Deutlich weniger Pestizide in der Landwirtschaft – dieses Vorhaben der EU-Kommission ist im Europaparlament gescheitert. Bei einer Abstimmung am Mittwoch sprach sich eine Mehrheit der Abgeordneten gegen die geplante Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) aus.
Enttäuschung bei Naturschützern
Bei Naturschützern in Bayern ist die Enttäuschung groß. Laut Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) wäre eine verbindliche Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ein wichtiger Schritt gewesen, um das Artensterben aufzuhalten. "Wir sind tief enttäuscht über die Entscheidung des EU-Parlaments", so LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer in einer schriftlichen Stellungnahme.
Auch der Bund Naturschutz äußert sich ernüchtert über das geplatzte Vorhaben. Mit der Verordnung wäre ein Instrument geschaffen worden, um den Pestizideinsatz überhaupt zu erfassen und ein Monitoring zu etablieren. "Genau das fehlt in Bayern, um mit der Pestizidreduktion überhaupt messbar voranzukommen", so Agrarreferentin Christine Hertrich. Pestizide können die Artenvielfalt gefährden, wenn sie zum Beispiel über Abschwemmungen in Gewässer gelangen.
Erleichterung bei Landwirten
Bei vielen Landwirten hingegen ist die Erleichterung groß. Bauernpräsident Günther Felßner äußerte in einem Statement: "Weil wir sichere Ernten in Europa brauchen, wäre es fachlich falsch gewesen, Pflanzenschutzmittel zu verbieten. Deswegen ist heute ein guter Tag für die Menschen in Europa, für die Landwirtschaft, für die Bäuerinnen und Bauern, aber auch für die Nachhaltigkeit, den Klima- und Umweltschutz und die Ernährungssicherung." Er betonte, dass die bayerischen Landwirte zum Green Deal in Europa stünden – also zum Vorhaben, die europäische Landwirtschaft naturverträglicher zu gestalten.
Auch den Fränkischen Weinbauernverband beruhigt die Entscheidung des Europaparlaments. "Die Entscheidung des EU-Parlaments sorgt natürlich für eine gewisse Erleichterung bei den Winzern, da nach den vielen verschiedenen Vorschlägen offen war, wie es ausgeht und was genau auf sie zukommt", so Geschäftsführer Hermann Schmitt. Man fühle sich in der Absicht einer freiwilligen Reduktion von Pflanzenschutzmitteln bestärkt. "Es werden heute bereits mehr als die Hälfte der fränkischen Weinberge Herbizid-frei und circa 20 Prozent ökologisch bewirtschaftet", sagt Schmitt.
Bayerische Staatsregierung will Pestizideinsatz halbieren
Mit der Entscheidung erteilte das EU-Parlament einem Vorschlag aus der Kommission eine Absage, der vorsah, den Einsatz von Pestiziden bis zum Jahr 2030 um mindestens 50 Prozent zu reduzieren. In sensiblen Gebieten sollten chemische Pestizide sogar komplett verboten werden. Damit sollte unter anderem gegen das Artensterben vorgegangen werden. Dass das Gesetz doch noch kommen wird, gilt als unwahrscheinlich. Die bayerische Staatsregierung unter Söder hatte sich im Zuge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" allerdings das Ziel gesetzt, den Pestizideinsatz in Bayern bereits bis 2028 zu halbieren. Genauere Pläne gibt es hierzu aber noch nicht.
Der LBV gehe fest davon aus, dass die bayerische Regierung an dem Beschluss festhalte, so Vorsitzender Norbert Schäffer. Laut Bund Naturschutz werde es aber nach der Ablehnung durch das EU-Parlament nun noch schwieriger, die Pestizidreduktion in Bayern umzusetzen. "Die bayerische Staatsregierung kann jetzt auf Europa verweisen und sagen, dass es die bayerischen Bauern ja nicht schwerer haben dürfen als die anderen", so Agrarreferentin Christine Hertrich in ihrer Stellungnahme.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!