Im Ringen um eine Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland ist laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine grundsätzliche Verständigung mit den Ländern erreicht. Man habe sich auf sehr detaillierte Eckpunkte einigen können, sagte der SPD-Politiker nach gemeinsamen Beratungen am Montag in Berlin. "Eine Revolution" sei gelungen, betonte der Gesundheitsminister. Von den 16 Ländern hätten 14 für die Reform gestimmt. Bayern stimmte dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich.
Reform soll zu Jahresbeginn 2024 in Kraft treten
Lauterbach strebt nun an, über den Sommer auch mit Beteiligung der Länderseite einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Ziel ist, dass die Reform zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Die konkrete Umsetzung in den Kliniken vor Ort würde dann danach schrittweise anlaufen. Der Minister plant auch ein "Transparenzgesetz", mit dem Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken veröffentlicht werden sollen. Dies werde der Bund für sich machen.
Die Pläne sehen im Kern vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Krankenhäuser von finanziellem Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen.
"Das nimmt den ökonomischen Druck weg", sagte der Minister. Kleine Krankenhäuser würden nicht mehr gezwungen, so viele Leistungen zu erbringen, Krebsbehandlungen etwa würden in Spezialzentren erfolgen.
Holetschek: Bund war "nicht zum Einlenken bereit"
Bayern stimmte als einziges Bundesland gegen die Eckpunkte. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek erklärte dazu: "Der Bund war in zentralen Punkten nicht zum Einlenken bereit." Die bayerische Gegenstimme sei nicht als "Verweigerungshaltung" zu verstehen, "sondern ein Ausdruck eines demokratischen Widerspruchs, dass wir in der Sache noch nicht übereinstimmen". Grundsätzlich sei er schon der Überzeugung, dass eine Krankenhausreform nötig sei.
Bayern sehe sich als "Anwalt für die flächendeckende Krankenhausversorgung – von der wohnortnahen Grundversorgung bis zur Spitzenmedizin". Er sei enttäuscht "über die falsche Qualitätsdebatte, die Herr Lauterbach in den vergangenen Wochen aufgemacht hat", so Holetschek. Ein kurzer Weg ins nächste Krankenhaus sei seiner Ansicht nach auch ein wichtiges Qualitätsmerkmal.
Lauterbach pocht auf Einordnung in "Level"
Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa "Kardiologie" statt grobe Bezeichnungen wie "innere Medizin". Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern.
Der Bund pochte zudem darauf, Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken zu veröffentlichen. Transparent machen will Lauterbach die Verteilung der Leistungsgruppen auf die Häuser und eine Einteilung in Versorgungsstufen ("Level"). Über eine stärker steuernde Funktion der Level gab es keine Einigkeit. Gemeint sind mit Leveln Einordnungen des Kliniknetzes in Stufen - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.
Voraussichtlich keine Finanzspritze vom Bund vor der Reform
Forderungen der Länder nach einer Finanzspritze des Bundes für die Kliniken noch vor der Reform setzten sich nicht durch. Lauterbach sagte auch mit Blick auf die Haushaltslage, es werde geprüft, fügte aber hinzu: "Ich kann da keine Hoffnungen machen." Bis die Reform wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen - das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht wurde.
An der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs sollen für die Länderseite Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie für die Belange Ostdeutschlands auch Mecklenburg-Vorpommern beteiligt werden.
Koalitionspolitiker begrüßen Einigung
Gesundheitspolitiker der Ampel-Koalition begrüßten die Einigung auf Eckpunkte. Nach harten, aber auch konstruktiven Verhandlungen stehe ein "gutes Ergebnis", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt. Es werde die Qualität der Krankenhausbehandlung deutlich verbessert und eine flächendeckende Versorgung gesichert. Der Grünen-Gesundheitsexperte Armin Grau erklärte, mit der Einigung sei "ein wichtiger Meilenstein der Krankenhausreform geschafft". Es gebe "ein gemeinsames Grundverständnis der Reformziele" für die nun notwendige Ausarbeitung des Gesetzes.
Der FDP-Gesundheitspolitiker Lars Lindemann unterstützt auch Pläne von Lauterbach, Qualitätsdaten für Krankenhäuser zu veröffentlichen. "Wir brauchen eine große Offenheit darüber, was bestimmte Strukturen im Krankenhaussektor zu leisten in der Lage sind", sagte er der "Ärzte Zeitung". Krankenhäuser, die bestimmte Leistungen nicht zu einem bestimmten Qualitätsniveau erbringen könnten, müssten im Zweifel damit aufhören und ausscheiden.
Mit Informationen von AFP und dpa
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