Die Antwort lautet: Ja, es kann auch bei der Bundestagswahl sein, dass Stimmen falsch ausgezählt werden. Die Antwort lautet aber auch: Nein, es ist sehr unwahrscheinlich, dass Fehler oder Betrug unentdeckt bleiben. Das zeigt auch die Landtagswahl am 14. Mai in Nordrhein-Westfalen. Dort war in 50 von rund 15.000 Stimmbezirken 2.204 Stimmen zu Ungunsten der Partei ausgezählt worden. Nachdem Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren, wurde erneut gezählt. Das hatte aber keinen Einfluss auf die Sitzverteilung.
Jeder kann Wahlhelfer werden
Unser Wahlsystem sieht viele Prüf- und Kontrollmechanismen vor. Eine wichtige Instanz ist die Öffentlichkeit. Jeder Bürger, jede Bürgerin kann während der Stimmauszählung dem Wahlvorstand auf die Finger schauen. Das gilt auch für die Vorbereitung. Trotzdem gibt es immer wieder Unregelmäßigkeiten. Für jeden Wahlbezirk (etwa 2.500 Wahlberechtigte) beruft die Gemeinde einen Wahlvorstand, der sich aus ehrenamtlichen Bürgern zusammensetzt. Jeder kann sich für dieses Amt bewerben. Jeder Wahlvorstand hat einen Wahlvorsteher, einen Schriftführer und drei bis sieben Beisitzer. Und in jedem Wahlbezirk gibt es einen zweiten Wahlvorstand für die Briefwahl. Diese Wahlorgane sind unabhängig (weisungsfrei), die Sitzungen des Wahlvorstandes für jedermann zugänglich. Für die Bundestagswahl 2017 sind rund 650.000 Wahlvorstände in 88.000 Wahlbezirken tätig. Allein diese enorme Zahl von Wahlhelfern macht eine gezielte Wahlfälschung extrem schwierig. Zu viele Menschen in den unterschiedlichsten Gemeiden müssten sich zu einer konzertierten Aktion zusammenfinden und absprechen. Die Rechtsgrundlagen für die Wahl sind beim Bundewahlleiter veröffentlicht.
Selfies in der Wahlkabine verboten
Es gibt zwei Neuerungen seit der letzten Bundestagswahl. Fotografieren und Filmen ist in der Wahlkabine verboten. Damit soll das Wahlgeheimnis geschützt werden. Andererseits ist neu festgelegt, dass zur Feststellung der Personalien (Abgleich mit dem Ausweis) das Gesicht klar zu erkennen sein muss. Das gilt allerdings auch für die Mitglieder des Wahlvorstandes, um das notwendige Vertrauensverhältnis zu gewährleisten.
Sie können selbst kontrollieren
Am Wahltag kann jeder die Stimmabgabe und die Auszählung beobachten, beides ist ebenfalls öffentlich. Um 18.00 Uhr wird die Tür des Wahllokals unter Umständen kurzzeitig geschlossen. Denn Personen, die sich um 18.00 Uhr im Raum befinden, dürfen ihre Stimme noch abgeben. Damit dann keiner mehr dazu kommt, wird die Tür geschlossen, bis diese Stimmen abgegeben sind und das Wahllokal endgültig geschlossen ist. Dann wird die Tür wieder für jedermann geöffnet und die Stimmen ausgezählt. Der Ablauf ist in der Bundeswahlverordnung §67 – 70 genau festgelegt: Der Wahlvorstand ermittelt das Ergebnis ohne Unterbrechung. Die Sortierung der Stimmzettel wird kontrolliert und anschließend laut ausgezählt. Fallen Unregelmäßigkeiten auf, werden sie in der Wahlniederschrift festgehalten. Ein Beispiel dafür könnte sein, dass in der Wahlurne mehr Stimmzettel sind als Wähler bei der Wahl waren (Wählerverzeichnis). Diese Wahlniederschrift müssen alle Mitglieder des Wahlvorstandes unterschreiben.
Vier Instanzen kontrollieren am Wahlabend
Sobald ein Wahlkreis ausgezählt ist, wird eine Schnellmeldung an die nächsthöhere Stelle abgesetzt. Der Wahlbezirk meldet der Gemeinde, die Gemeinde der Kreiswahlleitung, der Kreiswahlleiter der Landeswahlleitung und der Landeswahlleiter dem Bundeswahlleiter. Aus diesen Schnellmeldungen wird in der Wahlnacht das vorläufige amtliche Endergebnis. In den nächsten Tagen und Wochen nehmen die Wahlniederschriften denselben Weg wie die Schnellmeldungen am Wahlabend. Auch hier kontrolliert jede Instanz die vorhergehende. Der Bundeswahlausschuss stellt schließlich das amtliche Endergebnis fest, das im Bundesanzeiger veröffentlich wird - circa zwei bis drei Wochen nach der Wahl.
Wahlsoftware ist manipulierbar
Auch wenn händisch ausgezählt wird, werden die Einzelergebnisse in vielen Bundesländern mit der Software "PC-Wahl" zusammengerechnet und weitergegeben. Wie die "Zeit" berichtet, hat diese Software massive Schwachstellen. Der IT-Wissenschaftler Martin Tschirsich hat herausgefunden, dass Angreifer die Software manipulieren können. Laut "Zeit" und Chaos Computer Club, der die Software getestet hat, ignoriert "PC-Wahl" grundlegende Prinzipien von Sicherheit und Verschlüsselung. Das amtliche Endergebnis wird zwar anhand der Wahlzettel und Wahlniederschriften ermittelt und kann nicht technisch manipuliert werden. Dieses Ergebnis wäre also nicht betroffen. Aber das vorläufige Ergebnis am Wahlabend schon. Im Falle einer Manipulation würde Deutschland zwei bis drei Wochen mit einem falschen Wahlergebnis planen. Laut Bundeswahlleiter kann aber auf Meldeketten zurückgegriffen werden, die auf mündlicher Kommunikation basieren.
Alle Einsprüche müssen geprüft werden
Jeder Bürger und jede Bürgerin kann Einspruch gegen das Ergebnis beim Wahlvorstand einlegen. Begründeten Einsprüchen muss nachgegangen werden. Ergeben sich konkrete Anhaltspunkte für eine Unkorrektheit, wird eine neuer Wahlvorstand gewählt, der die Auszählung wiederholt. Ergibt sich ein Verdacht auf Manipulation, wird die Staatsanwaltschaft tätig.
Bundestag geht Beschwerden nach
Jedermann oder jede Partei kann außerdem Wahlprüfungsbeschwerde beim Deutschen Bundestag einlegen. Die Beschwerde wird dann vom Wahlprüfungsausschuss des Bundestages geprüft und bewertet. Über das Ergebnis stimmt das gesamte Plenum ab. Als letzte Instanz bleibt die Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Dessen Entscheidung ist bindend.
Absolute Sicherheit gibt es nicht
Unser Wahlsystem ist mit vielen Kontrollmechanismen ausgestattet, eine flächendeckende Wahlfälschung wohl ausgeschlossen. Wer selbst zur Sicherheit der Wahl beitragen möchte, sollte am Wahltag sein Recht nutzen, sowohl die Wahl selber als auch die Auszählung zu beobachten. Denn im Kleinen gab es auch in jüngster Vergangenheit durchaus kriminelle Versuche, das Wahlergebnis zu beeinflussen, sprich zu fälschen - auch in Bayern.
Wahlfälschung auch in Bayern
Einer der größten Wahlfälschungsskandale der Bundesrepublik hat in Bayern stattgefunden. Bei den Kommunal- und Oberbürgermeisterwahlen im März 2002 wurde in Dachau eine große Anzahl von Stimmzetteln zu Gunsten einiger CSU-Kandidaten gefälscht. Beide Wahlen mussten wiederholt werden. Zwei Angeklagte wurden verurteilt.
Der jüngste Fall einer mutmaßlichen Wahlfälschung in Bayern ist noch nicht gerichtlich abgeschlossen. Erst Anfang dieses Jahres hat das Landgericht Nürnberg das Verfahren im Fall Geiselhöring zugelassen. Dort sollen im März 2014 die beiden Hauptangeklagten die Wohnsitzanmeldungen von 400 rumänischen Saisonarbeitern fingiert und anschließend ihre unrechtmäßig erschlichenen Wahlscheine gefälscht haben. Die Wahl wurde für ungültig erklärt und im Februar 2015 wiederholt.
Weitere Informationen
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