Gewerkschaften kritisieren die Pläne mehrerer Bundesländer zum Stopp von Quarantäne-Entschädigungen für Ungeimpfte. Man müsse für Impfungen werben, statt den Druck auf Ungeimpfte immer weiter zu erhöhen, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, im Deutschlandfunk.
Verdi nannte die Pläne eine "Impfpflicht durch die Hintertür": "Die Politik steht im Wort, dass Impfen freiwillig bleiben soll", sagte Verdi-Chef Frank Werneke den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Gemeinsame Linie möglich?
Mehrere Bundesländer haben angekündigt, keine Entschädigungen mehr für Verdienstausfälle von Ungeimpften zu zahlen, die in Corona-Quarantäne müssen. Sie berufen sich dabei auf einen Passus im Infektionsschutzgesetz, wonach der Anspruch auf Lohnfortzahlung entfallen kann, wenn die Quarantäne durch eine Schutzimpfung hätte vermieden werden können.
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern kommen am Mittwoch kommender Woche (22. September) zu Beratungen zusammen. Dabei soll laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine übergreifende Lösung gefunden werden.
Koalition in Bayern uneins
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wirbt für die Streichung des Entgeltersatzes für Ungeimpfte und ein gemeinsames Vorgehen der Länder. Es sei genügend Impfstoff da, betonte er in der ARD. "Jedem, dem es zumutbar ist und wo keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen, kann sich impfen lassen und damit auch die Quarantäne vermeiden."
- Zum Artikel: "Holetschek gegen Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in Quarantäne"
Allerdings gibt es in der bayerischen Koalition Widerstand von der Freien Wählern. Deren Vorsitzender Hubert Aiwanger hatte erst am Sonntag deutlich gemacht, dass er nichts von solchen Überlegungen hält. "Das ist die Einführung des Impfzwangs durch die Hintertür". Wenn die CSU in Bayern die Zahlung von Lohnersatz für Ungeimpfte streichen wolle, "werden wir uns dem energisch widersetzen".
Söder glaubt an Steigerung der Impfbereitschaft
In Rheinland-Pfalz haben Ungeimpfte von 1. Oktober an keinen Anspruch mehr auf Lohnfortzahlung, wenn sie auf behördliche Anweisung hin in Quarantäne müssen. Auch Baden-Württemberg hat diesen Schritt angekündigt. In Mecklenburg-Vorpommern werden entsprechende Pläne geprüft, die dortige Staatskanzlei bevorzugt eine bundesweite Regelung.
CSU-Chef Markus Söder betonte am Mittwoch, die drohenden Einkommenseinbußen könnten die Impfbereitschaft steigern. Er glaube, dass sowohl die Quarantäne-Auflagen als auch nicht mehr kostenlose Corona-Tests "dem einen oder anderen noch mal ein zusätzliches Argument geben", in der Frage neu zu überlegen, sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Hinzu komme ja weiterhin die wissenschaftlich-medizinische Begründung und die emanzipatorische Frage, wie viel Freiheiten Geimpfte bekämen - "nämlich alle".
Pläne bei Juristen umstritten
Unter Juristen ist der mögliche Wegfall der Lohnersatzleistung für Ungeimpfte umstritten. Der Berliner Verfassungsrechtler Christian Pestalozza sagte dem "Handelsblatt", er halte ein solches Vorgehen für machbar. Allerdings müsse Nichtgeimpften bis zur Umsetzung eine hinreichende Frist gewährt werden, sich doch noch impfen zu lassen.
Der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhardt hält dagegen einen Stopp von Quarantäne-Entschädigungen nicht generell für zulässig. Möglich wäre dies nach seiner Auffassung nur, wenn sich Ungeimpfte zudem "bewusst" an einen Corona-Hotspot begeben. Als Beispiel nannte der Jurist im "Handelsblatt" Reisen in ein Corona-Hochinzidenzgebiet.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!