"Wir wären gestern fast gestorben", sagt eine Frau, die nach der Rettung aus ihrem überschwemmten Haus in einem Rettungsboot sitzt. Eine andere berichtet, sie habe die Leiche der Nachbarin im Wasser schwimmen sehen. Und eine 104-Jährige erzählt im Fernsehsender ERTnews: "Ich habe Kriege und Hungersnot erlebt, aber so etwas noch nie." In der Region Thessalien etwa 300 Kilometer nördlich von Athen spielen sich nach wie vor dramatische Szenen ab.
Während Feuerwehr und Armee mit Hubschraubern und Booten nach wie vor Menschen retten, die von den Wassermassen eingeschlossen sind, werden gleichzeitig immer mehr Leichen geborgen. Nach Regierungsangaben ist die Zahl der Todesopfer mittlerweile auf zehn gestiegen. Vier Menschen werden noch vermisst.
Menschen am Ende ihrer Kräfte
In Thessalien hat es mehr als drei Tage durchgeregnet – mit überdurchschnittlichen Regenmengen. In einigen Dörfern stand das Wasser zwei Meter hoch. Viele Häuser sind überflutet, andere stürzten in sich zusammen. Brücken brachen ein, Dämme hielten nicht mehr. Straßen sind unpassierbar. Laut einem Feuerwehrmann hat Sturmtief "Daniel" die Ebene von Thessalien in einen "riesigen See verwandelt".
Noch immer sitzen Menschen auf den Dächern ihrer Häuser fest. Viele Gerettete sind am Ende ihrer Kräfte. Manche hatten tagelang nichts gegessen und kaum getrunken. Für zwei Gebiete nördlich der Stadt Larissa wurden am Morgen Evakuierungsanordnungen erlassen. Schon wird Kritik an den Behörden laut. Ein Bewohner sagte: "Unsere Dörfer waren im September 2020 schon einmal überflutet – doch bis heute wurden keine Vorkehrungen getroffen."
Ministerpräsident Mitsotakis besucht Krisengebiet
Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat derweil Karditsa besucht, die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks in Thessalien. Dort richtete er einen Krisenstab ein und sprach von einer beispiellosen "Naturkatastrophe", während nicht weit davon entfernt Hubschrauber mit Geretteten im Stadion landeten.
Mitsotakis kündigte an, die Europäische Union um Hilfsgelder zu bitten. Nach Ansicht der oppositionellen Syriza-Partei hätte es jedoch gar nicht so weit kommen müssen. Trotz der zur Verfügung stehenden EU-Fonds sei nichts unternommen worden, so der Vorwurf von Syriza.
Enorme Schäden – auch in der Landwirtschaft
Da es örtlich binnen eines Tages bis zu 700 Liter Wasser je Quadratmeter geregnet hat, sind die Sachschäden verheerend. Nach Einschätzung von Fachleuten könnten sie in die Milliarden gehen. Die gesamte Region Thessalien gilt als die Kornkammer Griechenlands. Hier stehen die meisten Felder jedoch teils meterhoch unter Wasser. Was das für die Landwirte und die Ernte bedeutet, ist aktuell kaum absehbar.
Mit Informationen von dpa, AFP und AP.
Zum Anhören: Griechenlands Ministerpräsident Mitsotakis bittet EU um Hilfe
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