen beteiligen, die in Rumänien aufgewachsen sind. Die würden erzählen, wie es ist, in einer Diktatur aufzuwachsen. "Den Vergleich hat man ja sonst nicht", sagt Steidl.

Pädagogen stehen hinter Demokratie-Konzept

Trotz zu erwartender Mehrarbeit und trotz der Einführung der Verfassungsviertelstunde ohne Testphase und Lehrplan stehen die beiden Pädagogen, Claudia Belzer und Simon Hamper, voll hinter dem Konzept. Denn nur so sei garantiert, dass die Themen Demokratie und Verfassung auch wirklich einen festen Platz im Klassenzimmer erhalten.

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