MAN-Projektleiter Karl Böhle vor einem Kompressor der Wärmepumpe in Esbjerg
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MAN-Projektleiter Karl Böhle vor einem Kompressor der Wärmepumpe in Esbjerg

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Wärme für Dänemark: So baut MAN aus Augsburg die XXL-Pumpe

MAN in Augsburg verbindet man vor allem mit dem Dieselmotor – dabei fertigt das Unternehmen längst Produkte, die vielen Ländern bei der Energiewende helfen. In Dänemark entsteht gerade eine der weltgrößten Wärmepumpen. Ein Blick in den Maschinenraum.

Ein schwarzer Kasten steht seit neuestem im Hafen von Esbjerg. Die Grundfläche des Quaders würde ein halbes Fußballfeld abdecken. Hinter der schwarzen Metallhülle verbirgt sich ein Dschungel aus Rohren, Ventilen und Kesseln. Es ist das Reich von Karl Böhle.

Der Ingenieur ist dafür verantwortlich, dass in der dänischen Küstenstadt demnächst die weltgrößte Wärmepumpe ihrer Art in Betrieb geht. Das Prinzip ist einfach: Meerwasser wird durch meterdicke Rohre herangepumpt. Die Wassertemperatur von im Schnitt 1 bis 15 Grad reicht aus, um im Inneren der Anlage flüssiges CO₂ zum Verdampfen zu bringen, in einem geschlossenen Kreislauf. So wird letztlich Wärme erzeugt.

4.000 Liter Meerwasser pro Sekunde

"In der Spitze brauchen wir 4.000 Liter Meerwasser pro Sekunde", sagt Projektleiter Böhle, als er zum Herzstück der Anlage führt: den beiden Kompressoren. Jeder 40 Tonnen schwer. Insgesamt liefern sie 60 Megawatt Heiz-Energie. "Im Vergleich zu einem Einfamilienhaus sind wir hier 6.000 Mal so groß. Das ist enorm für eine Wärmepumpe", so Böhle.

Der Projektleiter und die ganze Firma MAN sind stolz auf das Produkt. Noch vor Jahren stand der Fortbestand der Augsburger Tochter auf der Kippe. Dann kam ein neuer Chef und eine neue Strategie: Weniger Diesel, mehr Technik zur Bewältigung der Energiewende. Und dazu passend auch gleich ein neuer Name: MAN Energy Solutions.

Wärmepumpe aus Augsburg versorgt bald 100.000 Menschen

Demnächst liefert die Technik aus Augsburg Fernwärme für bis zu 25.000 Haushalte beziehungsweise 100.000 Menschen. In sieben Jahren soll Esbjerg CO₂-neutral sein, wie Bürgermeister Jesper Frost Rasmussen von der konservativ-liberalen Venstre-Partei sagt: "Die Menschen von Esbjerg erwarten von uns, dass wir grüne Lösungen finden. Sie haben erkannt, dass wir unser Leben anders leben müssen als zuvor."

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Die Wärmepumpe im dänischen Esbjerg

Das Kohlekraftwerk im Hafen, das bislang die Fernwärme für die siebtgrößte Stadt Dänemarks geliefert hat, wird demnächst abgeschaltet. Fernwärme für die Stadt liefert dann vor allem die Pumpe.

Die Großwärmepumpen der Augsburger Firma MAN sind weltweit gefragt, bis hin nach Neuseeland und den USA. Doch in Deutschland kommt bislang kein Projekt zustande. Dabei könnte man sie gerade jetzt brauchen.

Die Großwärmepumpe hat mehrere Vorteile

Zum Beispiel in Augsburg. Fernwärme ist gefragt wie nie. Die Nachfrage explodiert, hat sich in den vergangenen Jahren verzwanzigfacht. Und die Großwärmepumpe könnte die Gasturbine überflüssig machen. Ein fossiler Verbrenner, der einen Teil der Augsburger Fernwärme liefert.

Je nach Ausbaustufe könne die Technik auch im Sommer helfen, sagt Uwe Lauber, der Chef von MAN Energy Solutions: "Es ist nicht nur eine Wärmepumpe. Man kann auch Kälte damit erzeugen, etwa für Krankenhäuser: Nehmen Sie Herrn Lauterbach beim Wort, der in diesem Jahr speziell im Sommer nach Kälte gesucht hat." Der größte Vorteil aber sei, dass die Pumpe prinzipiell auch als elektrothermischer Energiespeicher gebaut werden könne, um so auch Strom erzeugen und einspeisen zu können, sagt Lauber. "So lässt sich das Netz stabil halten, das durch den Aufbau der erneuerbaren Energien eher destabilisiert wird."

Entscheidend ist grüne Energie

In Augsburg könnte das Wasser für die Pumpe beispielsweise aus dem Lech kommen. Erschwert wird der Einsatz in Deutschland aber durch lange und aufwendige Genehmigungsverfahren, so Lauber. Das größte Problem jedoch sei der Strom, den man für den Betrieb einer jeden Wärmepumpe braucht.

Nur wenn der Strom grün und bezahlbar ist, sei die Wärmepumpe sinnvoll und nachhaltig, so Lauber. Doch daran fehle es in Deutschland: "In Bayern haben wir letztes Jahr 14 Windkraftanlagen in Betrieb genommen, da ist sicher noch Spielraum nach oben", sagt Lauber. Und fordert: "Dieser Ausbau muss vorangetrieben werden."

Weiterer Auftrag aus Dänemark

Wenn das gelingt, könnte die Pumpe auch in Augsburg zum Einsatz kommen. Zum Beispiel im Süden der Stadt, wo ein ganz neues Stadtviertel geplant ist. Was dazu nötig wäre, kann Ulrich Längle von den Stadtwerken genau sagen: "Zunächst mal müssen wir den Strom aus dem Norden in den Süden bekommen. Aber dann müssen wir auch hier im Süden mehr Windenergie und mehr Photovoltaik bauen. In Zahlen: Das muss alles fünfmal schneller passieren als bisher – Bau und Genehmigung."

In Esbjerg ist die grüne Energie vorhanden und wird weiter ausgebaut. Im Hafen liegen schon die Bauteile für viele weitere Windräder bereit. Und in Aalborg – etwa drei Autostunden von Esbjerg entfernt – wird MAN demnächst die nächste Wärmepumpe bauen. Sie soll zweieinhalbmal so groß werden wie die in Esbjerg.

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