Die Grünen haben sich gegen einen Vorschlag des Bundesinnenministeriums ausgesprochen, der Abschiebungen von Angehörigen krimineller Clans erleichtern könnte. Die Gewerkschaft der Polizei begrüßte den Vorstoß hingegen.
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Zur Debatte: Abschiebung nicht verurteilter Clan-Mitglieder
Ein Diskussionspapier des Ministeriums sieht vor, dass eine Ausweisung bereits möglich sein soll, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass jemand Teil einer kriminellen Vereinigung war oder ist. Dies solle auch dann gelten, wenn noch keine Verurteilung wegen einer Straftat vorliege.
Ein Ministeriumssprecher hatte am Montag erläutert, dass eine Abschiebung entsprechend einer solchen Regelung einen klaren Bezug zu kriminellen Aktivitäten voraussetze. Eine Familienzugehörigkeit zum Clan allein reiche nicht. Ein Teil der älteren Mitglieder arabischstämmiger Clans ist staatenlos und kann deswegen oft nicht abgeschoben werden. Besonders die jüngeren Mitglieder besitzen hingegen meist die deutsche Staatsangehörigkeit.
Grüne gegen "außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen"
"Die Koalition hat vereinbart, die Abschiebepraxis zu reformieren und zu effektivieren", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Die Grünen würden konkrete und belastbare Vorschläge erwarten.
"Dabei ist klar, dass außerhalb des Rechtsstaats stehende Regelungen für uns Grüne niemals zur Debatte stehen", sagte Mihalic weiter. Das gelte auch für Maßnahmen, die nicht strafrechtlich verurteilte Verwandte von Kriminellen genauso behandeln würden wie Kriminelle. Die deutsche Geschichte "mahnt uns, dass Rechtsstaatlichkeit die eigentliche Brandmauer des Rechtsstaates ist".
Gewerkschaft der Polizei begrüßt Faesers Vorstoß
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hingegen unterstützt den Vorstoß. "Die Vorschläge von Innenministerin Faeser gehen in die richtige Richtung. Wir brauchen mehr Instrumente im Kampf gegen Clan-Strukturen", sagte der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der "Rheinischen Post".
"Diese oftmals kriminellen Großfamilien dürfen dem Staat nicht länger auf der Nase herumtanzen und sich sicher fühlen können", sagte Roßkopf. "Wer keinen deutschen Pass hat und hier straffällig wird, muss künftig besser abgeschoben werden können." Der GdP-Vorsitzende forderte die Möglichkeit, Straftäter in aufnahmebereite Drittstaaten abzuschieben, wenn ihre Heimatländer sich sperren. "Familienmitglieder von Intensivtätern sollten dann gleich mit abgeschoben werden, wenn sie per Familiennachzug zum Täter nachgekommen waren und finanziell von ihm abhängig sind", so Roßkopf.
Von einer Nebelkerze hingegen sprach die Deutsche Polizeigewerkschaft. Der Vorsitzende Rainer Wendt wies darauf hin, dass es bislang nicht einmal gelinge, Menschen abzuschieben, "die hier Straftaten begangen haben". Er warf Faeser mit Blick auf die Landtagswahl in Hessen "Wahlkampfgetöse" vor.
Wahlkampfmanöver? Hessische Landtagswahl steht an
Auch Unionspolitiker stuften die Idee als ein Wahlkampfmanöver Faesers ein. Die Bundesministerin ist SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl am 8. Oktober. "Das ist nur eine Ankündigung für den Hessen-Wahlkampf. Ich glaube, in konkreter Substanz wird davon wenig übrig bleiben", sagte der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor dem Fernsehsender "Welt". Amthor wies darauf hin, dass es wegen fehlender Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern ohnehin schwierig ist, Abschiebungen durchzusetzen. Natürlich wäre es gut, da besser zu werden, aber vor allem "der Hahn der ungesteuerten Zuwanderung muss abgedreht werden", sagte er.
Eingriff in Grundrechte: Rechtsexperten skeptisch
Rechtsexperten äußerten sich skeptisch zu dem Vorschlag von Faesers Ministerium. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Innenministerium ernsthaft erwogen wird, dass Menschen allein wegen ihrer Mitgliedschaft zu einer Familie ausgewiesen werden", sagte der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis dem "Tagesspiegel". Ausweisungen müssten als Eingriff in Grundrechte "immer im Einzelfall gerechtfertigt sein".
Der Asylrechtsexperte Daniel Thym von der Universität Konstanz sagte der Zeitung, die Vorschläge grenzten an eine "Geisterdiskussion". Selbst wenn die Behörden zu dem Schluss kämen, dass ein Grund für eine Ausweisung vorliege, stünde den Betroffenen immer noch der Klageweg offen.
Mit Informationen von dpa und AFP
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