Die gemeinsame Grenze von Kasachstan mit Russland verläuft über 7.000 Kilometer. Nicht nur wegen der geographischen Lage ist die ehemalige Sowjetrepublik nah dran an Russland, es gibt geschichtliche, politische, wirtschaftliche und religiöse Verzahnungen. Wenn nun Papst Franziskus zum ersten Mal nach Kasachstan zum Weltkongress der Religionen reist, dann setze er damit ein Signal, davon ist der Jesuit und Experte für interreligiösen Dialog, Felix Körner, überzeugt.
"Verantwortliche sprechen über Versöhnung"
"So nah bei Putin sein zu können, da ein Zeichen aussetzen zu können - Verantwortliche von Religionsgemeinschaften treffen sich und sprechen über Versöhnung - das ist auch dieses politische Zeichen", so Körner. "Und nicht nur die Frage, treffe ich jetzt den Patriarchen oder nicht."
Kyrill I., der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, gilt als Hoftheologe von Putin. Immer wieder hatte er dessen Überfall auf die Ukraine gerechtfertigt, seine Kreml-treue Linie sorgt für Entsetzen. Ein Treffen mit dem Papst, so ließ er verlautbaren, könne nicht am Rande einer anderen Veranstaltung stattfinden. Ohnehin hatte der Moskauer Patriarch seine Teilnahme an dem Weltkongress der Religionen im August kurzfristig abgesagt.
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Bei seinem Flug von Rom nach Kasachstan überflog Franziskus am Dienstag auch den russischen Luftraum. Auch sandte der Papst keines der bei Überflügen üblichen Gruß-Telegramme an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Staatsoberhäupter der von der Papstmaschine überflogenen Staaten, darunter die Präsidenten der Türkei, Georgiens und Aserbaidschans, erhielten hingegen die traditionellen Grüße und Friedenswünsche des Kirchenoberhaupts.
Franziskus spricht von "Pilgerreise des Friedens"
Im Vorfeld seiner Reise sprach Franziskus beim seinem sonntäglichen Angelus-Gebut von eine Pilgerreise des Friedens, als solche er seine Reise nach Kasachstan verstehe. "Es ist eine Gelegenheit, viele religiöse Vertreter zu treffen und als Brüder miteinander zu reden, die alle den gemeinsamen Wunsch nach Frieden hegen - dem Frieden, nach dem unsere Welt dürstet", sagte Papst Franziskus.
100 Delegationen aus 50 Ländern werden in die Hauptstadt Nur-Sultan kommen. Es sind muslimische Gemeinschaften dabei, jüdische, zahlreiche kleinere. Auch Ahmed al-Tayyeb, der Großimam der Al-Azhar-Moschee, ist angekündigt, mit dem Franziskus 2019 in Abu Dhabi eine historische Erklärung zur Geschwisterlichkeit unterzeichnet hatte.
Gespräche unter vier Augen sind am wichtigsten, so Körner. Der Großimam und der Papst etwa könnten sich gegenseitig ermutigen. "Wir sind auf einer Wegstrecke der Religionsreform, wo wir uns anders aufstellen wollen", sagte Körner. "Nicht mehr gegeneinander, nicht mehr hintereinander hertrotten. Sondern wir sind miteinander unterwegs, wir interessieren uns füreinander."
Verzweifelte Suche nach Frieden
Doch das gemeinsame Ziel des Weltfriedens ist entfernter denn je, Franziskus selbst spricht vom Dritten Weltkrieg. So wird auch diese Papstreise vom Wunsch nach Dialog bestimmt, ja von der verzweifelten Suche nach Frieden. Der Papst wird in Nur-Sultan auch eine Messe feiern und mit Mitgliedern der katholischen Kirche zusammenkommen. Nur ein Prozent der knapp 19 Millionen Einwohner sind katholisch, seit der Unabhängigkeit 1991 sind viele Katholiken wieder in ihre Herkunftsländer wie Deutschland oder Polen gezogen.
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Das, so meint Thomas Schwartz, der Hauptgeschäftsführer des Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, stelle die Kirche vor neue Herausforderungen. Früher, in der Zeit des Kommunismus, habe man in den Familien ein sehr traditionelles Christentum gelebt.
"Dann kamen sehr viele ausländische Priester, die dort versucht haben, Seelsorge aufzubauen, in ein sehr traditionelles Umfeld", sagte Schwartz. "Und jetzt, wo im Grunde neue Menschen auch nach Kasachstan ziehen - es gibt Koreaner, Chinesen, es gibt auch einige indische Einwanderer, die einen großen Hunger nach Spiritualität und Religiosität haben. Und das ist eine Chance, aber auch eine Herausforderung."
Papst hat "keine Nachricht" zu Treffen mit Chinas Präsidenten
Flankiert wurde die Reise des Papstes auch mit Spekulationen darüber, ob Franziskus den chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Nur-Sultan treffen würde, der sich - wenn auch aus anderen Gründen - zeitgleich in Kasachstan aufhält. Bedeutsam wäre das deshalb, weil der Heilige Stuhl und China kurz vor der Verlängerung eines geheimen Abkommens über Bischofsweihen in dem kommunistisch regierten Land stehen. Offizielle Beziehungen zwischen dem Vatikan und Peking bestehen jedoch nicht.
Darauf angesprochen, sagte Franziskus bei seinem Flug nach Kasachstan, er habe "keine Nachricht" über ein mögliches Treffen mit Xi Jinping in Nur-Sultan. Wohl aber sei er jederzeit bereit, in die Volksrepublik zu reisen.
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