Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Würzburg auch nicht. Das gilt nicht nur für das Original, sondern genauso für das Stadtmodell im Maßstab 1:500, das der Haßfurter Modellbauer Burkard Hauck mit seinem Team im Auftrag der Stadt Würzburg kreierte.
"Corona hat uns regelrecht ausgebremst", sagt Burkard Hauck auf die Frage nach der Bauzeit. Denn es sollte deutlich schneller gehen als in drei Jahren. Aber ausgerechnet in den Anfängen war dem Modellbauer oft der Zugang zu den grundlegenden historischen Quellen versagt. Archive blieben geschlossen. Ansprechpartnerinnen und -Partner zu treffen, war nicht möglich. Und Krankheitsfälle, auch in den eigenen Reihen, taten ihr übriges.
Würzburg zur Zeit Balthasar Neumanns
Aber nun ist es soweit: Auf einer Fläche von rund zehn Quadratmetern steht ein realitätsnahes Abbild des barocken Würzburgs um 1750. Ab heute können Interessierte es dort besichtigen. So, wie es nach zeitgenössischen Stichen, Zeichnungen oder literarischen Beschreibungen ausgesehen hat. Damit verfügt das Museum nun neben dem Stadtmodell aus der Zeit der Bauernkriege (um 1530) und dem des zerstörten Würzburgs (16. März 1945) auch über eines aus der Barockzeit.
Der große Baumeister Balthasar Neumann hatte das Stadtbild dieser Epoche maßgeblich geprägt. Die Residenz – heute Weltkulturerbe – tritt darin ebenso markant hervor wie die Stadtbefestigung, die Würzburg sternförmig mit Mauern und Gräben umschließt. Die Größenverhältnisse von Main, Landschaft und Bauwerken entsprechen den amtlichen Vermessungen des Jahres 1832. Damals entstand das erste Kataster der Stadt Würzburg und damit exakte Aufzeichnungen über Grundstücks- und Gebäudemaße.
Millimeterkleine Detailarbeit
Nach sorgfältiger Recherche machten sich die Modellbauer daran, über 2.000 Objekte nachzubauen. So gut wie möglich und so exakt wie nötig. Denn allzu viele Details würden angesichts des Kleinformates ohnehin nur untergehen. Aber Stuckverzierungen oder Heiligenfiguren an Kirchenfassaden oder auch auf der Alten Mainbrücke dürfen natürlich nicht fehlen. So sind Kilian, Kolonat und Totnan, die Frankenapostel mit bloßem Auge fast nicht zu erkennen. Sie sind etwa einen Millimeter breit und höchstens zehn Millimeter hoch. "So was können Sie von Hand gar nicht mehr herstellen", sagt Burkard Hauck. Aber der 3D-Drucker schafft das.
Stuck und Putten aus dem Drucker
Auch die besonderen Gebäude wie Residenz, Festung oder das Neumünster entstanden auf diese Weise. Für jedes einzelne lief der Drucker eine ganze Nacht lang. Und häufig ein zweites Mal, wenn der erste Versuch misslang. Mit den vorausgehenden CAD-Zeichnungen – zum Programmieren des 3D-Druckers könne man pro Kirchenbau von einer Woche Arbeitszeit ausgehen, sagt Hauck. Die fertigen Gebäude sind innen hohl und werden anschließend einheitlich weiß gespritzt. Das verwendete Material nennt sich Polyurethan. Dieser Verbundkunststoff – auch unter dem irreführenden Namen Modellholz bekannt – lässt sich handwerklich mit Säge und Feile bearbeiten. Aber eben auch in flüssiger Form zum 3D-Drucken benutzen.
Nun also ist es fertig, das barocke Würzburg. Zum Transport zerlegen es die Modellbauer in sieben Teile von der Größe einer Tür. Denn genau das verbirgt sich unter der ebenfalls weiß modellierten Landschaft von Main und Weinbergen und den Straßen und Plätzen der Innenstadt. Nur dass man von den handelsüblichen Türblättern eben nichts mehr erkennt. Nach einstündiger Fahrt im Kleinlaster von Haßfurt nach Würzburg, erreicht das Modell die Kelterhalle des Museums für Franken. Hier oben in der Festung Marienberg wird das barocke Stadtmodell künftig zu sehen sein.
LED-Lämpchen markieren Highlights der Stadtgeschichte
Eine Besonderheit haben Hauck und seine Leute noch auf Wunsch der Auftraggeber eingebaut: 28 besondere Gebäude lassen sich auf Knopfdruck von innen beleuchten. Über schriftliche Erläuterungen erfährt man dann mehr über das jeweilige Bauwerk und seine historische Bedeutung für Würzburg.
Jörg Meißner, Direktor des Museums für Franken, ist begeistert von der neuen Attraktion. Es schließt seiner Ansicht gewissermaßen die Lücke zwischen der Zeit Tilman Riemenschneiders und der Bombennacht 1945. Anhand des barocken Stadtmodells könne das Publikum erahnen, welche wirtschaftlichen, welt- oder kirchenpolitischen Strömungen Würzburg im 18. Jahrhundert bestimmten.
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