Christen auf der ganzen Welt feiern das Weihnachtsfest und erinnern an die Geburt Jesu vor 2.000 Jahren. Das Fest steht in diesem Jahr aber unter dem Eindruck von Krieg und Terrorgefahr.
An mehreren Orten, unter anderem am Kölner Dom und am Bielefelder Hauptbahnhof, überschatteten Anschlagswarnungen die Feiertage. In Deutschland und Österreich nahm die Polizei mehrere mutmaßlich islamistische Tatverdächtige fest. In Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu, verliefen die traditionell ausgelassenen Feierlichkeiten wegen des Krieges in Israel und Gaza still und schlicht.
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"Erschöpft und schutzbedürftig": Kirchen in Deutschland rufen zu Frieden auf
Die deutschen katholischen Bischöfe riefen zu Frieden und Konfliktlösung auf. Gerade in Zeiten von Kriegen sei es wichtig, das Weihnachtsfest zu feiern, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Münchner Liebfrauendom. Das Fest erinnere an einige Grundsätze, "ohne die wir die Probleme der Welt nicht lösen und ein gutes Miteinander nicht nachhaltig aufbauen können", sagte er laut Predigtmanuskript. Für den Frieden brauche es die "Bereitschaft zu einem gerechten Ausgleich". Mehr Waffen führten nicht näher zum Frieden.
Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte in ihrer Weihnachtsbotschaft, viele Menschen seien derzeit erschöpft und schutzbedürftig. "Wir haben Krieg und Krisen. Und Angst haben wir auch." An Weihnachten scheine ein anderes Licht auf die Welt. Inmitten so vieler düsterer Nachrichten brauche es den Weihnachtsmut der Engel.
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"Herz ist in Bethlehem": Papst spielt auf Krieg und Gewalt an
Auch Papst Franziskus rief an Weihnachten zum Frieden auf. "Unser Herz ist heute Abend in Bethlehem, wo der Friedensfürst noch immer von der zum Scheitern verurteilten Logik des Krieges zurückgewiesen wird, vom Lärm der Waffen, der ihn auch heute daran hindert, in der Welt eine Herberge zu finden", sagte der Papst am Sonntag in der Christmette im Petersdom. In seiner Predigt erwähnte das 87-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche weder Israel noch den Gazastreifen. Doch machte er zahlreiche Anspielungen auf Gewalt und Krieg.
Kaum Pilger und Touristen in Bethlehem
Das Oberhaupt der Katholiken im Heiligen Land, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, hat in Bethlehem ebenfalls ein Ende des Nahostkriegs und einen Neubeginn des Dialogs zwischen Israelis und Palästinensern gefordert. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem appellierte in seiner Weihnachtspredigt an die Mächtigen der Welt, gerechte und endgültige Lösungen für die Völker des Nahen Ostens zu finden. In der "Tragödie dieses Augenblicks" bleibe keine Zeit, sich auf Taktiken oder Zukunftsspekulationen zu beschränken, sagte er in der Katharinenkirche in der Geburtsstadt Jesu im Westjordanland. Die Politiker müssten den Konflikt an der Wurzel packen, die Ursachen beseitigen und "neue Horizonte der Gelassenheit und Gerechtigkeit" für die gesamte Region.
Wegen des Gaza-Krieges sind diesmal fast keine Pilger und Touristen in Bethlehem, das zehn Kilometer von Jerusalem entfernt liegt. Die traditionellen Feiern auf den Straßen wurden abgesagt - für die ohnehin wirtschaftlich gebeutelten Christen Bethlehems ein weiterer Tiefschlag.
Bomben-Spürhunde durchsuchen Kölner Dom
In Köln war der Gottesdienst an Heiligabend hingegen von Terrorwarnungen geprägt. Nach entsprechenden Hinweisen hat die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen am Kölner Dom seit Samstagabend massiv erhöht. In der Nacht zu Sonntag durchsuchte sie die Kathedrale fünf Stunden lang mit Bomben-Spürhunden ab, stieß jedoch nicht auf Sprengstoff. In die Ermittlungen einbezogen ist der Staatsschutz, der auf politisch motivierte Kriminalität spezialisiert ist. Gottesdienstbesucher werden vor Einlass in das Gotteshaus kontrolliert. Nach Angaben der Kölner Polizei bezogen sich die Hinweise auf Silvester.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki dankte den Sicherheitskräften für ihren besonderen und unerwarteten Einsatz über Weihnachten am Kölner Dom. Die Polizistinnen und Polizisten hätten in den vergangenen zwei Tagen "den Dom gewissermaßen auf den Kopf gestellt" und so die Gottesdienstfeiern dort ermöglicht, sagte er zu Beginn der Christmette in der Kathedrale. Viele von ihnen hätten wahrscheinlich freigehabt, so Woelki. Es tue ihm von Herzen leid, dass sie die Tage nicht mit ihren Familien verbringen könnten. Auch den Teilnehmern der Christmette bekundete Woelki seinen Dank, dass "Sie sich nicht haben erschrecken lassen, sondern mutig hergekommen sind".
Die Menschen sollten sich nicht vom Kirchenbesuch abhalten lassen, weil der Schutz durch die Behörden funktioniere, machte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul deutlich.
Zwischenzeitliche Sperrung des Bielefelder Hauptbahnhofs
Eine mögliche Bedrohungslage bestand mehrere Stunden lang auch am Hauptbahnhof Bielefeld. Ein anonymer Anrufer habe am Nachmittag mit einem Anschlag gedroht, teilte die Polizei mit. Das Bahnhofgebäude sei daraufhin evakuiert worden. Bei einer Durchsuchung mit Spürhunden seien aber keine verdächtigen Gegenstände gefunden worden. Der Bahnhof wurde am Abend wieder freigegeben. Der Staatsschutz der Bielefelder Polizei leitete Ermittlungen wegen der "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" ein.
Der Bahnverkehr am Bielefelder Hauptbahnhof kam während des Polizeieinsatzes zum Erliegen. Die Bahn meldete Beeinträchtigungen im Fernverkehr zwischen Hannover und Hamm.
Auch im Saarland gab es nach Informationen der "Bild"-Zeitung eine Festnahme durch Spezialeinheiten. Demnach soll es sich bei den festgenommenen Terrorverdächtigen um Tadschiken handeln, die mutmaßlich dem "Islamischen Staat in der Provinz Khorasan" (ISPK) angehören, einem IS-Ableger in Afghanistan.
Risiko wird laut Innenministerin ernst genommen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte der Funke Mediengruppe: "Wir nehmen die islamistische Terrorgefahr sehr ernst und sind äußerst wachsam." Die Sicherheitsbehörden hätten die islamistische Szene im Visier und handelten konsequent. "Das zeigen auch die aktuellen Maßnahmen."
Terrorwarnungen und Festnahmen in Madrid und Wien
Auch in Wien erhöhte die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen, wo der Stephansdom als mögliches Ziel galt. Vier Personen wurden festgenommen. Es liefen Befragungen der Verdächtigen und entsprechende Auswertungen. Nach Angaben einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien gab es am Sonntag keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden hätte. Terrorwarnungen gab es auch in der spanischen Hauptstadt Madrid.
Sicherheitsvorkehrungen auch in Afrika und Asien
Christinnen und Christen in Afrika und Asien begehen das Weihnachtsfest mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen, oft im Schutz staatlicher Sicherheitskräfte. Vor dem Hintergrund des Nahost-Krieges steige das Risiko islamistischer Anschläge, teilte das katholische Hilfswerk missio Aachen am Freitag unter Berufung auf Partnerorganisationen in Nigeria und Pakistan mit.
In Indien und Nepal sorgen derweil mögliche Aggressionen radikaler Hindus für Besorgnis. In vielen Ländern finden die eigentlichen Weihnachtsfeierlichkeiten aber erst am 25. Dezember statt.
Mit Informationen von dpa, AFP und KNA
Video: Kaum Touristen im Heiligen Land
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