Der Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd ist im Iran in einem umstrittenen Prozess zum Tode verurteilt worden. Ein Revolutionsgericht in Teheran macht den 67-Jährigen unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich, wie das Online-Justizportal "Misan" am Dienstag bekanntgab. Gegen das Urteil könne vor dem Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt werden, hieß es weiter.
Die Justiz macht Sharmahd für die Planung mehrerer Terroranschläge verantwortlich. Außerdem legte das Gericht ihm die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten zur Last. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Gemäß islamischer Rechtsauffassung im Iran wurde der 67-Jährige wegen "Korruption auf Erden" angeklagt.
Zum Tode Verurteilter: Familie wies Vorwürfe zurück
Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und in den Iran gebracht. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn in der Vergangenheit zurück.
Sharmahd engagierte sich in den USA in der Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Irans Justiz macht die Organisation für einen Anschlag im Jahr 2008 in einer Moschee der Stadt Shiras mit mehreren Toten verantwortlich. Drei Männer wurden deswegen bereits hingerichtet.
Sharmahd beteiligte sich als Ingenieur und IT-Experte auch an einem Radioprogramm der Exilgruppe. Auf der Webseite der Gruppe, die inzwischen zwar gelöscht ist, sich aber archiviert abrufen lässt, hieß es 2019, die Radioshow sende Inhalte zu Politik, Geschichte, aber auch Anleitungen zum Widerstand. Tondar prangerte dort die Verfolgung seiner Mitglieder durch die Islamische Republik an.
Sharmahd in Deutschland aufgewachsen, in USA ausgewandert
Unklar ist, ob Scharmahd konsularischen Beistand von der deutschen Botschaft in Teheran erhalten kann. Der Iran behandelt Doppelstaatsbürger juristisch wie Iraner. Der in Teheran geborene Sharmahd war in Deutschland aufgewachsen und 2003 in die USA ausgewandert.
Amnesty International forderte Deutschland zu entschlossenem Handeln auf. Es brauche nun öffentlichen Druck statt "stiller Diplomatie", sagte Katja Müller-Fahlbusch, Expertin für den Nahen Osten bei Amnesty International, laut einer Mitteilung. Bereits in der Vergangenheit hatte Amnesty das Verfahren als Schauprozess bezeichnet.
Baerbock: "Deutliche Reaktion" auf Todesurteil
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) drohte dem Iran nach dem Todesurteil mit Konsequenzen. "Wir fordern Iran dazu auf, diese Mängel im Berufungsverfahren abzustellen, das Urteil entsprechend zu korrigieren und von der Todesstrafe abzusehen", erklärte die Ministerin am Dienstag laut einer Stellungnahme.
Seit seiner "unter höchst fragwürdigen Umständen zustande gekommenen Festnahme" habe sich die Bundesregierung immer wieder für Sharmahd eingesetzt. "Diese intensiven Bemühungen wurden von Iran missachtet, der konsularische Zugang und auch der Zugang zu den Prozessterminen wurden uns immer wieder verweigert", so die Ministerin. "Die Verhängung der Todesstrafe gegen Herrn Sharmahd wird eine deutliche Reaktion zur Folge haben."
Baerbock bezeichnete das Urteil als "absolut inakzeptabel". Die Todesstrafe sei grausam, unmenschlich und erniedrigend. Auch habe Sharmahd zu keinem Zeitpunkt nur im Ansatz eines fairen Prozesses gehabt. Er habe keinen Zugang zu einem frei gewählten Rechtsbeistand gehabt, erklärte die Außenministerin weiter. Seine "öffentliche Zurschaustellung" sei einer Vorverurteilung gleichgekommen.
FDP-Politikerin: Weitere Sanktionen notwendig
Scharfe Kritik am Verfahren übte auch die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt (FDP). "Die Verurteilung zum Tod von Djamshid Sharmahd zeigt wieder einmal, wie grob und unmenschlich die iranische Justiz agiert. Sharmahd ist unschuldig und muss sofort freigesprochen werden", sagte Alt. "Diese inhumane Politik des Mullah-Regimes zeigt, wie dringend notwendig weitere, härtere Sanktionen gegen den Iran sind."
CDU-Chef Friedrich Merz hatte Anfang Januar angekündigt, Sharmahds politische Patenschaft zu übernehmen. "Mit meiner Patenschaft will ich ein Zeichen setzen für alle Männer und Frauen, die im Iran für ein freies, selbstbestimmtes Leben kämpfen", hieß es auf Merz' Twitter-Account. "Die Welt schaut zu, was im Iran passiert."
Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger im Iran inhaftiert, viele von ihnen besitzen auch die iranische Nationalität. Kritiker werfen dem Iran vor, ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festzusetzen. Teheran weist die Vorwürfe zurück und begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage.
Mit Informationen von dpa und AFP
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