So ein Umzug ist meistens eine stressige Sache – vor allem wenn große, freiheitsliebende Wasserbüffel im Spiel sind. Die Landwirte Fini und Matthias Reißaus müssen die scheuen Tiere davon überzeugen, in den Hänger zu steigen. Denn es geht ins warme Winterquartier auf den Reiserer Hof in Oberneukirchen im Landkreis Mühldorf. Das restliche Jahr verbringen die Tiere auf den Weiden.
Zwar sind die Wasserbüffel sehr robust und anpassungsfähig, würden aber in den Wintermonaten zu wenig Futter auf den Wiesen finden, erklärt Matthias Reißaus. Außerdem lieben es die Wasserbüffel zu baden, allerdings erst ab Lufttemperaturen um die zwanzig Grad. Auch die akkubetriebenen Weidezäune kriegen zu wenig Strom, wenn die Tage kürzer werden – die Hütesicherheit könnte nicht gewährleistet werden, so Reißaus.
Rückkehr der Weidetiere als Chance
Seit zehn Jahren bewirtschaftet das Paar auf knapp 70 Hektar 15 sogenannte Wilde Weiden mit Wasserbüffeln, Murnau-Werdenfelser Rindern und Eseln. Das Projekt entstand in Kooperation mit der Kreisgruppe Mühldorf des Bund Naturschutz, der sich seit Jahrzehnten für artenreiche Weiden engagiert.
"Wenn wir Weidetiere wieder in der Landschaftspflege einsetzen", sagt Andreas Zahn, erster Vorsitzender der Mühldorfer Kreisgruppe, "dann kommen wir zu was sehr Ursprünglichem zurück." Jahrhundertelang waren in Bayern Weidetiere Teil des Landschaftsbildes. Wenn Wiesen statt durch grasende Tiere oft gemäht werden, finden Insekten weniger Nahrung, Wiesenbrüter keine Brutplätze und Amphibien keine Tümpel. "Sowas versuchen wir, im Kleinen zumindest, wieder aufleben zu lassen", sagt Andreas Zahn.
Freistaat unterstützt das Projekt
Mit ihren Weideprojekten sind Fini und Matthias Reißaus auf Niedermooren, Feuchtwiesen oder entlang der großen Flusstäler unterwegs. Oft handelt es sich bei den Weiden um kommunale Ausgleichsflächen, so wie die Weide der Wasserbüffel am Ortsrand von Oberneukirchen mitten im FFH-Gebiet Grünbachtal. Hier suhlen sich die Wasserbüffel leidenschaftlich gerne und schaffen so kleine Tümpel, die zu neuem Lebensraum für seltene Amphibien und Libellen werden. "Im Sommer schaut oft nur die Nase aus dem Schlamm", sagt Reißaus und lacht. Teils werden die Flächen von den Kommunen zur Verfügung gestellt, auf anderen Weiden bekommen die Landwirte Ausgleichszahlungen durch das Kulturlandwirtschaftsprogramm, kurz KULAP, des Freistaates Bayern.
Jungstier soll für Nachwuchs sorgen
Um sie nun in den Hänger zu verladen, müssen Fini und Matthias Reißaus kreativ werden. Durch Futter lassen sich die Wasserbüffel heute nicht überzeugen. Besonders brenzlig: Während der Weidemonate wurde ein Kalb geboren, die frischgebackene Mutter hat einen besonderen Schutzinstinkt. "Da rutscht uns schon oft das Herz in die Hosentasche", so Reißaus.
Nach einigem Hin und Her entscheidet sich die Herde am Ende doch für den Weg des geringsten Widerstandes: der mit Heu ausgelegte Anhänger. Damit geht es auf den Reiserer Hof zum Rest der Herde, wo bereits Bio-Landwirt Josef Grabmaier aus Wolnzach wartet. Er nimmt Jungstier Ferdinand mit, auf ihn warten bereits vier Wasserbüffel-Damen. Neben dem erhofften Liebesglück schafft er dort auch Lebensraum für Wiesenbrüter, wie das Schwarzkehlchen, das Braunkehlchen oder den Kiebitz.
Zum Video: Wasserbüffel als Landschaftspfleger am Airport Nürnberg:
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