Daniel Wolff ist nahezu jeden Tag an einer anderen Schule in Oberbayern unterwegs. Der Digitaltrainer und Medienpädagoge aus Wörthsee im Landkreis Starnberg berät Kinder und Jugendliche, Lehrer und auch Eltern, wo im Internet die Gefahren lauern.
"Vermittler zwischen den Welten"
Beim Umgang mit dem Smartphone sieht sich Wolff als "Vermittler zwischen den Welten". Und dieses Vermitteln ist wichtiger denn je: Im Jahr 2019 wurden in Bayern 621 Kinder und Jugendliche verdächtigt, Kinder- und Jugendpornografie erworben, besessen oder verbreitet zu haben. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese Zahl fast verdoppelt. Das zeigen Auswertungen des bayerischen Landeskriminalamtes.
Oft wissen die Betroffenen gar nicht, dass darauf hohe Strafen stehen. Ein Jugendlicher aus dem Raum Rosenheim wurde deshalb zu 40 Sozialstunden verurteilt und hat einen Eintrag im Erziehungsregister.
Im Interview mit Bayern 1 ("Mittags in Oberbayern") erklärte Wolff, was Eltern bedenken sollten, wenn sie ihrem Nachwuchs ein Smartphone geben oder dieser schon eines hat und ordnete den Fall des Jugendlichen aus Rosenheim ein:
Sie gehen ja sehr offen auf die Kinder zu, eher fragend, was sie so beschäftigt. Was kommt da am häufigsten?
Digitaltrainer Daniel Wolff: Es kommt allerlei hoch. Die Kinder sind allerdings normalerweise nicht willens und bereit, darüber zu reden. Denn für die Kinder ist es ja immer eine schwierige Sache, wenn sie so etwas geschickt bekommen: Wem sag ich es? Wie werde ich da möglicherweise bestraft? Bin ich dann der Böse, der sozusagen gepetzt hat, als Einziger, während alle anderen sozusagen stillhalten?
Das Ganze hat wahnsinnig viel auch mit Vertrauen zu tun zwischen Kindern und Eltern, das ja oft gar nicht da ist. Die meisten Eltern würden, wenn sie wüssten, was in den Klassen-Chats ihrer Kinder ist, so halb in Ohnmacht fallen. Also ich glaube, so extrem ist dieser Fall (des Jugendlichen aus dem Raum Rosenheim, Anm. d. Red.) gar nicht.
Wie reagieren Eltern?
Wolff: Viele Eltern machen den Transferfehler, dass sie denken, Kinder nutzen Smartphones so ähnlich wie Erwachsene. Das tun sie aber nicht. Kinder nutzen Smartphones aus Neugier und zum Spaß und vor allem zum irgendwie Verhindern von Langeweile. Kinder probieren aus, sie gucken in Ecken, die Eltern nicht erlauben würden, weil sie ja in der Regel oft alleine sind, weil sie teilweise auch nachts ihr Smartphone im Bett haben, weil sie wissen, dass die Eltern sowieso nie reingucken in den WhatsApp-Chat, probieren sie halt aus.
Und gleichzeitig: Eltern müssten eigentlich ihren Kindern immer sagen, wenn sie ihnen ein Smartphone geben: Hör zu, du kannst mit allem, was es im Internet gibt, zu mir kommen. Ich werde dir das Smartphone nicht wegnehmen. Das ist die einzige Chance, dass die Kinder überhaupt genügend Vertrauen zu den Eltern haben, dass sie kommen. Leider: Neun von zehn Kindern vertrauen ihren Eltern nicht.
Vertrauen aufbauen – aber wie?
Wolff: Bei kleineren Kindern, die ja auch schon viele Smartphones haben, würde ich ganz einfach sagen: Internet im Wohnzimmer, das ist das Beste. Die Eltern müssen ja nicht immer daneben sitzen, aber sie hören immer mit und kriegen so viel mehr mit, was überhaupt los ist.
Und bei den Größeren natürlich, wenn die Pubertät kommt, dann sollte ich am besten schon so eine Art Vertrauensbasis geschaffen haben. Es ist ganz, ganz wichtig: Interessieren Sie sich für das Internet-Leben Ihres Kindes, investieren Sie dafür Zeit und Nerven. Es wird belohnt werden, weil später erkennt Ihr Kind Sie a) als kompetent und b) auch als sozusagen positiv zugewandt an und vertraut Ihnen vielleicht.
Ich glaube persönlich, wir sollten uns sehr, sehr gut überlegen, welch lebensverändernder Schritt die Übergabe eines Smartphones eigentlich ist. Eltern sollten sich sehr, sehr gut informieren, bevor sie das machen. Und Eltern sollten auch immer einen guten Draht bewahren zu ihren Kindern.
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