Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA zwischen Donald Trump und Joe Biden geht in die heiße Phase. Am 3. November stimmen die US-Amerikaner ab, ob Trump eine zweite Amtszeit bekommt oder Biden - mit dann 78 Jahren - zum bisher ältesten Präsidenten der US-Geschichte wird.
Aber neben dem Kampf ums Weiße Haus stehen noch weitere Abstimmungen an. Wer gewählt wird, wer wählen darf, worauf es besonders ankommt und ob Kanye West wirklich zur Abstimmung steht, erfahren Sie in diesen FAQ.
- Aktuelle Entwicklungen und Hintergründe zur US-Wahl finden Sie hier
Wer wird in den USA gewählt?
Alle vier Jahre wird in den USA der Präsident gewählt. Neben der Präsidentenwahl stehen weitere Entscheidungen an: Das komplette Repräsentantenhaus wird neu gewählt – 435 Sitze werden dort vergeben. Alle zwei Jahre gibt es hier eine Abstimmung, zuletzt 2018 bei den sogenannten Midterm-Elections.
Außerdem gibt es Rennen um Senatsposten: Alle zwei Jahre wird dort ein Drittel der 100 Senatssitze vergeben. Im Repräsentantenhaus haben aktuell die Demokraten die Mehrheit, im Senat die Republikaner. Dazu gibt es auch noch lokale und regionale Abstimmungen wie beispielsweise Gouverneurswahlen in einzelnen Staaten.
Wann findet die US-Wahl statt?
Die Wahl findet in den USA am Dienstag, den 3. November 2020, statt. Schon jetzt kann aber in einigen Staaten per Briefwahl abgestimmt werden.
Wann wird es Ergebnisse geben?
Aufgrund der Pandemie-bedingt hohen Zahl an Briefwahlstimmen könnten die Auszählung mancherorts deutlich länger dauern als sonst üblich. Unter Umständen wird es am Wahlabend noch kein Endergebnis geben, eventuell sogar erst nach Tagen oder Wochen.
2016 wurde Donald Trump gegen 8:30 Uhr deutscher Zeit am Mittwoch, den 9. November, von der "Associated Press" zum Gewinner der Wahl ausgerufen.
Für 2020 kann man von vier Szenarien ausgehen: Ein klarer Biden- oder Trump-Sieg könnten ein Ergebnis zwischen 5 und 9 Uhr deutscher Zeit bringen. Verzögerungen durch die Auszählung der Briefwahlstimmen könnte das Resultat um mehrere Stunden oder Tage verzögern. Und sollte Trump eine eventuelle Niederlage nicht anerkennen, droht dem Land eine lange und heftige politische und juristische Auseinandersetzung.
Wer sind die Präsidentschafts-Kandidaten der großen Parteien?
Für die Republikaner tritt Amtsinhaber Donald Trump an, die Demokraten schicken den ehemaligen Vize-Präsidenten Joe Biden ins Rennen.
Wer sind die "Running Mates"?
Als "Running Mates" bezeichnet man die Vize-Präsidentschaftskandidaten. Trump hat wie schon 2016 Mike Pence als Vize auf seinem Ticket. Biden hat Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornien, als seine Vize-Kandidatin nominiert.
Was wollen die Kandidaten?
Trump präsentiert sich innenpolitisch als Law-and-Order-Kandidat, der hart gegen Proteste durchgreifen will, die nach der Tötung des Schwarzen George Floyd im ganzen Land aufkamen. Zudem will er durch die Nominierung von Richterin Amy Coney Barrett die konservative Mehrheit im Supreme Court, dem höchsten Gericht in den USA, festigen. Außenpolitisch will er seinen konfliktreichen Kurs in Handelsfragen und Sicherheitspolitik fortsetzen.
Joe Biden verspricht vor allem eine Rückkehr zu der Politik, die unter Präsident Barack Obama von 2008 bis 2016 herrschte. Er positioniert sich im Wahlkampf als die verlässliche Alternative zu Trump und will "Anstand zurück ins Weiße Haus" bringen. Außenpolitisch würde sich vor allem der Ton im Umgang mit den US-amerikanischen Verbündeten ändern.
Das wohl wichtigste Thema im Wahlkampf ist die Corona-Pandemie. Die USA haben über 200.000 Tote und knapp acht Millionen Infizierte zu beklagen. Die Demokraten werfen Trump Versagen bei der Bewältigung der Krise vor.
Wer darf wählen?
Alle US-Bürger, die älter als 18 Jahre und nicht vorbestraft sind. In manchen Staaten gibt es die Ausnahmeregelung, dass man schon mit 17 Jahren wählen darf. Zudem gibt es Staaten, in denen man bestimmte Voraussetzung erfüllen muss, um an der Wahl teilzunehmen. Wie und wann verurteilte Verbrecher ihr Wahlrecht zurückerhalten, ist ebenfalls von Staat zu Staat verschieden. Im Gegensatz zu Deutschland muss man in den USA als Wähler registriert sein, um an der Wahl teilzunehmen.
Um das Wahlrecht gibt es auch eine politische Debatte in den USA: Den Republikanern wird häufig vorgeworfen, dass sie Minderheiten von der Wahlurne fernhalten wollen, indem sie zusätzliche Identifikations-Dokumente wie Personalausweise oder Führerscheine als Bedingung zur Stimmabgabe in einigen Staaten einfordern. Besonders in der schwarzen und hispanischen Bevölkerung haben viele diese Dokumente nicht – zwei Gruppen, die mit großer Mehrheit für die Demokraten stimmen.
Könnte die US-Wahl noch verschoben werden?
Sehr unwahrscheinlich. Trump hatte eine Verschiebung der Wahl ins Spiel gebracht. Als Grund nannte er mögliche Manipulationen durch die Briefwahl. Auch wegen seiner Covid-Erkrankung wurde über eine Verschiebung debattiert. Für eine Verschiebung müsste der Kongress ein entsprechendes Gesetz verabschieden, was wegen der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus als unvorstellbar gilt. Selbst der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hat eine Verschiebung der Wahl ausgeschlossen.
Was ist das "Electoral College"?
Als "Electoral College" bezeichnet man das Gremium an Wahlmännern, das den Präsidenten wählt. Die insgesamt 538 Wahlmänner werden wiederum von den einzelnen Staaten bestimmt. Die Zahl des jeweiligen Staates entspricht den Abgeordneten im Kongress und ist damit auch abhängig von der Bevölkerungszahl – Kalifornien hat beispielsweise 55 Wahlmänner, Vermont nur drei. Für eine Mehrheit braucht ein Kandidat 270 der 538 Wahlmännerstimmen.
In 48 der 50 Staaten gilt das "Winner-Takes-It-All"-Prinzip. Das heißt, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen in dem jeweiligen Staat alle Wahlmänner-Stimmen erhält. Ausnahmen sind Maine und Nebraska: Hier werden neben eben zwei Wahlleuten, die auf dem Gesamtergebnis des Staates basieren, zwei (Maine), beziehungsweise drei (Nebraska) weitere Wahlpersonen auf Basis der Ergebnisse in einzelnen Wahlbezirken bestimmt.
Das System hat zur Folge, dass ein Kandidat verlieren kann, obwohl er landesweit die meisten Stimmen erhält. Das ist Al Gore im Jahr 2000 gegen George W. Bush passiert, genauso wie Hillary Clinton bei der letzten Präsidentschaftswahl. Clinton holte in der "Popular Vote", also der Summe der Stimmen im ganzen Land, fast drei Millionen Stimmen mehr als Trump – und verlor.
Auf welche Staaten kommt es besonders an?
Es gibt zahlreiche Staaten, die seit Jahrzehnten fest in der Hand der einen oder anderen Partei sind. Kalifornien geht beispielsweise traditionell an die Demokraten, Texas an die Republikaner. Die Parteien haben ihren Fokus deswegen auf Staaten, die in der Vergangenheit mal demokratisch, mal republikanisch abgestimmt haben. Zu diesen sogenannten "Swing-" oder "Battleground States" gehören unter anderem Michigan, Pennsylvania, Wisconsin, Arizona, North Carolina und Florida.
Warum ist die Briefwahl ein so kontroverses Thema in den USA?
Trump hat das Wählen per Brief wiederholt als Einfallstor für Manipulationen gebrandmarkt. Beweise für diese Behauptung gibt es nicht, zumal einige – darunter auch traditionell republikanisch wählende – Staaten seit Jahrzehnten ausschließlich per Briefwahl abstimmen lassen. Trump wird vorgeworfen, die Briefwahl nur zu kritisieren, weil er glaube, dass sie den Demokraten mehr Stimmen bringen werde.
Wie ist die Briefwahl in den USA organisiert?
Auch das ist wieder von Staat zu Staat unterschiedlich. In neun Staaten werden die Briefunterlagen direkt an die Wähler geschickt. In weiteren 34 Staaten muss man beantragen, per Brief abstimmen zu dürfen. In neun dieser 34 wird das Antragsformular automatisch verschickt, in 25 muss es gesondert beantragt werden. Und dann gibt es noch neun weitere Staaten – darunter Texas und New York-, in denen man über das Coronavirus hinaus noch eine weitere Begründung braucht, warum man per Brief wählen will. Es gibt also in allen Staaten die Briefwahl, nur manche machen die Möglichkeit zugänglicher als andere.
Wie hoch ist die Wahlbeteiligung in den USA?
Die Wahlbeteiligung in den USA ist verglichen mit anderen westlichen Demokratien niedrig. Über die letzten Jahrzehnte ging in der Regel immer nur etwas mehr als Hälfte der Wahlberechtigten zur Stimmabgabe. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 55,5 Prozent. Zum Vergleich: Bei der letzten Bundestagswahl lag die Wahlbeteiligung bei 76,2 Prozent.
Wie läuft das Prozedere nach der Wahl ab?
In der Theorie ist am Wahlabend klar, wer die Abstimmung gewonnen hat. Der Verlierer gratuliert dem Gewinner. Sollte Joe Biden gewinnen, ist er der "President-elect" bis zu seiner offiziellen Amtseinführung am 20. Januar 2021. Donald Trump würde bis zu diesem Termin die Amtsgeschäfte weiterführen. Der besondere Zweikampf Trump-Biden und die Debatte um die Briefwahl könnten dieses Jahr allerdings zu außergewöhnlichen Umständen führen, da Trump angekündigt hat, das Wahlergebnis nicht in jedem Fall zu akzeptieren.
Warum wählen die US-Amerikaner im November und warum an einem Dienstag?
Beides blickt auf eine ganz lange Tradition und geht auf Entscheidungen des Kongresses zurück. Im November wird seit 1792 gewählt, weil es für die damals agrarisch geprägte Gesellschaft die Zeit war, in der die Ernte bereits eingefahren und das kalte Winterwetter noch nicht da war. 1845 hat der Kongress beschlossen, dass der Wahltag auf den Dienstag nach dem ersten Montag im November festgelegt wird. Auch das geht auf die Bedürfnisse der Farmer zurück: Sie brauchten einen Tag, um zum Bezirksverwaltungssitz zu kommen, einen Tag zum Wählen und einen Tag, um wieder nach Hause zu fahren.
Treten neben Trump und Biden noch weitere an?
Ja. Es gibt auch zahlreiche Kandidaten von Drittparteien. Bei der letzten Wahl waren die Kandidaten der Libertären (Gary Johnson, 3,3 %) und Grünen (Jill Stein, 1,1%) noch die mit den meisten Stimmen der kleinen Parteien. In der Regel sind Drittparteien-Kandidaten chancenlos. Allerdings spielen sie eine Rolle: Hillary Clinton verlor Pennsylvania 2016 beispielsweise mit rund 40.000 Stimmen gegen Trump – Johnson und Stein holten in dem Staat zusammen fast 200.000. Bis heute wird dem Grünen Kandidaten Ralph Nader vorgeworfen, durch seine Kandidatur für die Niederlage von Al Gore gegen George W. Bush 2000 mitverantwortlich zu sein.
Der letzte Drittkandidat mit einem großen Stimmenanteil war Ross Perot. Der Unternehmer holte bei der Präsidentschaftswahl 1992 19,8 Prozent. Bei dieser Wahl setzte sich der Demokrat Bill Clinton gegen Amtsinhaber George Bush Sr. durch.
Kanye West tritt wirklich an?
Ja, Rapper Kanye West tritt als Präsidentschaftskandidat an. Er steht allerdings nur in wenigen Staaten auf dem Wahlzettel. Wahlkampf hat er nicht wirklich betrieben, Merchandise zu seiner Kandidatur gibt es aber zahlreich zu kaufen. Bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen kommt es immer wieder zu kuriosen Bewerbungen: 2016 trat unter anderem Joseph Allen Maldonado-Passage an, besser bekannt als "Joe Exotic". Der Betreiber eines Privatzoos für Großkatzen wurde durch die Netflix-Serie "Tiger King" weltberühmt.
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