Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht zu Beginn der dreitägigen Debatte über die Politik der Ampel-Koalition im Bundestag bei der Regierungsbefragung zu den Abgeordneten.
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Scholz spricht sich im Bundestag für allgemeine Impfpflicht aus

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"Es geht um unsere Körper": Scholz entdeckt die Emotion

"Es geht um unsere Körper": Scholz entdeckt die Emotion

Lange wurde er als "Scholz-o-mat" verspottet, und auch als Kanzler fiel er bisher nicht durch Gefühligkeit auf. Doch bei der Befragung im Bundestag setzt Scholz neue Akzente. Eine Analyse.

Dreimal im Jahr stellt sich der Kanzler den Fragen der Abgeordneten: vor Ostern, vor der Sommerpause und vor Weihnachten. So sehen es die Richtlinien des Bundestags vor. Olaf Scholz weicht von dieser Terminvorgabe ab, um dem Parlament gleich zum Anfang seiner Kanzlerschaft die Ehre zu erweisen, wie es in Berlin heißt. Schon das soll wohl zeigen, dass er darin mehr sieht als einen lästigen Termin im ohnehin vollen Kalender. Während der Fragestunde wird erkennbar, welche Strategie der Kanzler verfolgt: Scholz nutzt das Parlament als Bühne, um dem Image des Sprach-Roboters etwas entgegenzusetzen.

Leise Töne und ein Dankeswort

Anfangs scheint es so, als habe sich an seinem Auftreten nicht viel geändert: dunkler Anzug, leise Töne, ein Dankeswort für jede einzelne Frage – und gelegentlich dafür, dass er auf diese Weise noch einmal erläutern könne, was er eben schon gesagt habe. In den ersten Minuten scheint Scholz ganz der Alte.

Der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine bereite ihm Sorgen, alle Dialogformate müssten genutzt werden, und der deutsche Vorsitz in der Gruppe der G7-Länder falle in eine Zeit großer Herausforderungen. Auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik gibt sich Scholz noch zugeknöpft – aber das liegt in der Natur der Sache.

Scholz: "Impfpflicht ist richtig"

Doch als er nach einer allgemeinen Impfpflicht gefragt wird, setzt Scholz andere Akzente. Die Frage, ob man sich impfen lasse oder nicht, sei keine Entscheidung, die man nur für sich allein treffe, sondern auch für "80 Millionen andere". Als er das sagt, schnellt seine rechte Hand nach oben, die er sonst gerne mit der linken verschränkt – seine Spielart der Merkel-Raute. Und weiter: "Deshalb ist die Impfpflicht richtig."

  • Zum Artikel: Scholz spricht sich im Bundestag für allgemeine Impfpflicht aus

Als Abgeordneter habe er eine klare Meinung: Die geplante Impfpflicht sollte aus seiner Sicht für alle Erwachsenen gelten – also nicht nur für Ältere, wie es nach dem Vorbild von Italien auch hierzulande diskutiert wird. Außerdem sollte das Ganze möglichst "schlank" organisiert werden, ohne großen bürokratischen Aufwand.

Opposition hakt bei Gruppen-Anträgen nach

Wenn aber wirklich soviel für eine allgemeine Impfpflicht spricht, stellt sich die Frage, warum das Regierungsbündnis dann nicht geschlossen einen Vorschlag für ein solches Gesetz macht. Die Regierung plant ja keinen eigenen Gesetzentwurf – stattdessen ist geplant, dass sich Abgeordnete fraktionsübergreifend in Gruppen zusammenschließen. Für Scholz ist das eine offene Flanke, und die Opposition greift sie bei der Fragestunde gerne auf. Doch der Kanzler versucht, aus der Not eines uneinheitlichen Meinungsbildes in den eigenen Reihen eine staatspolitische Tugend zu machen.

Scholz zu Impfpflicht: "Es geht um unsere Körper"

Es gebe Fragen von so grundlegender Bedeutung, dass es der Sache diene, einen anderen Weg als den der Fraktionsdisziplin zu gehen. Der Bundestag solle die Regelung in einer "offenen Debatte" erarbeiten – auch, weil ein solches Vorgehen zur "Befriedung der politischen Diskussion" beitrage. Eine allgemeine Impfpflicht würde – anders als die bereits beschlossene Regelung für Pflegeberufe – schließlich alle in der Gesellschaft treffen.

Und dann sagt er einen Satz, den man ihm nicht unbedingt zugetraut hätte: "Wenn wir eine Impfpflicht festsetzen, geht es um unsere Körper." Es hat den Anschein, als will sich Scholz auch verbal von der Sachlichkeit seiner Vorgängerin absetzen – ein Stück weit wenigstens.

Kritik an AfD-Position

Eine weitere Gelegenheit dazu bietet ihm die Frage aus den Reihen der AfD nach Erkenntnissen über "schwere Nebenwirkungen" der Corona-Impfung. Da weicht der Kanzler doch einmal vom bloßen Dankeschön für die Frage als solche ab, um klarzustellen, dass er die dahinter vermutete Absicht missbilligt: "Sie verwirren die Bürgerinnen und Bürger!" Aber damit habe die AfD keinen Erfolg. Das Land stehe zusammen – und eine klare Mehrheit hinter der Impfkampagne.

Am Ende der Fragestunde ist klar: Ob aus dem Kanzler ein wirklich mitreißender Redner wird, ist fraglich. Aber Scholz scheint die Kritik an seinen zuweilen als ermüdend empfundenen Auftritten ernstzunehmen. Für die Debattenkultur im Parlament kann das ein Gewinn sein - der Anfang ist gemacht.

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