Die Kombination aus idyllischen Seen und mächtigen Berggipfeln macht die Landschaft in Bayern einzigartig. Kein Wunder, dass es immer mehr Touristen aus aller Welt nach Bayern zieht - und die machen natürlich auch Fotos.
Ob das romantische Kirchlein in Ramsau oder der kristallklare Eibsee im Wettersteingebirge bei Garmisch: Das sind seit jeher beliebte Motive für Ansichtskarten oder Werbekalender.
Doch seit ein paar Jahren hat sich etwas verändert. Die bekannten Fotomotive sind zu "Hotspots" geworden. Einige Orte in Oberbayern werden vom "Instagram-Tourismus" regelrecht überrannt, gerade jetzt in den Sommermonaten.
Sie kommen, machen Fotos - und fahren wieder ab
Da viele Influencer auf der Foto-Plattform bei ihren Bildposts mit Hashtags oder Ortsmarken den genauen Standpunkt angeben, ist es leicht, die Orte ausfindig zu machen und selbst abzufahren. Auf der Suche nach dem perfekten Bild bringen viele, vor allem jüngere Menschen, zwar ihre Handys, Kameras oder Stative mit - in den meisten Fällen aber nur wenig Zeit.
Das Ziel ist nicht mehr die Gegend an sich, sondern der "Hotspot" – festgehalten in genau der Perspektive, wie er auf Instagram schon tausendfach zu sehen ist. Sogar die Art der Nachbearbeitung ähnelt sich auf vielen Bildern, je nachdem, welche Farbfilter gerade angesagt sind.
Selfies am Hintersee im Berchtesgadener Land
Ein Besuch am Hintersee im Berchtesgadener Land: Evelyn aus Deggendorf ist mit zwei Freundinnen und ihren Eltern unterwegs. Gerade lässt sie sich von ihrer Mutter am Ufer des Hintersees fotografieren. Vor den mittlerweile berühmten zwei Steinen im Wasser - auf Instagram gibt es viele Fotos aus genau dieser Perspektive.
Auch Evelyn will das Foto später auf Instagram posten und nutzt die Plattform auch selbst als Inspiration für neue Reiseziele.
"Wenn ich irgendwo hinreise, dann teile ich gerne meine Bilder mit meinen Freunden. Aber auch um zu schauen, wo meine Freunde gerade unterwegs sind, um zu schauen, welche schönen Plätze es auf der Welt gibt." Evelyn am Hintersee im Berchtesgadener Land
Von New York an den Eibsee
Ein anderer Ort in Oberbayern, auch er ist in den letzten Jahren vom Ausflugsziel zum angesagten Hotspot geworden: Der Eibsee am Fuße der Zugspitze im Landkreis Garmisch-Patenkirchen. Bereits am frühen Vormittag sind unzählige Menschen am Ufer anzutreffen, alle Parkplätze sind voll.
Überall am Ufer des Sees stehen Menschen mit ihren Handys. Auch Jany aus New York macht gerade ein Selfie - für ihre Instagram-Story, dort hält sie alle ihre Reiseerlebnisse fest. Mehrere Stunden, so erzählt sie, verbringt sie täglich auf der Plattform. Deshalb hat sie sich auch schon vor ihrem Aufenthalt in Deutschland die bekanntesten Hotspots auf Instagram angeschaut. So ist sie dann auch auf den Eibsee gekommen.
Kein Wunder, alleine der deutsche Hashtag "Eibsee" liefert aktuell 123.000 Bilder auf Instagram, die nach der Beliebtheit vorsortiert aufgelistet werden. Die Fotos der großen Instagram-Fotografen und Influencer landen dadurch automatisch ganz oben im Stream und inspirieren viele, diese Orte ebenfalls aufzusuchen.
Vom Geheimtipp zum weltberühmten Hotspot: Der Geroldsee
Neben den Orten, die eigentlich schon immer bekannte Fotomotive waren, mittlerweile aber regelrecht überrannt werden, gibt es auch Plätze, die bis zur Kurzem nur die Menschen aus der näheren Umgebung und vielleicht noch ein paar einzelne Urlaubsgäste kannten. Ein Beispiel ist der Geroldsee, ebenfalls im Landkreis Garmisch-Patenkirchen.
Obwohl es weder im kleinen Ort Gerold noch auf der Bundesstraße einen Hinweis gibt, zieht der See seit einigen Jahren unzählige Fotografen aus aller Welt an. Auch dieser Ansturm wurde vor allem durch Instagram ausgelöst.
„Also wir haben gehört, dass es durch Instagram gekommen ist. Durch die Bilder dieser Fotografen, die das da reingestellt haben. Seit dieser Zeit ist ein höherer Zulauf für den See, viele Ausländer sind dabei. Sie stören nicht unbedingt den Badebetrieb oder so, aber es ist sehr sehr viel mehr geworden und besonders ist es uns aufgefallen in diesem Sommer.“ Heidi Pfeffer, Anwohnerin
Der Unterschied zu den anderen Orten: Das kleine Dorf Gerold und der See sind für den Besucheransturm nicht ausgelegt. Da es keine öffentlichen Parkplätze gibt, parken die vielen Fototouristen die engen Straßen des Dorfes zu, einige von ihnen fahren sogar direkt über die Wiesen bis zum See, obwohl es mittlerweile drei Verbotsschilder gibt.
Verena Simon ist Anwohnerin und führt ein Gästehaus im Ort. Sie berichtet, dass die meisten nicht einmal wissen, dass es sich hierbei um Privatbesitz handelt.
„Es wird jedes Jahr ein bisschen mehr. Es gibt keine Ruhezeiten mehr, sie kommen ab halb fünf in der Früh, da geht’s los, da wird geparkt und stur durchs Feld hochmarschiert, auf diesen berühmten Punkt da oben. Dann wird das Bild gemacht und die sind dann auch wieder weg. Ich glaube, dass die nicht einmal wissen, wo genau sie sind. Sie kommen mit dem Handy, suchen diesen Hotspot raus, machen dieses Bild und fahren wieder." Verena Simon, Wiesen-Besitzerin und Anwohnerin am Geroldsee
Verena Simon hat im Grunde nichts dagegen, dass so viele Menschen auf ihrem Grundstück Fotos machen wollen. Sie weiß, dass die Region vom Tourismus lebt und die Fotografen, auch wenn sie selbst nicht lange bleiben, mit ihren Bildern Werbung machen. Sie wünscht sich aber etwas mehr Respekt gegenüber der Natur und den Anwohnern.
„Wenn jeder ein bisschen darüber nachdenkt und ein bisschen respektvoller damit umgeht, dann wird es vielleicht ein bisschen einfacher.“ Verena Simon, Wiesen-Besitzerin und Anwohnerin am Geroldsee