Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erwartet zum nächsten Januar eine "deutliche Steigerung" des Mindestlohns. "Denn wir haben nicht nur weiter eine hohe Inflation, sondern auch ordentliche Tariferhöhungen, die sich bei der anstehenden Erhöhung des Mindestlohns niederschlagen werden." Arbeit müsse sich wieder lohnen, sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag".
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Mindestlohn-Vorschlag im Sommer erwartet
Angesichts der hohen Inflation war im vergangenen Monat bereits Streit um die nächste Mindestlohnerhöhung entbrannt. Sozialverbände forderten einen kräftigen Anstieg auf 14 Euro und mehr, die Arbeitgeber warnten vor "unrealistischen Höhen".
Zuletzt war der Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 von 10,45 Euro auf aktuell zwölf Euro pro Stunde erhöht worden. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte den Mindestlohn ausnahmsweise per Gesetz angehoben und nicht die eigens dafür eingesetzte Kommission. Den nächsten Erhöhungsschritt soll dann wieder die Mindestlohnkommission mit Vertreterinnen und Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorschlagen. Dies soll bis zum 30. Juni mit Wirkung zum 1. Januar 2024 geschehen.
Öffentliche Auftrage nur noch an tariftreue Firmen
Heil will zudem bis zum Sommer ein Gesetz auf den Weg bringen, wonach Aufträge des Bundes künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich an Tarifverträge halten. "Wenn wir als Staat Steuergeld ausgeben, dann dürfen davon nicht länger Unternehmer profitieren, die ihre Leute nicht ordentlich bezahlen." Das betreffe beispielsweise auch Bauarbeiten, Reinigungstätigkeiten oder die Organisation von Veranstaltung, die der Bund in Auftrag gegeben hat. "Die Auftragnehmer des Bundes müssen ihren Mitarbeitern alle Regelungen des Branchentarifvertrags gewähren - von Lohnhöhe über Zulagen und Urlaub bis Weihnachtsgeld", sagte Heil. Ziel sei es, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft trete.
Die Koalition will damit erreichen, dass wieder mehr Beschäftigte unter Tarifverträge fallen. Die Tarifbindung geht seit vielen Jahren immer weiter zurück. Für rund 54 Prozent der Beschäftigten im Westen Deutschlands galten laut Statistischem Bundesamt 2021 Branchen- oder Firmentarifverträge und damit für 22 Prozentpunkte weniger als noch 1998. Im Osten fiel die Tarifbindung der Angestellten demnach von 63 auf 45 Prozent.
Kennzeichnungspflicht für Pakete ab zehn Kilogramm
Auch die Arbeitsbelastung von Paketboten will Heil verbessern: "Hier geht es um die Gesundheit von Menschen, die mit ihrer Arbeit unseren Alltag erleichtern und das Land am Laufen halten." Viele Paketboten würden Bandscheibenvorfälle bekommen, mahnte Heil. "Deshalb will ich durchsetzen, dass Pakete, die mehr als 20 Kilogramm wiegen, nicht mehr von einem allein geschleppt werden müssen." Diese müssten dann künftig durch Speditionen mit zwei Personen zugestellt werden. Eine solche Gewichtsbegrenzung hatte auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gefordert. Für Pakete ab zehn Kilogramm solle es künftig eine Kennzeichnungspflicht geben, sagte Heil zudem. "Damit der Bote gleich sieht, was er sich zumuten kann."
Heil verwies auf das große Wachstum der Paketbranche. "Von 2017 bis 2021 stieg die Zahl von 2,6 auf 4,5 Milliarden Pakete." Es sei ja auch bequem, "vom Sofa aus alles online zu kaufen und es bis zur Wohnungstür geliefert zu bekommen". Auch seine Familie bestelle online, sagte der Minister. "Ich profitiere also davon und will das gar nicht kritisieren. Aber wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, was mit den Beschäftigten passiert, die ein schweres Paket in den 5. Stock schleppen."
Der Arbeitsminister will dies bei der Novelle des Postgesetzes durchsetzen, an der das Bundeswirtschaftsministerium derzeit arbeitet. "Dort wird mein Haus Arbeitsschutzmaßnahmen einbringen", erläuterte Heil. Er rechne damit, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Entwurf noch in diesem Jahr vorlegt. Das Postgesetz wurde zuletzt 1999 grundlegend überarbeitet - zu einer Zeit, als Briefe noch viel wichtiger waren als heute und Pakete nur eine Nebenrolle spielten.
Mit Informationen der dpa, Reuters und AFP
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