Die russischen Truppen lieferten sich auch in der Nacht zum Montag schwere Gefechte mit den ukrainischen Verteidigern. Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums wird der Vormarsch der Russen aber von heftiger Gegenwehr gebremst. "Die Ukrainer leisten erbitterten Widerstand", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des Ministeriums am Sonntag (Ortszeit) in einem Briefing für Journalisten. Das sei "heldenhaft" und "inspirierend". Man beobachte zudem "Treibstoff- und Logistikengpässe" der russischen Truppen, hieß es.
Der britische Premier Boris Johnson sieht hinter der indirekten russischen Drohung mit Nuklearwaffen ein Ablenkungsmanöver von den Schwierigkeiten, mit denen das russische Militär beim Einmarsch in die Ukraine zu kämpfen hat. Putins Truppen träfen auf mehr Widerstand, als dieser erwartet habe, sagte Johnson am Sonntagabend und fügte hinzu: "Das ist ein desaströses, missratenes Unternehmen."
Selenskyi hat wenig Hoffnung auf Friedensgespräch
Für die Friedensgespräche in der belarussischen Region Gomel an der Grenze zur Ukraine seien von Kiew keine Bedingungen gestellt worden, hatte das ukrainische Präsidialamt mitgeteilt. Der ukrainische Präsident sagte: "Ich glaube nicht an ein Ergebnis dieses Treffens, aber lasst es uns versuchen." Weder Selenskyi noch Russlands Präsident Wladimir Putin werden an dem Treffen teilnehmen, beide schicken eine Delegation.
Spekulationen über Belarus' Beteiligung an Invasion
Belarus könnte sich nach US-Geheimdienstinformationen noch am Montag der Militärinvasion Russlands in die Ukraine anschließen. Die Entscheidung des belarussischen Staatschefs Alexander Lukaschenko, Soldaten ins Nachbarland zu schicken, hänge vom Ausgang der Gespräche zwischen Russland und der Ukraine ab, sagte ein hoher US-Geheimdienstbeamter.
Russische Truppen sind auch von Belarus aus in die Ukraine eingefallen. Belarus beteiligt sich bislang aber nicht direkt an der Invasion. Von seiner Grenze sind es nicht einmal 100 Kilometer bis nach Kiew. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte es abgelehnt, in Belarus mit einer russischen Delegation zu verhandeln.
Laut ukrainischer Agentur Jagdflugzeugstarts von Krim
Unterdessen sollen von der Krim aus viele Bomber und Jagdflugzeuge Richtung Ukraine gestartet sein. Kiew, die Städte Mykolajiw und Cherson im Süden sowie Charkiw im Osten sollen zu den Zielen gehören, wie die ukrainische Agentur Unian berichtete. Diese Informationen ließen sich nicht unabhängig prüfen. Das Innenministerium der Ukraine hatte am Sonntagabend 352 getötete Zivilisten gemeldet, darunter seien 14 Kinder. 1.684 Menschen seien verwundet, darunter 116 Kinder.
Die Verluste der russischen Armee steigen nach ukrainischen Angaben weiter. Seit Beginn des Krieges mit der Ukraine soll die russische Seite einen "Verlust" von etwa 4.500 Soldaten zu verzeichnen haben, wie der ukrainische Generalstab am Sonntagabend erklärte. Außerdem seien Hubschrauber, Panzer und weitere militärische Fahrzeuge zerstört worden. Auch diese Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen. Russland räumte eigene Opfer beim Krieg gegen die Ukraine ein, ohne jedoch Zahlen zu nennen.
Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen wird sich noch an diesem Montag in einer seltenen Dringlichkeitssitzung mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine beschäftigen. Westliche Staaten hoffen, dass bei dem Treffen ab 16.00 Uhr (MEZ) möglichst viele der 193 Mitgliedsländer den Angriffskrieg Russlands verurteilen und damit die weltweite Isolation der russischen Führung sichtbar machen.
US-Präsident Joe Biden will am Montag mit Partnerstaaten telefonieren, um "unsere gemeinsame Reaktion zu koordinieren".
EU-Sanktionen gegen russische Zentralbank in Kraft
Die EU setzte Montagfrüh ihre schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft. Sie umfassen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Verbot von Transaktionen mit dem Finanzinstitut. Zudem werden alle Vermögenswerte der Bank in der EU eingefroren, um zu verhindern, dass damit der Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine finanziert wird.
Die Strafmaßnahme gilt als ebenso schwerwiegend wie der in Kürze geplante Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift. Nach Angaben von EU-Chefdiplomaten Josep Borrell wird zusammen mit anderen G7-Staaten rund die Hälfte der Finanzreserven der russischen Zentralbank eingefroren. "Dies wird das Finanzsystem Russlands erheblich treffen", erklärte Borrell am Sonntagabend.
Rubel auf historischem Tief
Die westlichen Sanktionen wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine haben den Rubel auf ein historisches Tief gegenüber dem US-Dollar gedrückt. Der Dollar steigt am Montag um fast 42 Prozent auf ein Rekordhoch von 119 Rubel. Am Freitagabend waren es noch rund 84 Rubel gewesen.
Sicherheitskabinett der Bundesregierung tagt
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wird das Sicherheitskabinett der Bundesregierung am Montag abermals beraten. Das Treffen ist für den Vormittag im Kanzleramt geplant. Das Gremium wird vom Bundeskanzler einberufen, wenn Fragen der inneren oder äußeren Sicherheit zu besprechen sind. Zu den Teilnehmern gehören auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sowie Vertreter der Sicherheitsbehörden.
Sondertreffen der EU-Energieminister wegen Ukraine-Krieg
Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine wollen die EU-Energieminister am Montag ab 15.00 Uhr zu einem Krisentreffen in Brüssel zusammenkommen. Für Deutschland wird Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Brüssel erwartet. Thema der Gespräche soll die Energiesituation in Europa angesichts des russischen Einmarschs in die Ukraine sein. Die EU ist stark von russischem Gas abhängig. Es wird befürchtet, dass der Krieg die Gaspreise weiter hochtreiben oder dass Russland Gaslieferungen ganz stoppen könnte.
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