Mit der Gießkanne in der Hand stapft Friedrich Staib los. Nicht etwa in den Garten oder auf den Friedhof – sondern in den Wald. Sorgsam gießt er Wasser aus seiner Kanne auf einen kleinen Baumsetzling, eine korsische Schwarzkiefer. Kurz wartet er, bis die Flüssigkeit versickert ist, dann gießt er erneut Wasser nach. Gemeinsam mit vier Mitstreitern will Friedrich Staib heute 300 solcher Pflänzchen mit Wasser versorgen. Denn er gehört zu den ehrenamtlichen "Waldgießern" im unterfränkischen Sommerhausen.
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Problem Sand: Ohne zusätzliche Bewässerung keine Chance
Der zuständige Revierförster Wolfgang Schölch hat die Suche nach den Freiwilligen angeregt. Denn er sorgt sich um die Überlebenschancen seiner Nachpflanzungen. 2.000 Setzlinge hat er in den vergangenen vier Jahren gepflanzt, um eine Waldverjüngung anzustreben. Der Flugsand in der Waldabteilung Hunsrück bei Sommerhausen speichere jedoch kaum Wasser, so der Förster. Um ein Absterben der Pflanzen zu verhindern, sei eine zusätzliche Bewässerung in der derzeitigen Trockenphase unabdingbar.
Im letzten Jahr hatte Schölch die Bewässerung noch gemeinsam mit dem örtlichen Bauhof übernommen: Zweimal 5.000 Pflänzchen hätte man in zwei Etappen gegossen. "Das war vom Bauhof einfach nicht mehr leistbar", erklärt Schölch. Stattdessen bringt der nun Wasserfässer in die Pflanzgebiete. Verteilt werden muss es dann von Hand.
"Waldgießer gesucht!": Ehrenamtliche packen’s an
Die Gemeinde Sommerhausen hat daher einen Aufruf im Gemeindeblatt gestartet. Innerhalb der ersten Tage hätten sich bereits neun Ehrenamtliche gemeldet, berichtet Bürgermeister Wilfried Saak. Friedrich Staib ist einer von ihnen. Der Architekt kommt in seiner Freizeit nur selten nach draußen in den Wald. Doch der Aufruf hat es ihm angetan. "Der Zustand des Waldes ist wirklich erschreckend", so der Sommerhäuser, "und ich finde, wir müssen etwas tun, damit auch die Generationen nach uns noch einen schönen Wald kennenlernen." Mitstreiterin Bernadette Zurasky stimmt ihm zu: "Jeder von uns kann in seinem kleinen Rahmen etwas tun. Und das hier ist halt mein Rahmen."
Waldumbau in Sommerhausen: Südliche Baumarten sollen helfen
Damit die jungen Bäume im sandigen Boden zurechtkommen, hat Förster Wolfgang Schölch vor allem südliche Baumarten gepflanzt, die auch Trockenphasen standhalten sollen. Korsische und kalabrische Schwarzkiefern, Libanon- und Atlaszedern genauso wie Roteichen gehören dazu. Auf dem sandigen Boden müsse er erst ausprobieren, welche Arten Erfolg haben, so der Förster. "Das ist ein kleines Langzeitprojekt von mir", gesteht er. "Ich bin dreißig Jahre im Beruf und fange jetzt sozusagen nochmal von Neuem an." Auf Eichen möchte Schölch besonders setzen, denn es brauche Baumarten, die sich in Zukunft ganz natürlich verjüngen. "Die Pflanzung ist immer nur das Zweitbeste", so der Förster. "Das Erstbeste ist die natürliche Verjüngung."
Gießkanne als Mittel der Wahl? In der Ruhe liegt die Kraft
Doch bis die Baumarten soweit etabliert sind, dass sie selbst überleben können, braucht es die Unterstützung von außen. Drei bis vier Liter pro Baum vergießen die Sommerhäuser. Man müsse darauf achten, dass das Wasser auf dem ausgetrockneten Boden nicht einfach oberflächlich abläuft, erklärt der Ehrenamtliche Friedrich Staib. Gegossen wir also langsam und mit Bedacht. Eine Gießkanne reicht für etwa drei Setzlinge. Dann muss ohnehin nachgefüllt werden.
Eineinhalb Stunden dauert es, dann sind alle 300 Setzlinge im ersten Waldabschnitt versorgt. Die anderen Abschnitte sollen in den nächsten Tagen folgen. Trotzdem ist klar, dass nicht alle Jungbäume über die Runden kommen werden. Wenn schlussendlich 500 der 2.000 Jungbäume überleben, dann sei das bereits als Erfolg zu werten, so der Förster.
Förderung des Freistaats: Ein Euro pro bewässertem Setzling
Tatsächlich ist der Aufwand der ehrenamtlichen "Waldgießer" auch nicht ganz umsonst: Für die Bewässerung gibt es ein Förderprogramm des Bayerischen Freistaats. Ein Euro sind darin pro bewässerter Pflanze und Bewässerungsdurchgang vorgesehen – maximal zweimal pro Jahr und für zwei Jahre nach der Pflanzung. "Das Geld ist aber nicht erstrangig", betont Förster Schölch. "Mir gefällt es einfach, wenn Bürger Verantwortung übernehmen und sich auch mal im Wald blicken lassen."
Für die "Waldgießer" ist das in jedem Fall eine Erfahrung. "Ich finde es auch gut, den eigenen Förster mal persönlich kennenzulernen", so Staib. Sollte es nicht regnen, brauchen die ersten Pflanzen in etwa zwei Wochen wieder Wassernachschub. Für den Sommerhäuser ist klar: Er wird auf jeden Fall mit von der Partie sein. Trotzdem hofft er, dass es im nächsten Jahr vielleicht wieder ohne die Gießkanne geht.
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