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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU)

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CSU gibt der Kanzlerin wohl mehr Zeit im Asylstreit

Ein Zitat von Horst Seehofer über Angela Merkel dokumentiert den Riss zwischen beiden. Derzeit deutet aber einiges darauf hin, dass die CSU der Kanzlerin Zeit geben will, die sie für die angestrebte europäische Lösung in der Asylpolitik benötigt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Vergangenen Donnerstag gab es offensichtlich keinerlei Zurückhaltung mehr. In einer kleinen Runde mit Berliner CSU-Regierungsmitgliedern soll CSU-Parteichef Horst Seehofer über Angela Merkel gesagt haben: "Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten."

Aus CSU-Kreisen wird der Satz heute nicht bestätigt. Allerdings hieß es, man solle die Zeitungsberichte lesen, in denen der Satz vorkommt - und das kann man als indirekte Bestätigung werten. Der Streit zwischen Seehofer und Merkel hat damit nicht mehr nur eine sachliche Ebene, sondern auch eine sehr persönliche. Die beiden können offenbar nicht mehr miteinander.

Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer reicht weit zurück

Dass es so weit kommen konnte, hängt sicher mit dem seit Jahren erfolglosen Bemühen der Kanzlerin zusammen, eine europäische Lösung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu finden. Weil nichts vorwärts geht und die CSU vor einer extrem wichtigen Landtagswahl steht, will die Partei jetzt nicht mehr länger zuschauen, sondern Nägel mit Köpfen machen.

Ein weiterer Grund ist möglicherweise im Frust zu finden, den Horst Seehofer seit dem Bundestagswahl-Debakel vor sich herschiebt. Seehofer musste wegen des Wahlergebnisses sein Amt als Ministerpräsident aufgeben. Angela Merkel durfte Kanzlerin bleiben. Während der Winterklausur der CSU-Landesgruppe im Januar 2018 hatte Seehofer auf die Frage eines Journalisten, wie er es bewertet, dass Merkel im Gegensatz zu ihm unbeschadet weitermachen könne, nur sarkastisch gelacht und gemeint, das frage er sich auch.

Alte Wunden brechen wieder auf

Der persönliche Konflikt zwischen Seehofer und Merkel dürfte aber viel weiter zurückreichen. 2004 trat Seehofer von seinem damaligen Amt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurück. Der Anlass war ein heftiger Streit um die Gesundheitspolitik.

Seehofers Gegenspielerin damals hieß Angela Merkel. Beobachter werteten die Situation auch als Versuch Merkels, ihren heftigsten Widersacher auszuschalten. Möglicherweise sind die Wunden von 2004 nie verheilt und brechen jetzt wieder auf.

CSU-Linie: Inhaltliche Härte, aber Chance für Merkels europäische Lösung

Der CSU-Vorstand dürfte sich am Montag im Asylstreit voll hinter Horst Seehofer stellen. Zwar gibt es warnende und auch kritische Stimmen, die Seehofer vorwerfen, den Streit bewusst angezettelt zu haben. Warnende Stimmen kommen beispielsweise vom schon lange emeritierten Kultusminister Hans Maier und vom früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein. Maier schrieb einen Brief an die CSU Landesgruppe, in der er vor einem Bruch warnte. Beckstein sagte in einem BR-Interview, dass er einen Bruch der Union für ausgeschlossen halte.

Inhaltlich aber dürfte niemand Seehofer widersprechen. Und so ist es sehr wahrscheinlich, dass der Parteivorstand seinen Masterplan zur Asylpolitik inklusive der geplanten Zurückweisungen an der Grenze voll und ganz mitträgt. Zugleich könnte er sich dafür ausspricht, die umstrittene Anordnung erst einmal nicht umzusetzen und Angela Merkel noch eine Chance zu geben. Ein führender CSU-Politiker sagte dem BR: "Darauf wird es wohl hinauslaufen."

Will die CSU einen anderen Kanzler?

Es scheint so, als gehe es der CSU vor allem darum, Angela Merkel wegzubekommen. Laut CSU-Analysen gibt es zahlreiche konservative Wähler, die der CSU nur wegen Angela Merkel ihre Stimme verweigern. Das wäre also ein Grund, um auf eine Ablösung Merkels hinzuarbeiten, nach dem Motto: Merkel weg, Problem weg.

Doch so einfach ist es nicht, denn Merkel hat immer noch viele Anhänger, auch in der CSU-Wählerschaft. Und so heißt es heute aus dem Umfeld der bayerischen Staatsregierung: Man schätzt vielleicht den Königsmord, aber nicht die Königsmörder.

Schäuble als Schlichter

Interessant ist allerdings, ob vielleicht Wolfgang Schäuble eine Lösung des Konflikts herbeiführen könnte. Angeblich soll er ja zwischen CDU und CSU vermitteln. Doch denkbar wäre auch, dass Schäuble weit mehr auslotet: Nämlich, ob er die zerrissenen Schwestern wieder zusammenführen kann, als Kanzler, der dann zur Verfügung stünde, wenn Merkel nach erfolgloser europäischer Mission zurücktreten sollte.

Für die CSU wäre Schäuble zwar nicht der Wunschkandidat, aber vorstellbar. Und für die SPD, die man bei einer Kanzlerwahl auch noch braucht, wäre Schäuble vielleicht deswegen ein akzeptabler Vorschlag, weil der amtierende Bundestagspräsident sicher nur ein Übergangskandidat wäre und bei der nächsten Bundestagswahl wohl nicht mehr antreten würde. Ambitionen von Andrea Nahles wären also durch Schäuble nicht gefährdet.