Gäbe es den Betreiberverein Makerspace+ Erlangen e.V. nicht, dann würden die Räume des ehemaligen "Haushaltswarengeschäfts Greiner" in der Hauptstraße in Erlangen wahrscheinlich noch leer stehen. Seit 2021 kümmern sich viele Mitglieder des Vereins zum großen Teil ehrenamtlich darum, dass hier etwas Neues, etwas Besonderes entsteht: das Zentrum für Austausch und Machen (ZAM). Dort kommen alle zusammen, die gerne etwas selber machen und ausprobieren. Mitten in der Erlanger Altstadt arbeiten Jung und Alt an handwerklichen, künstlerischen oder technischen Projekten - mit Lötkolben, Nähmaschine, Schleifpapier oder 3D-Drucker.
"Wir wollen etwas gegen den Leerstand tun und Leute zusammenbringen", sagt Lena Streit vom Betreiberverein. Neben verschiedenen Werkstätten für Holz, Metall oder Elektronik gibt es auch Raum für Konzerte, Workshops oder Start-Ups, die dort ihre Ideen präsentieren und weiter ausbauen. Jeden Freitagabend dürfen alle vorbeikommen, die zum Beispiel etwas reparieren wollen. Unterstützung gibt 's von Vereinsmitgliedern, die ihr Wissen an die Interessierten weitergeben und bei Bedarf auch unterstützen. Das Konzept scheint gut anzukommen, denn viele Menschen nehmen das Angebot an.
Tüfteln, Reparieren, Ausprobieren
Einer davon ist Lenny. Er sitzt mit seinem Vater Thomas an einer Werkbank. Die beiden sind gerade dabei, verschiedene Schaltkreise miteinander zu verlöten. Ihr Ziel: Sie wollen eine sogenannte Wordclock nachbauen, also eine Uhr, die mit Buchstaben statt mit Zeigern funktioniert. Lenny ist voll bei der Sache und sichtlich stolz. Einige Buchstaben leuchten dank der eingebauten LEDs schon in blau. So eine Uhr kostet normalerweise einige hundert Euro, diese hier gerade mal knapp 100 Euro, erzählt der Neunjährige. Dank eines Lasercutters, den er im ZAM nutzen kann, lassen sich die Buchstaben der Uhr mit Präzision in das Anzeigenfeld eingravieren. Das sei schon etwas Besonderes, erzählt Vater Thomas.
Er ist zugleich Teil des ehrenamtlichen Teams des ZAM und unterstützt Interessierte dabei, den Lasercutter zu benutzen. Normalerweise kostet dieser mindestens 1.000 Euro, im ZAM steht er kostenlos zur Verfügung. Genau das sei ein Ziel des Zentrums, sagt Lena Streit vom Betreiberverein. Die Menschen sollen hier die Möglichkeit bekommen Werkzeuge und Geräte zu benutzen, die sie sich sonst vielleicht nicht leisten können und sich auch Tipps geben lassen. Ein paar Meter weiter sitzt Heike an einer Nähmaschine und versucht zwei kleine Stoffstücke für eine Serviette miteinander zu verbinden. Sie wollte schon immer mal wieder nähen, habe aber keine Maschine daheim und erst hier die Möglichkeit bekommen sich wieder auszuprobieren. Jetzt ist sie mit viel Freude dabei und hat auch neue Menschen kennengelernt, erzählt sie.
Gemeinsam etwas Großes schaffen
Etwa 70 Ehrenamtliche helfen jede Woche beim Aus- und Umbau mit, denn das ZAM soll noch viel größer werden, erzählt Julian Hammer. Er koordiniert die Umbauarbeiten und ist einer der wenigen, die hier angestellt sind. Er kümmert sich gerade mit zwei weiteren Mitarbeitern darum, in einer großen Halle des ehemaligen Eiswarenladens die Elektroleitungen zu verlegen. Das Know-how bekommen sie von einem ausgebildeten Elektriker. Vieles machen sie danach in Eigenregie weiter, erzählt er. Die Werkstätten, die bisher in verschiedenen kleineren Räumen gemeinsam untergebracht sind, sollen in Zukunft viel mehr Platz bekommen, erzählt Julian Hammer. Dafür gibt es noch einiges zu tun, aber der Spirit im Team ist gut.
Die vielen Ehrenamtlichen sind mit Spaß dabei – darunter Informatiker, Pädagogen, Künstler, Azubis, Studenten oder Jugendliche. Jede und jeder bringt ein Stück von seinem Wissen ein und gibt dieses weiter. So würde etwas Tolles entstehen, meint Lena Streit vom Betreiberverein. Die gelernte Kunsttherapeutin und Holzbildhauerin gibt dort Kurse zum Aktzeichnen, etwas, dass es in Erlangen bisher so noch nicht gegeben hätte. Finanziert wird das ZAM unter anderem von der Stadt Erlangen, von Mitgliedsbeiträgen, Spenden und von Stiftungen.
Großes Angebot, Mitmachen erlaubt
Neben verschiedenen Workshops (Jodeln, Spiele erfinden, Schnitzen) gibt es auch regelmäßig ein Repaircafe und das Freitagstreffen, bei dem alle Menschen vorbeikommen können. Beim regelmäßig stattfindenden ZAMräumen dürfen ebenfalls alle Interessierten dabei helfen, das ZAM weiter zu gestalten, erzählt Lena Streit. Auch Start-Ups wie das Fungarium, das hier an neuen Dämmmaterialien mit Hilfe von Pilzen forscht, finden im ZAM ein Zuhause. Prinzipiell gibt es kaum Grenzen, jeder der sich mit einbringen will, dürfe gerne vorbeikommen. Wichtig sei aber der achtsame und faire Umgang miteinander, darauf legt der Verein wert.
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