München, 5. Juli 2017, NSU-Prozess im Oberlandesgericht
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München, 5. Juli 2017, NSU-Prozess im Oberlandesgericht

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BGH bestätigt Urteil gegen NSU-Terroristin Zschäpe

Beate Zschäpe ist rechtskräftig als Mittäterin der Neonazi-Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) verurteilt. Der Bundesgerichtshof verwarf ihre Revision mit schriftlichem Beschluss, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, muss lebenslang in Haft bleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies ihre Revision gegen ihre Verurteilung in allen wesentlichen Punkten als offensichtlich unbegründet zurück. Mit schriftlichem Beschluss strich der BGH lediglich eine Einzelstrafe. "Die lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe und die festgestellte besondere Schuldschwere sind hiervon jedoch unberührt geblieben", hieß es.

Auch die Verurteilung von zwei Mitangeklagten, Ralf Wohlleben und Holger Gerlach, zu mehrjährigen Freiheitsstrafen wegen Beihilfe zu den Morden beziehungsweise Unterstützung des rechtsextremistischen NSU bestätigte der BGH.

Weil bei André Eminger im einzigen Fall auch die Bundesanwaltschaft begründet Revision beantragt hat, musste das Gericht eine Hauptverhandlung ansetzen: Die Revision gegen ihn soll im Dezember verhandelt werden. Mit dem Urteil von zweieinhalb Jahren war das OLG München weit unter den zwölf Jahren geblieben, die die Anklage wegen Beihilfe zu versuchtem Mord gefordert hatte.

Die Urteile des OLG München gegen Zschäpe, Wohlleben, Gerlach und Eminger

2018 hatte das Oberlandesgericht München nach über fünf Jahren Prozess folgendes Urteil gesprochen: lebenslang für Zschäpe wegen zehnfachen Mordes, schwerer Brandstiftung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, mit besonderer Schwere der Schuld.

Wegen Beihilfe zu Mord wurde Ralf Wohlleben zu zehn Jahren verurteilt. Die drei weiteren Helfer: Holger Gerlach erhielt drei Jahre, Carsten S. drei Jahre Jugendstrafe. André Eminger bekam zweieinhalb Jahre wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Alle fünf Angeklagten hatten damals Revision eingelegt, der reuige Carsten S. nahm sie aber zurück.

Nürnberger OB König begrüßt BGH-Entscheidung

Der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Marcus König (CSU), begrüßte die BGH-Entscheidung. Diese sei wichtig "für die Angehörigen, für den Rechtsstaat und ein deutliches Zeichen gegen jede Form des Rechtsextremismus", sagte er. Als Stadt, die drei der zehn Todesopfer zu beklagen hat, die von NSU-Terroristen ermordet wurden, sei Nürnberg zudem in besonderer Weise verpflichtet, das Andenken an die Opfer zu wahren.

König forderte einen zweiten Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag zu den NSU-Vorgängen. Der erste Ausschuss sei bereits abgeschlossen gewesen, als der juristische Prozess begonnen wurde. In dem Verfahren seien aber weitere wichtige Details bekannt geworden. Die Forderung hatte der Nürnberger Stadtrat bereits mit einem Beschluss im Mai erhoben.

Die Taten des NSU

Von 2000 bis 2007 hat der NSU aus rassistischer Gesinnung mindestens zehn Menschen getötet, fast alle türkisch- und griechischstämmig, meist Kleinunternehmer. Ihre Namen: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat. Außerdem wurde die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter getötet. Zusätzlich beging der NSU mehrere blutige Sprengstoffanschläge – zur Finanzierung seines Terrors überfiel er Banken. Die Sicherheitsbehörden sprachen anfangs von den "Döner-Morden". Rechtsextremen Terrorismus hatten sie nicht auf dem Schirm.

Der Kern der Terrorzelle: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Die drei lernten sich in Jena kennen, radikalisierten sich in der Nazi-Szene, nach ersten rechtsextremen Straftaten tauchten sie Ende der 90er-Jahre unter. Dann begannen die Morde. Es gab nachgewiesenermaßen vier weitere Helfer. Noch laufen weitere Ermittlungen gegen mögliche weitere lokale Helferinnen oder Helfer. Gefunden wurde bisher niemand. Als der NSU 2011 aufflog, töteten sich Mundlos und Böhnhardt, um der Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an und stellte sich.

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