Mitarbeiter des Nationalen Forschungszentrums für angewandte Cybersicherheit ATHENE am Fraunhofer-Institut.
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Mitarbeiter des Nationalen Forschungszentrums für angewandte Cybersicherheit ATHENE am Fraunhofer-Institut sitzen an ihren Arbeitsplätzen.

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Digitale Souveränität: Wie Deutschland in Abhängigkeit gerät

Digitale Souveränität: Wie Deutschland in Abhängigkeit gerät

Deutschland ist nicht digital souverän. Damit steigen Abhängigkeiten und Angriffsflächen, so BITCOM-Präsident Wintergerst auf der Münchner Cyber Sicherheitskonferenz MCSC2025. Die neue Bundesregierung solle digitale Souveränität zum Top-Thema machen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Cyberbedrohung ist allgegenwärtig. Erst Anfang der Woche wurden die LUP-Kliniken nach einem Hackerangriff vorsorglich vom Netz getrennt. Im Januar haben sich Hacker Zugriff auf einen zentralen IT-Service des Rechenzentrums der Universität der Bundeswehr in München verschafft. Auch die IT-Systeme des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz sind gerade Opfer eines Cyberangriffs geworden, vergangenen Montag wurden deshalb die dafür vorgesehenen Notfallpläne hochgefahren.

Hackergruppen präsentieren Datenlecks

Hackergruppen stellen im Dark Web seit Anfang Januar zahlreiche Hacks auf Firmen und Infrastruktur in Deutschland zur Schau. Darunter findet BR24 auch Listen mit Zugangsdaten der BUND-ID, mit der Bürger online Verwaltungsleistungen abrufen können. Wo die Daten abgeflossen sind, kann das Bundesinnenministerium auf Anfrage nicht erklären.

Kompromittierte Zugangsdaten können kriminell verwendet werden oder Einfallstore für Sabotage und Spionage sein. Sie seien Teile der hybriden Kriegsführung, der Deutschland ausgesetzt ist, so deutsche Geheimdienste. Dabei werden Cyberangriffe gezielt mit Desinformation und wirtschaftlichem Druck kombiniert.

Schäden durch fehlende digitale Souveränität

Es sei höchste Zeit, dass Deutschland sich besser gegen Cyberangriffe und digitale Spionage wappne, so BITCOM-Präsident Ralf Wintergerst auf der Münchner Cyber Security Conference MCSC2025. "Uncertainty on the Rise", die Unsicherheiten steigen, so das Motto der internationalen Konferenz.

Der Branchenverband BITCOM hatte zuvor ermittelt, dass die deutsche Wirtschaft pro Jahr einen Schaden von über 250 Milliarden Euro durch Diebstahl, Spionage und Sabotage erleidet. Davon kämen fast 180 Milliarden über Cyber-Attacken, so Wintergerst auf der MCSC2025.

Wenn Cyberkriminelle die digitale Infrastruktur eines Unternehmens angreifen, seien die Folgen verheerend: "Wenn jemand Daten klauen kann und sie selber benutzt, wenn man Festplatten festgesetzt bekommt und nicht mehr arbeiten kann, dann sind das massivste Schäden", warnt Wintergerst. Deutschland müsse deshalb seine technologische Souveränität zurückgewinnen: "Das heißt, zu bestimmen, welche Technologie wir benutzen und wie wir sie vor allem sicher machen."

Digitale Abhängigkeiten

In einer zunehmend vernetzten Welt beeinflusst die IT fast alle Lebensbereiche. Ohne digitale Souveränität besteht die Gefahr, dass Nutzer von wenigen globalen Tech-Konzernen abhängig sind. Dies kann Datenschutzrisiken, wirtschaftliche Nachteile und eine eingeschränkte Innovationskraft mit sich bringen.

Fehlende digitale Souveränität führt auch dazu, dass persönliche und geschäftliche Daten oft auf Servern im Ausland gespeichert werden. Das erhöht zusätzlich das Risiko von Datenmissbrauch und vor Überwachung durch Drittstaaten.

Die Anfälligkeit einer Gesellschaft durch fehlende digitale Souveränität zeigt sich zudem in der Abhängigkeit von funktionsfähigen Lieferketten. Das betrifft auch Lieferungen aus China oder den USA. Unter den Unternehmen, die digitale Technologien oder Leistungen aus dem Ausland importieren, ist die große Mehrheit nur kurzzeitig überlebensfähig, sollten die Importe gestoppt werden, so das Ergebnis der BITCOM-Untersuchung.

Forderung an die neue Bundesregierung

Digitale Souveränität ist ein Schlüsselthema für die nationale Sicherheit, eine funktionierende Wirtschaft und resiliente Gesellschaft, doch aus der 2023 verabschiedeten nationalen Sicherheitsstrategie seien von 30 Punkten nur zwei umgesetzt worden, mahnt Ralf Wintergerst. Das gehe nicht, denn die Bedrohung nehme zu. Man brauche eine handlungsfähige Bundesregierung, die Dinge vorwärtsbringe. "Die neue Bundesregierung muss digitale Souveränität zum Top-Thema machen!", so Wintergerst.

Im Audio: Hybrider Krieg - Wie Putin Deutschlands Schwachstellen ausnutzt

Eine Fotomontage, auf der der russische Präsident Wladimir Putin neben fliegende Drohnen vor einer russischen Flagge zu sehen sind. Im Hintergrund sieht man eine Deutschlandkarte.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Vyacheslav Prokofyev, Uncredited; stock.adobe.com/Denis Rozhnovsky, Pawel Zelwan. Montage: BR
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Spionage-Drohnen, Cyberangriffe, Sabotage: Seit Beginn des Ukrainekriegs versucht Russland auch Deutschland mit hybriden Angriffen zu schaden.

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