Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte, dass 2017 insgesamt 5,6 Prozent weniger Flüchtlinge abgeschoben worden sind als 2016 - und zwar insgesamt 23.966 Menschen. Vor zwei Wochen hatte das Bundesinnenministerium noch von etwa 26.000 Abschiebungen für das Jahr 2017 gesprochen. Dies sei eine vorläufige Zahl gewesen, sagte der Sprecher.
Zahl der Abschiebungen ein "beachtlicher Erfolg"
Der Ministeriumssprecher begründete den Rückgang mit einem Sondereffekt: 2016 seien noch viele Flüchtlinge in Balkan-Staaten zurückgebracht worden. Abschiebungen nach Afghanistan sind, wegen der Sicherheitslage dort, deutlich schwieriger. Daher sei es ein "beachtlicher Erfolg", dass 2017 eine ähnlich hohe Zahl von Abschiebungen erreicht worden sei.
Weniger Abschiebungen als geplant
Eigentlich wollte die Bundesregierung wie auch Bayern mehr Menschen abschieben. Dass es weniger Abschiebungen gab als geplant, liegt nicht an der Bundesregierung und der Staatsregierung, wie der bayerische Innnenminister Joachim Herrmann (CSU) im BR-Interview betonte.
"Wir haben nach wie vor erhebliche Probleme bei einer Reihe von afrikanischen Staaten, die nicht kooperieren und nicht die entsprechenden Pass-Ersatzpapiere zur Verfügung stellen. Wir haben es mit vielen Flüchtlingen zu tun, die sich weigern an ihrer Identitätsklärung mitzuwirken." Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister im BR
Außerdem, so Herrmann, gebe es Länder, in die nicht abgeschoben werden könne. Und es gebe Länder wie Afghanistan, in die nur wenige abgeschoben werden können: "Da dürfen wir Straftäter und solche Leute, die gefährlich sind abschieben, aber eben nicht die Übrigen."
Abschiebungen und freiwillige Ausreisen in Bayern
Im vergangen Jahr hat der Freistaat laut dem Bayerischen Innenministerium insgesamt 3.282 Personen abgeschoben, freiwillig ausgereist sind mindestens 13.100 Personen. Im Jahr 2016 haben etwas weniger Personen - freiwillig oder unfreiwillig - Bayern verlassen und zwar ca. 500 weniger, wie aus Zahlen des Ministeriums hervorgeht.
Aus Bayern besonders viele Abschiebungen nach Afghanistan
Allerdings hat Bayern 2017 überproportional viele Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben: 56 der bundesweit 121 abgeschobenen Flüchtlinge kamen aus Bayern.
"Bayern fährt hier einfach eine ganz harte Linie und hat vor allen Dingen diese Kategorie der sogenannten hartnäckigen Identitätsverweigerer ausgeweitet, so dass ganz viele der aus Bayern abgeschobenen Flüchtlinge unter diese Kategorie fallen."Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat
Innenminister Herrmann betonte, die 56 Personen, die nach Afghanistan abgeschoben worden sind, seien Straftäter gewesen.
"Wir stehen dazu, dass jemand, der kein Recht hat, hier zu bleiben, auch unser Land verlassen muss. Wir helfen denen, die dableiben dürfen, aber die anderen müssen wieder gehen." Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister
Flüchtlingsrat: Gerichte spielen oft nicht mit
Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat wertet es im BR-Interview als positiv, dass insgesamt weniger Flüchtlinge abgeschoben werden, als die Regierungen möchten.
"Es ist ein gutes Zeichen, dass in vielen Fällen auch Gerichte inzwischen sagen: Abschiebungen sind, so wie die Behörden sie durchführen wollen, häufig nicht rechtmäßig. Und das werten wir als gutes Zeichen, weil die Ausländerbehörden gerade in Bayern eine sehr einseitige Politik fahren." Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat
Bayern hat laut Dünnwald sehr große Anstrengungen unternommen, um Abschiebungen durchzusetzen.
"In Bayern gibt es eine fast 1.000 Personen starke zentrale Ausländerbehörde, die eigentlich nichts anderes macht, als Abschiebungen durchzusetzen." Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat
Dass trotz der Anstrengungen Bayerns, Abschiebungen von Gerichten immer wieder gestoppt werden, wertet Dünnwald als positiv. Abschiebungen nach Afghanistan hält der Flüchtlingsrat grundsätzlich für falsch - wegen der unsicheren Lage im Land. Die Haltung der Staatsregierung kritisiert Dünnwald. Abschiebungen sind aus Sicht des Flüchtlingsrats keine "vernünftige" Flüchtlingspolitik.