An Selbstbewusstsein mangelt es Friedrich Merz nicht. Sein politisches Comeback inszeniert er vor drei Jahren in einer One-Man-Show. Der ehemalige Unions-Fraktionschef genießt die Aufmerksamkeit der Medien, stellt sich mit einem ironischen Zug um den Mund als "Merz, mit e" vor. Als ob die Journalisten nicht wüssten, wer dieser Mann ist, der die Politik von Angela Merkel von der Seitenlinie aus jahrelang scharf kritisiert hat.
Sein Plan, im Dezember 2018 schnell den CDU-Vorsitz und dann auch die Kanzlerkandidatur zu übernehmen, geht allerdings schief – erst muss er Annegret Kramp-Karrenbauer, dann Armin Laschet den Vortritt lassen. Merz gilt als ungeduldig. Der lange Weg bis zur CDU-Spitze wird für ihn zu einer harten Geduldsprobe.
Ein junger Wilder an der Pommesbude?
Im Jahr 2000 gibt Friedrich Merz dem "Tagesspiegel" ein denkwürdiges Interview. Als Jugendlicher habe er lange Haare gehabt, sei mit dem Motorrad durch die Stadt gerast, habe an der Pommesbude Bier getrunken. Die Schule musste er auch wechseln, wegen "unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten". Merz inszeniert sich als junger Wilder, der die Doors gehört und E-Gitarre gespielt habe.
Später erzählen ehemalige Kumpels, Merz habe nie lange Haare gehabt, in der Stadt Brilon im Sauerland habe es überhaupt keine Pommesbude am Marktplatz gegeben und ein eigenes Motorrad habe der Friedrich auch nicht gehabt. Es war wohl etwas zu viel Legendenbildung von Merz damals.
"Kein konservativer Knochen von gestern"
Das Image vom konservativen Hardliner will Merz noch heute abschütteln. In vielen Gesprächen der vergangenen Wochen betont er, die Öffentlichkeit werde noch überrascht sein von seinen Plänen. Welche das sind, verrät er nicht, nur, dass er sein Gesellschaftsbild überdacht habe. Auch von seinen erwachsenen Kindern habe er viel gelernt, er sei "kein konservativer Knochen von gestern". Dennoch trifft er Äußerungen, die daran zumindest Zweifel aufkommen lassen.
Als er beispielsweise im September 2020 gefragt wird, ob er mit einem schwulen Kanzler leben könnte – gemeint ist Jens Spahn – bejaht er wie selbstverständlich, bringt aber schon im nächsten Satz Homosexualität mit Pädophilie in Verbindung, sagt "solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft". Die Aufregung darüber kann er nicht verstehen, nennt Kritik daran "bösartig konstruiert".
Vom Einzelkämpfer zum Teamplayer
Merz hat mit mehreren Imageproblemen zu kämpfen. Er gilt als arrogant, nicht besonders teamfähig und unbeherrscht. Der millionenschwere Rechtsanwalt bezeichnet sich selbst als "gehobenen Mittelstand", mit fürsorgender Sozialpolitik hat er nicht viel am Hut. In der Coronakrise setzt er Homeoffice mit Urlaub gleich. Es führe dazu, dass zu viele Menschen zu Hause blieben und sich daran gewöhnten, "ein Leben ohne Arbeit zu führen".
Dass er auch zurückstecken und sich einfügen kann, hat Friedrich Merz dagegen im Bundestagswahlkampf bewiesen. Er übt nur leise Kritik am verunglückten Wahlkampf von Kanzlerkandidat Armin Laschet, lässt sich in dessen Kompetenzteam berufen, absolvierte dutzende Auftritte und kämpft weiter, obwohl sich die Niederlage bereits abzeichnet.
Mann der Vergangenheit für die Zukunft der CDU
Die politischen Erfolge von Friedrich Merz sind über 20 Jahre her. Seine Bierdeckel-Steuer und seine Vorstellungen von der deutschen Leitkultur sind vergessen, von manchen in der CDU auch gern. In Deutschland hat sich viel verändert, auch die Partei, die Merz nun anführen wird. In welche Richtung er die CDU verschiebt, weiß im Moment wohl nur er selbst.
Die Konservativen setzen viele Hoffnungen in ihn, der Arbeitnehmerflügel sorgt sich um Bedeutungsverlust. Und immer wieder muss Merz sich fragen lassen, ob er mit seinen 66 Jahren wirklich für Aufbruch und Erneuerung stehe. Merz hat dafür ein gutes Bild für sich selbst gewählt: "Junge Besen kehren gut, aber die alte Bürste kennt die Ecken." Und in den Ecken der CDU gibt es nun wahrlich viel zu kehren.
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