Die neue Doppelspitze der CSU ist so etwas wie eine Coachingmaßnahme im Beziehungsdrama von Markus Söder und Horst Seehofer. Ob ihre Zwangsehe funktioniert, daran kann man aber weiterhin Zweifel hegen: Seehofer platziert just am Tag der Wahl Söders zum Ministerpräsidenten sein Bildzeitungs-Interview mit der Reizformel "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Er zieht erwartbar die Aufmerksamkeit auf sich.
Kein Dienst für seine Partei
Und dann setzt er noch einen drauf: Nur Sekunden nach der Wahl Söders verlässt er das Plenum des Landtages, wartet die Vereidigung seines Nachfolgers zwei Minuten später schon gar nicht mehr ab. Seehofer fühlt sich gedemütigt und geschasst. Mit seinem Verhalten erweist er seiner Partei als deren Vorsitzender sicher keinen Dienst. Kann er seine tiefe Verbitterung nicht abstreifen, wird er zur Belastung im beginnenden Landtagswahlkampf.
Gegenseitiges parteiinternes Abwatschen wird die AfD jedenfalls nicht auf Distanz halten. Eigentlich läge Geschlossenheit im Interesse von Seehofer und Söder. Schließlich geht es um ihre politische Zukunft: Söder braucht ein gut vorzeigbares Ergebnis bei der Landtagswahl. An dieser hängt auch Seehofers Amt als Parteivorsitzender. Auch er würde für ein schlechtes Abschneiden in Haftung genommen, hätte er als Innenminister nicht geliefert.
Mehr als ein Nadelstich
Seehofer kann seiner Partei nun natürlich zurufen: Was wollt ihr eigentlich. Die Islamdebatte schärft doch das konservative Profil der CSU. Aber der wohl kalkulierte Effekt ist ein anderer: Der Tag des Aufbruchs, den Söder in Bayern erzeugen wollte, wird konterkariert durch den Alleingang Seehofers, durch die aufgezwungene Islamdebatte. Das ist mehr als ein Nadelstich. Beste Freunde werden sie wohl nicht mehr.
Mehr zur Wahl von Markus Söder zum neuen bayerischen Ministerpräsidenten in den Tagesthemen um 21.45 Uhr im Ersten.