Das Bundesgesundheitsministerium geht von einer vierten Corona-Welle aus - und drängt in einem Bericht an die Bundesländer und den Bundestag darauf, die bisherigen Schutzmaßnahmen beizubehalten und für ungeimpfte Menschen möglicherweise zu verschärfen. Das berichtet die Deutsche-Presse-Agentur, der das Papier vorliegt.
Mit Blick auf Herbst und Winter brauche es weiter Schutzmaßnahmen, "um das Gesundheitswesen vor einer übermäßigen Belastung und die Personengruppen, die noch nicht geimpft werden können, vor einer möglichen folgenreichen Erkrankung zu schützen", heißt es demnach in dem Bericht. Schutzmaßnahmen könnten aufgrund der fortgeschrittenen Impfkampagne gleichwohl moderater ausfallen als im letzten Herbst und Winter: "Ein so einschneidender Lockdown wie in der zweiten und dritten Welle wird aller Voraussicht nach nicht notwendig sein."
Abstand, Maske, Hygiene für alle - und "3G"
Konkret sei demnach neben einer hohen Impfquote "durchgängig und inzidenzunabhängig" auch im Herbst und Winter das weitere Einhalten von Basis-Maßnahmen wie Abstand, Hygiene und Maskentragen nötig. Und zwar überall dort, wo in geschlossenen Räumen viele Menschen zusammentreffen, bei denen der Impfstatus nicht bekannt ist, oder unter denen besonders verletzliche Personen sein könnten. Die Notwendigkeit zum verpflichtenden Tragen einer medizinischen Schutzmaske ergebe sich somit "bis ins Frühjahr 2022", heißt es in dem Bericht. Das gilt demnach insbesondere im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie im Einzelhandel - "für alle, auch für Geimpfte und Genesene".
Das Ministerium erläutert weiter, Impfen und Testen verhinderten mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass Personen mit hoher und damit infektiöser Viruslast einen Raum betreten. "Daher sollte unabhängig von der Inzidenz ab Anfang/Mitte September 2021 die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen in ganz Deutschland generell nur unter Einhaltung der 3G-Regel (3G: geimpft, genesen oder getestet) möglich sein." Genannt werden Innengastronomie, Hotelübernachtungen, körpernahe Dienstleistungen, Sport und Veranstaltungen drinnen sowie Großveranstaltungen drinnen und draußen.
Strengere Kontaktregeln für Ungeimpfte?
Insbesondere für Ungeimpfte könnten abhängig von der Impfquote, der Inzidenz nach Altersgruppen und der Rate schwerer Klinikfälle nach Altersgruppen ab bestimmten Grenzwerten erneut weitergehende Einschränkungen notwendig werden, heißt es in dem Bericht. Dazu zählten insbesondere Kontaktbeschränkungen sowie die Begrenzung der Teilnahme oder der Ausschluss nicht geimpfter Personen bei Veranstaltungen und in der Gastronomie ("2G statt 3G").
Das Gesundheitsministerium erläutert in dem Bericht: "Eine vierte Welle kündigt sich an – wenn auch noch (!) auf niedrigem Niveau. Neben dem verstärkten Eintrag von Infektionen durch Reiserückkehrer nähert sich das Kontaktverhalten der Bevölkerung dem Verhalten der Zeiten vor der Pandemie aktuell schrittweise wieder an." Im Herbst und Winter träten zudem saisonal verstärkende Effekte des Virus wieder auf. Wie hoch die vierte Welle werde, entscheide sich jetzt.
Bei dem Papier handelt es sich um Vorschläge aus dem Bundesgesundheitsministerium. Am 10. August wollen Bund und Länder über den Umgang mit zuletzt leicht gestiegenen Infektionszahlen beraten - bei einer Ministerpräsidentenkonferenz mit den Regierungschefs der Bundesländer und Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
FDP: "Dreistester und verheerendster Wortbruch"
Von der FDP kommt scharfe Kritik an Plänen des Bundesgesundheitsministeriums für weitere Corona-Vorgaben in den nächsten Monaten. Parteivize Wolfgang Kubicki wirft der Bundesregierung in der "Bild"-Zeitung Wortbruch vor. In Zielsetzung und Wirkung komme es einer direkten Impfpflicht gleich, wenn die Regierung ungeimpfte Personen vom sozialen Leben ausschließe, kritisiert Kubicki.
"Die Ankündigung, in Zukunft Ungeimpfte vom Gastronomiebesuch ausschließen zu wollen, ist der dreisteste und verheerendste Wortbruch dieser Bundesregierung, die wiederholt Stein und Bein geschworen hat, es werde keine Impfpflicht in Deutschland geben", argumentiert der FDP-Politiker. "Dieser Wortbruch wiegt noch schwerer als die Unverhältnismäßigkeit dieser angedrohten Impfpflicht."
Kaum noch kostenlose Schnelltests ab Mitte Oktober?
Das Bundesgesundheitsministerium schlägt für Mitte Oktober zudem ein Ende der kostenlosen Corona-Schnelltests für alle Bürger vor. Da mittlerweile jedem ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden könne, sei eine dauerhafte Kostenübernahme durch den Steuerzahler nicht angezeigt, heißt es in einem Ministeriumsbericht. Nur für Personen, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliege, wie Schwangere oder Kinder und Jugendliche, solle es weiter kostenlose Schnelltests geben.
Auch gegen diesen Vorstoß wehrt sich die FDP. Parteivize Kubicki sieht darin "ein Druckmittel, um Menschen zum Impfen zu zwingen". Das sagte er der "Passauer Neuen Presse". Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU), befürwortet dagegen ein Ende der kostenlosen Corona-Schnelltests - will aber noch keinen konkreten Zeitpunkt nennen. Zwar solle weiter niemand für einen Test zahlen müssen, der sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen könne oder bei dem ein akuter Corona-Verdacht bestehe, findet auch Holetschek. "Gratis-Tests für Impfverweigerer oder Impfmuffel sollte es aber nicht dauerhaft geben."
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