ARCHIV - 11.03.2024, Sachsen, Leipzig: Mitarbeiter in der Autoindustrie (zu dpa: «EU-Klimastrafen: von der Leyen will mehr Zeit für Autobauer») Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Brüssels Auto-Aktionsplan: Bleibt es beim Verbrenner-Aus?

Brüssels Auto-Aktionsplan: Bleibt es beim Verbrenner-Aus?

Die EU-Kommission will die Autoindustrie stärken – indem sie ihr bei den Abgasvorschriften entgegenkommt und Batterieentwickler fördert. Es geht um Millionen Jobs in Europa.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

In einem entscheidenden Punkt ist die EU-Kommission den Autoherstellern schon entgegengekommen, bevor sie heute ihren Aktionsplan für die Branche vorlegt: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vorgestern angekündigt, den Unternehmen mehr Zeit einräumen zu wollen, um die ab diesem Jahr strengeren CO2-Flottengrenzwerte einzuhalten. Die Autobauer erhalten dafür einen Spielraum von drei Jahren. Wenn VW oder Mercedes also die Grenzwerte aktuell nicht erfüllen, müssen sie 2026 oder 2027 umso besser sein. Andernfalls werden milliardenschwere Strafzahlungen fällig.

Bleibt es beim Verbrenner-Aus?

Ihre Behörde reagiert damit auf Forderungen von Herstellern und Zulieferern, sie angesichts der ohnehin schwierigen Lage der Zulieferer nicht zusätzlich mit hohen Geldbußen zu belasten. Von der Leyen zeigt sich auch im Hinblick auf die Forderung von Konzernen, das schon beschlossene faktische Aus für Verbrennungsmotoren bei EU-Neuwagen ab 2035 rückgängig zu machen, gesprächsbereit: Sie wolle den Beschluss schneller überprüfen lassen und dabei die Technologieneutralität in den Mittelpunkt stellen.

Das bedeutet, dass die Kommission keiner Antriebsart den Vorzug gibt, sofern diese den dann geltenden Abgasnormen entspricht. Da ab 2035 in der EU neu zugelassene Fahrzeuge kein CO2 mehr ausstoßen dürfen, erfüllen praktisch nur E-Autos die Vorgaben. Eine Ausnahme könnten Autos mit Verbrennungsmotoren sein, die mit klimaneutralen, synthetisch hergestellten Kraftstoffen angetrieben werden (E-Fuels). Hier verlangen Branchenverbände von der Kommission mehr Klarheit.

Weiter zu wenig Ladesäulen

Um die EU-Klimaschutzauflagen zu erfüllen, müssen die Hersteller mehr E-Autos verkaufen – auf dem deutschen Markt sogar drei Viertel mehr als im vergangenen Jahr. Tatsächlich aber schwächelt der E-Auto-Absatz. 2024 ging er gegenüber dem Vorjahr um 5,6 Prozent zurück, wobei der Marktanteil von 14,6 auf 13,6 Prozent sank.

Die Kommission will den E-Auto-Verkauf laut einem Entwurf des Aktionsplans mit mehreren Maßnahmen ankurbeln. So ermuntert Brüssel die Mitgliedsstaaten, staatlich unterstützte Leasingmodelle für E-Autos für Geringverdienende zu entwickeln, wie es sie in Frankreich schon gibt. Außerdem entwickelt die Kommission Empfehlungen, um den Anteil von Elektrofahrzeugen in Unternehmensflotten zu erhöhen. Gleichzeitig appelliert sie, mehr Ladepunkte zu bauen.

Batterien made in Europe

Wie bei der Entwicklung von grünen Technologien will die Kommission auch bei der Fertigung von E-Auto-Batterien gezielt europäische Firmen unterstützen. Das soll helfen, Abhängigkeiten von ausländischen Lieferanten zu mindern und Marktanteile in Europa zu sichern und auszubauen.

Batterien machen mindestens ein Drittel der Wertschöpfung eines E-Autos aus und bestimmen maßgeblich Preis und Leistung. Die Kommission hat dafür nach eigenen Angaben schon bis zu drei Milliarden Euro aus dem EU-Innovationsfonds angekündigt und sie will in den kommenden zwei Jahren weitere 1,8 Milliarden bereitstellen. Der Aktionsplan schlägt außerdem die Gründung einer Industrieallianz für autonomes Fahren vor.

Strategischer Dialog

Die Vorschläge werden von Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas präsentiert. Der Aktionsplan markiert die erste Etappe des strategischen Dialogs zur Zukunft der Autoindustrie unter Leitung der Kommissionschefin. Für die Autobranche sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Industrie, Gewerkschaften, Kommission und einer Umweltorganisation am Tisch.

Die Autoindustrie trägt sieben Prozent zum europäischen Bruttoinlandsprodukt bei. Von Herstellern und Zulieferern hängen 13 Millionen Arbeitsplätze ab. Auf fast allen großen europäischen Automärkten ist der Absatz im vergangenen Jahr gesunken. Auch in China und den USA gehen die Verkäufe deutscher Hersteller zurück. Fabriken sind nicht ausgelastet. Gleichzeitig steht die Industrie unter Druck, Klimaschutzauflagen zu erfüllen.

Gemischte Reaktionen

Erste Reaktionen auf den Aktionsplan fallen zurückhaltend aus. Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, spricht von Schritten in die richtige Richtung. Nach Ansicht des europäischen Herstellerverbandes Acea kann der Übergang zu sauberer Mobilität nur funktionieren, wenn die Infrastruktur ausgebaut und die Nachfrage nach E-Autos angekurbelt wird.

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber beklagt, dass Elektroautos für Verbraucher nicht attraktiv genug seien. Michael Bloss von den Grünen beklagt dagegen, dass die Kommission den Rückwärtsgang einlege, indem sie der Industrie entgegenkommt. Er befürchtet, dass dadurch die EU-Klimaziele in Gefahr geraten.

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