Nach der Einigung auf die Grundzüge eines künftigen Heizungsgesetzes sind noch wichtige Kostenfragen ungeklärt. Der Deutsche Mieterbund etwa befürchtet, dass die Wohnungsmieten als Folge moderner Heizanlagen zusätzlich steigen werden. Umweltverbände sehen in den Vereinbarungen der Regierungskoalition einen Rückschritt für den Klimaschutz. Zufrieden zeigte sich dagegen unter anderem die Energiewirtschaft.
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Wochenlanger Konflikt beendet
Eine Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP hatte sich am Dienstag auf wesentliche Änderungen zum ursprünglichen, vom Kabinett beschlossenen Entwurf zum Gebäudeenergiegesetzes verständigt. So wurde ein wochenlanger Konflikt um den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beendet. Der Gesetzentwurf wird nun erstmals am Donnerstag im Bundestag beraten. Er soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden, die am 7. Juli beginnt.
Nach dem Kompromiss sollen nun das Gebäudeenergiegesetz und ein Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, muss sich keine Gedanken mehr über den Einbau etwa einer Wärmepumpe machen. Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung soll bis spätestens 2028 eingeführt werden. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Heizungsaustausch auch noch Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind.
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will nun die Wärmeplanung mit den Kommunen vorantreiben. "Es ist bereits jetzt ein Gesetzentwurf in Abstimmung mit den Verbänden und den Kommunen zur kommunalen Wärmeplanung. Den werden wir sicherlich noch einmal deutlich vereinfachen müssen", sagte Geywitz am Mittwoch im rbb24 Inforadio.
Mieterbund fürchtet höhere Kosten für Mieter
Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zeigte sich besorgt über noch höhere Kosten für Mieter. "Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden", sagte Siebenkotten der dpa. "Das lässt nichts Gutes erahnen. Wir brauchen mehr Mieterschutz und keine weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten."
In den weiteren Verhandlungen müsse es darum gehen, "die Fördermittel für Vermieter zu erhöhen und gleichzeitig die Modernisierungsumlage so zu reformieren, dass eine deutliche Energieeinsparung durch den Heizungstausch erreicht wird - nur so profitieren Vermieter und Mieter", so Siebenkotten.
Der Umweltverband Germanwatch warnte Eigentümer vor Fehlinvestitionen und Kostenfallen. Nach den neuen Plänen solle beim Heizen auf Jahre hinaus ein "Weiter so" erst mit Gas und später mit Wasserstoff möglich sein, sagte der Politische Geschäftsführer Christoph Bals . Das drohe zur Kostenfalle zu werden - durch die stark steigende CO2-Steuer für fossile Brennstoffe und teurem, weil knappen "grünen" Wasserstoff.
Greenpeace: "Aufgeweichtes Heizungsgesetz"
Die Umweltorganisation Greenpeace bewertete die Beschlüsse der Koalition negativ. Ihr Energieexperte Andree Böhling sagte, wenn zunächst die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen werden solle, dann bedeute das: "Bis 2028 werden in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen eingebaut. Mit diesem aufgeweichten Heizungsgesetz rücken die Klimaschutzziele der Regierung in weite Ferne."
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz, kritisierte, "das Gesetz ist aufgeweicht, wird viel zu spät wirksam, und vieles bleibt unklar". Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einem Tiefpunkt für die Klimapolitik der Bundesregierung. "Am schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist", kritisierte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. "Darüber hinaus wird das Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten und die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht."
Energiewirtschaft: "Gutes und wichtiges Signal"
Positiv reagierte hingegen die Energiewirtschaft. "Die Punkte, auf die sich die Koalition geeinigt hat, verbessern das Gesetz entscheidend", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae. Positiv sei vor allem "die geplante Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung bei der Umrüstung von Bestandsgebäuden". Ähnlich äußerte sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Einigung der Koalition sei "ein gutes und wichtiges Signal".
Auch der Städte- und Gemeindebund begrüßte die Änderungen beim Heizungsgesetz. Es sei "ein richtiger Schritt, dass beim Gebäudeenergiegesetz - insbesondere bei Bestandsgebäuden - eine Verpflichtung erst dann entsteht, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Spahn: "Opposition wirkt"
Die Opposition sieht sich durch die geplanten Änderungen in ihrer Arbeit bestätigt. "Opposition wirkt, unsere Kritik wirkt: Robert Habecks Wärmepumpen-Zwang hat keine Mehrheit im Deutschen Bundestag", sagte der Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) am Dienstag im ZDF-"heute journal update". "Deswegen haben die Ampel-Fraktionen diesem Gesetz den Stecker gezogen. Das ist erstmal eine gute Nachricht angesichts des Protests, den es im Land gibt", sagte Spahn. "Es ist gut, dass Robert Habeck gestoppt wurde."
Es gebe allerdings noch keinen neuen Gesetzentwurf, beklagte Spahn. Er forderte, dass die Ampelkoalition auf Basis der heutigen Einigung "ein ordentliches Gesetz schreibt und wir dann ein ordentliches Verfahren im Deutschen Bundestag haben". Dabei müsse schon in Erster Lesung klar formuliert sein, inwieweit das Gesetz wirklich Technologieoffenheit gewährleiste und welche Förderungen es geben werde. "Mit dem, was heute behauptet wurde, was kommen soll" wäre allerdings Technologieoffenheit "scheinbar gewährleistet", fügte Spahn hinzu. Er lobte überdies die zugesagten Förderungsmaßnahmen: "Diese Ziele kann man unterstützen".
Fraktionschef Friedrich Merz hatte nach der Einigung erklärt, Habeck "erlebt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres, dass ihm die Ampel-Fraktionen (...) vollkommen verkorkste Gesetzentwürfe aus der Hand nehmen".
Habeck: Debatte drohte zu Endlosschleife zu werden
Habeck wollte dagegen nach dem Kompromiss nicht von Siegen oder Niederlagen sprechen. Im ZDF-"heute journal" sagte er am Dienstagabend: "Diese Debatte drohte ja zu einer Endlosschleife zu werden. Und das ist dann verhindert worden, weil wir uns mal kurz frei gemacht haben von: Wer hat gewonnen, wer hat verloren?" Denn Kategorien wie Sieg oder Niederlage verhinderten jeden Kompromiss. "Das, was heute gelungen ist, (...) ist vor allem, die Handlungsfähigkeit der Regierung und damit auch das Zusammenrücken des Landes wieder zu ermöglichen."
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken zeigte sich zufrieden. Die Ampel sei "tatsächlich zu einer sehr, sehr guten Einigung gekommen", sagte Esken im ZDF-"Morgenmagazin". Es sei "wichtig", dass damit der Einstieg in die Wärmewende vollzogen wurde.
FDP-Politiker Vogel: Gesetz um 180 Grad gedreht
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Johannes Vogel, sagte im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2, radioWelt am Morgen) "Wir haben das Gesetz wirklich um 180 Grad gedreht und vom Kopf auf die Füße gestellt. Nicht beim Klimaschutz, sondern bei der Frage, wie wir das erreichen." Den Vorwurf, den Klimaschutz damit abzuschwächen, wies er zurück. Vogel: "Das fossile Verbrennen wird in jedem Fall verboten. Die Perspektive ist klar: bis 2045 müssen wir klimaneutral sein. Und die Regel dafür ist hart gesetzt, ohne Schlupflöcher. Aber die Technik können die Menschen sich selbst aussuchen."
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte, der ursprünglich von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegte Gesetzentwurf sei entkernt worden.
Mit Informationen von dpa, AFP
Im Audio: Die Ampel-Koalition hat den Streit um das Heizungsgesetz beendet
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