Das Schicksal einer Braunbärfamilie sorgt in Italien für Aufregung. Die Bärenmutter wurde von einem Jäger erschossen. Er hat sich auf seinem Grundstück in dem mittelitalienischen Dorf San Benedetto dei Marsi angeblich bedroht gefühlt. Jetzt läuft eine große Suche nach den erst vier oder fünf Monate alten Bärenkindern in einem Nationalpark in den Abruzzen. Denn alleine können sie nur wenige Tage überleben.
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Bärin grundlos und grausam getötet? Ermittlungen eingeleitet
Die Mutter namens Amarena - also Schwarzkirsche, ein Wort, das man in Deutschland eher aus Eisdielen kennt - war im Parco Nazionale d'Abruzzo Lazio e Molise und darüber hinaus eine kleine Berühmtheit. Seit Jahren spazierte sie immer wieder durch die Dörfer, auch mit ihren jüngsten Sprösslingen. Von den Ausflügen gibt es nette Filmchen, die auf YouTube hunderttausendfach angeklickt wurden. Zur Gefahr für Menschen wurde die Bärin nach Auskunft der Parkverwaltung all die Jahre nie.
Im Video: Bärin spaziert mit ihren Jungen durch italienisches Dorf
Trotzdem wurde Amarena am Donnerstag am Rande des Parks leblos aufgefunden. Alle Viere von sich gestreckt, mit blutigen Schusswunden. Der Schütze stellte sich selbst: ein 56 Jahre alter Jäger und Trüffelsammler. Seine Waffe besitzt er legal. Bei der Vernehmung gab er an, mit der Schrotflinte auf den Boden gezielt zu haben, ein einziges Mal nur, aus Angst, weil Amarena sein Grundstück am Rande der Stadt San Benedetto dei Marsi außerhalb des Parks betreten habe.
Trotzdem leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen nach Paragraf 544b des Strafgesetzbuchs ein - wegen des Verdachts, das Tier grundlos und grausam getötet zu haben.
Schütze am Pranger: Morddrohungen und Polizeischutz
Die Stimmung ist nun sehr aufgeheizt. Der italienischen Nachrichtenagentur Ansa berichtete Leombruni sogar von Morddrohungen. "Ich habe seit drei Tagen nicht geschlafen und nichts gegessen. Sogar meine 85 Jahre alte Mutter rufen sie an. Die ganze Familie steht am Pranger." An eine Häuserwand in der Nachbarschaft wurde "Giustizia" ("Gerechtigkeit") geschrieben. Eine Demonstration unter dem Titel "Gerechtigkeit für Bärenmama Amarena" verboten die Behörden. Inzwischen steht der Schütze unter Polizeischutz.
Suche nach Jungtieren: Ohne Mutter nicht überlebensfähig
Noch mehr als die Frage, ob Leombruni eine Strafe bekommt, beschäftigt die Nation jedoch das Schicksal der noch namenlosen Jungtiere. Der Nationalpark versucht seit Tagen, mit mehr als einer Hundertschaft an Helfern die Brüder ausfindig zu machen - bis Montagmittag ohne jeden Erfolg. Auch mehrere Fallen mit Ködern, die mit dem Geruch der Mutter imprägniert waren, brachten nichts. Erschwert wird die Fahndung dadurch, dass die Tiere in der Regel erst mit Einbruch der Dunkelheit aktiv werden.
Nach Meinung von Experten können die kleinen Bären allein nur wenige Tage überleben, weil sie sich nicht ausreichend Nahrung besorgen können. Bislang wurden sie noch gestillt. Zudem gibt es Sorgen, dass sie von Wölfen oder streunenden Hunden getötet werden könnten. "Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Suche schwieriger", sagt Dorfbürgermeister Antonio Cerasani. Die Hoffnung ruht nun auch darauf, dass die beiden zufällig von Passanten entdeckt werden. Oder sich vielleicht von sich aus in eines der Dörfer wagen.
Großer Verlust: Getötete Bärin von seltener Art
Aus Sicht der Parkverwaltung ist der Tod von Amarena auch deshalb ein großer Verlust, weil sie eine besonders fruchtbare Bärin mit viel Nachwuchs war. Bei den Tieren im Abruzzen-Park handelt es sich um "Marsische Braunbären", eine seltene Unterart, von denen dort noch etwa 60 zu Hause sind. Vor einigen Jahren waren es noch hundert.
Politiker und Tierschützer verurteilten den Abschuss der Braunbärin als "ungerechtfertigt" und "sehr ernsten Zwischenfall". Der Präsident der Region Abbruzzen, Marco Marsilio, sagte, von der Bärin sei keine Gefahr ausgegangen. Der Abschuss sei völlig "unverständlich".
Die Umweltorganisation WWF Italien bezeichnete den Tod der Bärin als "schweren Schlag für die Überlebenschancen des Bären". Die Organisation kündigte eine Zivilklage gegen den Schützen an.
Umgang mit Bären: Immer wieder Diskussionen in Italien
In Italien gibt es immer wieder Debatten über den Umgang mit Bären, die Menschen in den Bergen nahekommen. Im April wurde in der Region Trentino ein 26-jähriger Jogger von einer Bärin angegriffen und getötet. Zwischenzeitlich beschlossen die Behörden schon, das Tier töten zu lassen. Möglicherweise wird es nun aber in ein Bärenreservat nach Rumänien umgesiedelt. Die Entscheidung soll dieses Jahr fallen.
Mit Informationen von dpa und AFP
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