Bei einem Besuch in Athen hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum umstrittenen Deal mit dem chinesischen Unternehmen Cosco geäußert. Er verteidigte die Entscheidung und bezeichnete sie als die richtige Lösung. Der Deal enthalte keinen umfangreichen Einstieg in die Betreibergesellschaft eines Container-Terminals im Hamburger Hafen, sondern lediglich eine Minderheitsbeteiligung von 24,9 Prozent. Es gehe zudem lediglich um ein Terminal einer Betreibergesellschaft in einem großen Hafen mit mehreren Betreibergesellschaften.
Scholz: Grund und Boden in Hand der Hafengesellschaft
Zwar sei es ein berechtigtes Anliegen zu sagen, dass es keinen falschen Einfluss auf Infrastrukturen geben dürfe. Allerdings sei das in diesem Fall keinesfalls gegeben, erklärte der Kanzler nach einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Grund und Boden des Hafens blieben in der Hand der dortigen Hafengesellschaft, seien Staatseigentum und würden niemals privatisiert werden.
Im Hinblick auf seine bevorstehende Reise nach China sagte Scholz allgemein zum Verhältnis zu China, man müsse dafür sorgen, dass man sich nicht einseitig abhängig mache. Es würden derzeit viele Unternehmensentscheidungen getroffen, um Lieferwege breiter aufzustellen. Einen Zusammenhang zwischen der Reise und dem Einstieg Chinas im Hamburger Hafen gebe es nicht, bestätigte eine Regierungssprecherin.
Griechischer Ministerpräsident hat keine Bedenken wegen Einstieg Chinas
Mitsotakis sagte mit Blick auf China: "Niemand ist naiv, was die Beziehungen zwischen Europa und China angeht." Zum einen arbeite man mit China etwa beim Klimaschutz zusammen, zum anderen dürfe man sicher aber nicht nur von einem Partner abhängig sein.
Der griechische Ministerpräsident verteidigte die Entscheidung, dass Griechenland zu Zeiten der Finanzkrise den Hafen Piräus mehrheitlich an einen chinesischen Konzern verkauft hatte. Damals habe es nur sehr wenige Interessenten gegeben. Griechenland stehe zu dem, was unterschrieben worden sei. Mitsotakis sagte, der Hafen habe viel besser gearbeitet als in der Vergangenheit. "Wenn Sie mich fragen, ob ich darüber (über die chinesische Beteiligung) beunruhigt bin, dann: Nein, nicht besonders."
Hafenunternehmen und Bürgermeister äußern sich zum Deal
HHLA, das Hafenunternehmen dessen Tochterunternehmen das Terminal Tollerort betreibt, wies Kritik wegen des Deals ebenfalls zurück. "Die Zusammenarbeit zwischen HHLA und Cosco schafft keine einseitigen Abhängigkeiten", erklärte HLLA-Chefin Angela Titzrath. Die HHLA bleibe ein eigenständiges börsennotiertes Unternehmen mit der Hansestadt Hamburg als ihrem wichtigsten Anteilseigner.
Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) begrüßte das grüne Licht aus Berlin: "Es ist für die Sicherheit und Unabhängigkeit Deutschlands von größter Bedeutung, dass der Hamburger Hafen im internationalen Wettbewerb bestehen und leistungsfähig arbeiten kann". Ähnlich äußerte sich der Bundesverband mittelständische Wirtschaft: Der Cosco-Einstieg stärke "den Hafen als wichtige europäische Logistik-Drehscheibe und sichert die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Deutschland und China".
Warnungen vor Cosco-Deal
Das Wirtschaftsministerium hatte eine im September 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und Cosco Shipping geprüft. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wollte den chinesischen Einstieg mit Blick auf die Erfahrungen mit russischen Gaslieferungen komplett untersagen. Auch andere Ministerien, der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für Verfassungsschutz hatten vor möglichen Risiken einer chinesischen Beteiligung an dem Terminal gewarnt.
Das Kanzleramt drängte aber auf einen Kompromiss. Das Bundeskabinett hatte daraufhin beschlossen, dass der chinesische Konzern Cosco nur einen Anteil unterhalb von 25 Prozent an dem Containerterminal erwerben darf - statt wie geplant 35 Prozent. Die Schwelle von 25 Prozent könne auch künftig nicht ohne neues Investitionsprüfverfahren überschritten werden, erklärte das Wirtschaftsministerium. Weiter hieß es, Cosco werde unter anderem untersagt, sich vertraglich Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen zu lassen.
Hätte das Kabinett nicht in dieser Woche entschieden, wäre der Verkauf automatisch so wie von Cosco und HHLA ursprünglich vereinbart genehmigt worden - also mit einer 35-Prozent-Beteiligung. Um das zu verhindern, war eine einheitliche Haltung der Regierung notwendig. In Regierungskreisen war die Rede von einer "Notlösung".
Mit Material von dpa und AFP.
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