Ein außergewöhnlicher Solidaritätsbesuch in Kiew: Die Außenminister von 24 der 27 EU-Mitgliedstaaten haben der Ukraine ihre langfristige Unterstützung zugesagt – und die Beitrittsperspektive des Landes bekräftigt. Ziel sei es, "unsere Solidarität und unsere Unterstützung für das ukrainische Volk auszudrücken", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Er sprach im Onlinedienst X von einem "historischen Treffen".
Ukrainischer Außenminister: "Historisches Ereignis"
Wie üblich während des russischen Angriffskriegs wurde die Reise aus Sicherheitsgründen nicht vorher angekündigt. Seit Russland im Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert war, ist noch nie eine so große Gruppe ranghoher ausländischer Politikerinnen und Politiker nach Kiew gereist. Für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist es der zweite Besuch in der Ukraine binnen weniger Wochen.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte, die Botschaft des Treffens sei, dass sich die Europäische Union in die Ukraine ausweite und dafür sei man sehr dankbar. Das "historische Ereignis" finde zwar außerhalb der derzeitigen, aber innerhalb der künftigen EU-Grenzen statt.
Die Außenminister Ungarns, Polens und Lettlands nahmen nach Angaben eines ukrainischen Regierungsvertreters nicht an dem Treffen in Kiew teil. Die Vertreter Polens und Lettlands fehlten krankheitsbedingt, sagte er.
Im Video: EU-Außenminister – Gemeinsame Sitzung in der Ukraine
Baerbock fordert "Winterschutzschirm" für die Ukraine
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock warb bei dem Treffen der EU-Außenminister in Kiew für ein Ukraine-Hilfspaket, das dem Land durch den Winter helfen soll.
"Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union, in unserer Gemeinschaft der Freiheit", sagte Baerbock in Kiew. "Und die wird sich bald erstrecken von Lissabon bis Luhansk." Luhansk gehört zu vier ukrainischen Regionen, die Russland vor gut einem Jahr für annektiert erklärt hatte. Baerbock sagte weiter, mit jedem Meter, den die Ukraine befreie, ebne sie ihren Weg in die EU. Angesichts der sinkenden Temperaturen benötige die Ukraine nun einen "Winterschutzschirm", der auch die Luftverteidigung umfasse.
Französische Außenministerin: Ukraine gehört "zur europäischen Familie"
Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna sagte in Kiew, die Ukraine gehöre "zur europäischen Familie". Russland müsse klargemacht werden, dass es nicht auf eine Ermattung der Europäer setzen könne. Der Kreml prophezeite am Montag eine "Ermüdung" des Westens bei seiner "völlig absurden Förderung" Kiews. Die Ermüdung werde "in zahlreichen Ländern wachsen, darunter auch in den USA", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Finanzierung der US-Hilfen ist wegen eines Haushaltsstreits in Washington in der Schwebe.
Das Thema Waffenlieferungen war neben dem EU-Beitritt der Ukraine bestimmendes Thema. Der EU-Außenbeauftragte Borrell hatte im Vorfeld seinen Vorschlag genannt: der Ukraine längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen zu machen und mit EU-Geld auch die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen zu unterstützen. So will er von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro mobilisieren. Eine Entscheidung sei in Kiew aber nicht zu erwarten, sagte der Spanier am Sonntag. Es gehe bei solchen informellen Ministertreffen um politische Diskussionen.
Auch bis zum EU-Beitritt der Ukraine könnte es noch dauern. Seit Juni 2022 ist sie offiziell Beitrittskandidat. Über die Aufnahme von Verhandlungen müssen die 27 EU-Staaten noch einstimmig entscheiden. Ein positives Votum soll es dann geben, wenn die Ukraine bestimmte Voraussetzungen erfüllt hat. Dazu zählt eine stärkere Bekämpfung der Korruption.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: ARD-Korrespondent zu Außenminister-Sitzung in Kiew
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