Mykola Vytivskyi ist 30 Jahre alt und steht kurz vor dem Abschluss seines Journalistikstudiums in Eichstätt. Für ein Praktikum bei Radio Free Europe kehrte er in seine Heimat, die Ukraine, zurück. Das war im Januar: "Am Anfang war alles ruhig. Ich habe viel recherchiert. Und dann weckten mich nachts Explosionen", erzählt er. Gemeinsam mit seiner Freundin verließ er die Hauptstadt Kiew und machte sich auf den Weg Richtung Westen. Zu seiner Familie nach Lwiw. "Die Fahrt dauert normalerweise etwa sechs Stunden. Wir waren 18 Stunden unterwegs, so voll war alles", sagt Mykola Vytivskyi. Aus dem Land darf er nicht ausreisen – und will es auch nicht.
Die Wahrheit als Waffe
Von seiner Heimatstadt Lwiw aus arbeitet er weiter als Journalist. "Wir bekommen sehr viel Material von Korrespondenten im ganzen Land und das muss schnell veröffentlicht werden", berichtet er. Deshalb will er seine Heimat auch nicht verlassen. "Meine Waffe ist die Wahrheit", meint er. Und die Wahrheit will er vermitteln, nicht nur den Menschen in der Ukraine, sondern auch der russischen Bevölkerung. Dafür nutzen sie verschiedene Kanäle der sozialen Medien. "Natürlich habe ich Angst, aber solange ich spüre, dass ich hier nützlich bin, denke ich, dass es wichtig ist, hier zu sein", sagt er. Und es gibt viel zu tun. Oft arbeitet er von morgens sieben Uhr bis in die frühen Morgenstunden.
Sieben junge Männer aus dem Collegium in der Ukraine
Mykola Vytivskyi ist nicht der einzige Eichstätter Student, den der Krieg in der Heimat überrascht hat. Im Collegium Orientale fehlen insgesamt sieben junge Männer. Da Semesterferien sind, nutzen einige die Zeit, um ihre Familien in der Ukraine zu besuchen. Rektor Oleksander Petrynko hält Kontakt zu ihnen. Alle hätten Kiew mittlerweile verlassen. Sie seien nun im Westen des Landes.
Studenten unterstützen die Bevölkerung
Die meisten von ihnen befinden sich nun in der Nähe von Lwiw. "Sie arbeiten dort bei verschiedenen Hilfsorganisationen mit, die die Zivilbevölkerung unterstützen. Zum Beispiel helfen sie in einem Waisenhaus. Da fühlen sie sich nützlich", erzählt Petrynko. Einige von ihnen möchten auch gar nicht ausreisen. Aus Eichstätt erhalten sie alle Unterstützung – unabhängig von den Nationalitäten.
Studenten aus Eichstätt organisieren Hilfe
Die verbliebenen Studenten im Collegium Orientale sind besorgt um ihre Kommilitonen. Aber sie versuchen, aus der Ferne zu helfen. Unter ihnen sind auch einige russische Studenten. "Es helfen alle mit – unabhängig von der Nationalität. Ich freue mich über dieses Engagement wirklich sehr", erklärt Rektor Petrynko. In Eichstätt findet nun regelmäßig mittwochs eine Mahnwache statt, die die Studenten mit organisieren und gestalten. Sie fahren zu Mahnwachen in der Region und es gibt Spendenaktionen. Diese Spendenaufrufe werden von der Uni Eichstätt, den Maltesern und dem Bistum, sowie von verschiedenen Vereinen unterstützt.
Solidarität aus dem Westen wichtig
Manche politische Entscheidungen dauern Mykola Vytivskyi zu lange: "Es kommt alles ein paar Tage zu spät." Vielleicht hätten Sanktionen, die früher verhängt worden wären, den Krieg verhindert, überlegt er. Aber die Unterstützung der Menschen aus allen Teilen der Welt komme in der Ukraine an. "Wir sehen die Videos, wie sich die Menschen auf großen Plätzen versammeln. Das zeigt uns, wir sind nicht alleine." Er habe große Hoffnung, dass die Ukraine gewinnen werde. Der Preis dafür sei aber hoch, meint er. Er befürchtet, dass im Krieg noch viele Menschen sterben werden.
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