Ein Lieferkettengesetz soll für bessere Arbeitsbedingungen sorgen
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EU-Lieferkettengesetz: Konsum mit besserem Gewissen?

EU-Lieferkettengesetz: Konsum mit besserem Gewissen?

Deutschland hat es schon, jetzt zieht die EU nach – mit einem Gesetz, das weltweit für bessere Arbeitsbedingungen sorgen soll. Einigen hat das aber viel zu lange gedauert.

Rana Plaza hat die Welt aufgerüttelt: Vor knapp neun Jahren, am 24. April 2013, stürzte das achtstöckige Fabrikgebäude in der Nähe von Bangladeschs Hauptstadt Dhaka ein. 1.135 Menschen wurden getötet, Tausende verletzt – die meisten Opfer waren Textilarbeiterinnen. Der fürchterliche Unfall hat drastisch gezeigt, unter welchen Umständen in manchen Billiglohnländern Ware gefertigt wird.

Damit will die EU jetzt Schluss machen. Man könne zwar Systeme in anderen Ländern nicht verändern, sagt der Europaabgeordnete Bernd Lange (SPD), "aber man kann den Spielraum nutzen, um Risiken zu minimieren, vernünftig Lohn zu zahlen, Umweltverschmutzung zu mindern – das kann man garantieren als Unternehmen. Da brauchen wir in der Tat den europäischen Ansatz." Das Ziel: weltweite Lieferketten robust und fair gestalten und dabei innerhalb der EU für Wettbewerbsgleichheit sorgen.

Menschenrechte im Blick

Bis ein T-Shirt in der Europäischen Union in den Laden kommt, hat es nach Angaben des Bundesentwicklungsministeriums 18.000 Kilometer zurückgelegt. 80 Prozent des Welthandels gründen auf weltumspannenden Wertschöpfungsketten. Sie bilden die Existenzgrundlage für mehr als 450 Millionen Menschen. Aber oft leiden diejenigen am Anfang der Lieferkette, die für Europa Kleidung oder Nahrungsmittel herstellen, unter schlechten Arbeitsbedingungen.

In vielen Ländern müssen auch Kinder schuften: Ihre Zahl ist nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation ILO auf 160 Millionen gestiegen. Künftig sollen Unternehmen Menschenrechte und Umwelt im Blick behalten und Produkte ächten, die aus Zwangs- oder Kinderarbeit stammen. Firmen im EU-Binnenmarkt müssten dann auch ihre Zulieferer und Geschäftspartner entsprechend überprüfen – also im Fall des eingeführten T-Shirts den Hersteller am anderen Ende der Welt.

Nach dem Willen des EU-Parlaments sollen Betriebe haften, wenn sie dagegen verstoßen. Der Christdemokrat Dennis Radtke warnt allerdings davor, "jeden kleinen Bäckermeister mit Dokumentationspflichten" zu belasten. Radtke betont: "Ja, Unternehmen müssen haften, aber bitte nur für das, wofür sie in der gesamten Kette auch die Verantwortung haben."

Deutschland geht voran – und muss nachbessern

Strengere Gesetze zahlen sich nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation sogar aus: Wo Arbeitnehmerrechte geschützt und Arbeitsbedingungen verbessert werden, steigt nach ILO-Angaben die Produktivität. Nach Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien hat im vergangenen Sommer auch Deutschland ein Lieferkettengesetz beschlossen.

Es gilt ab dem kommenden Jahr zunächst nur für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten. Sie müssen gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße bei ihren Zulieferern vorgehen. Sonst drohen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des jährlichen Umsatzes. Bis Ende des Monats will die EU-Kommission den Entwurf für das europäische Lieferkettengesetz vorlegen. Es könnte strenger ausfallen als das deutsche, mehr Firmen umfassen und auch Umweltverstöße schärfer ahnden.

Die Vorsitzende des Binnenmarkt-Ausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne), betont: "Europarecht schlägt nationales Recht und wenn ein europäisches Lieferkettengesetz weitreichender ist als das deutsche, was ich sehr hoffe, dann muss das deutsche entsprechend angepasst werden." Es würde also nur solange gelten, bis sich EU-Parlament und Mitgliedsstaaten auf die europäische Regelung verständigt haben und diese umgesetzt ist. Das könnte 2026 der Fall sein.

Unternehmen machen Druck

Mehr als 100 Unternehmen, Investoren und Wirtschaftsverbände haben in einer gemeinsamen Erklärung die EU aufgefordert, endlich einen Entwurf vorzulegen, der Unternehmen in die Pflicht und in Haftung nimmt für Waren, die sie verkaufen. Den Aufruf haben unter anderem die Firmen Danone, Ericsson, Hapag-Lloyd, Ikea und Vaude unterzeichnet.

Schließlich hat die Kommission die Veröffentlichung der entsprechenden Vorlage schon zweimal verschoben. Auch Europaabgeordnete wie die Grüne Cavazzini oder der Sozialdemokrat Lange sind mit ihrer Geduld am Ende. Schließlich haben sie nach Langes Worten Großes vor: "Wir wollen ähnlich wie bei der Chemikaliengesetzgebung Reach oder bei der Datenschutz-Grundverordnung mit europäischen Standards letztendlich globale Standards schaffen."

Dafür wird sich die EU nach Darstellung des SPD-Politikers in der Welthandelsorganisation WTO einsetzen und sie sei dabei nicht alleine: Die US-Regierung, sagt Lange, habe das Thema längst ganz oben auf der Tagesordnung.

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