Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD), Stephan Weil (l, SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, und Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, geben nach der Ministerpräsidentenkonferenz eine Pressekonferenz.
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Die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler haben sich im Streit über Entlastungsmaßnahmen auf mehrere Kompromisse verständigt.

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Ministerpräsidentenrunde: Bund und Länder raufen sich zusammen

Die Ministerpräsidenten und der Bundeskanzler haben sich im Streit über Entlastungsmaßnahmen auf mehrere Kompromisse verständigt. Das Deutschlandticket kommt. Bei der Gasbremse bleiben noch Fragen offen. Die Ergebnisse im Überblick.

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Wochenlang hatten Bund und Ländern gestritten. Vor allem über Geld. Dabei ging es unter anderem um einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets, die Entlastung der Bürger bei Gas- und Strompreisen und die Finanzierung der Kosten, die durch Geflüchtete entstehen. Selbst innerhalb der Koalition in Berlin herrschte bei vielen Punkten selten Eintracht. Und das alles in der größten Energiekrise in der Geschichte der Bundesrepublik.

Allen Beteiligten an dem Treffen im Kanzleramt war deshalb klar, dass es eine weitere Gesprächsrunde ohne vorzeigbare Ergebnisse nicht geben darf. Ziel war auch, ein Signal der Handlungsfähigkeit und der Geschlossenheit an die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen, die Märkte und nicht zuletzt an den russischen Präsidenten Putin zu senden.

Ministerpräsidenten haben sich bewegt - inhaltlich und finanziell

Im Vorfeld hatten zahlreiche Ministerpräsidenten gefordert, dass sich der Bund bewegen muss und genau das hat er getan: Er ist den Ländern finanziell entgegengekommen, bei den Flüchtlingskosten beispielsweise. Aber die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben sich finanziell und inhaltlich ebenfalls bewegt.

Es wurden zwar nicht alle strittigen Punkte abgeräumt, die Erleichterung bei den Beteiligten über das Erreichte war trotzdem deutlich zu spüren. Sowohl beim Kanzler ("Wir haben gezeigt, wir haken uns unter und lösen die Probleme des Landes gemeinsam") als auch bei den Ministerpräsidenten (Hendrik Wüst, CDU: "Die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern ist seit Jahrzehnten ein Problemlöser und das erwarten die Menschen auch in einer solchen Situation.")

Gaspreisbremse: Winterlücke bleibt bestehen

Einer der größeren Knackpunkte bei den Gesprächen zwischen Bundeskanzler Scholz und den Ministerpräsidenten war die Entlastung bei den hohen Energiepreisen. Dabei ging es vor allem um den Startzeitpunkt der Gaspreisbremse. Ursprünglich sollte die ab März greifen. Das allerdings ist den Ländern zu spät.

Die Bundesregierung ist den Ländern in dieser Frage deshalb ein Stück weit entgegengekommen. Jetzt soll die Gaspreisbremse bereits im Februar starten. Weil die Gasversorger dies allerdings nicht so schnell umsetzen können, kommt die eigentliche Unterstützung erst im März, also rückwirkend. Die Länder sehen das weiter kritisch. Ministerpräsident Wüst sagt, eine Winterlücke sei problematisch. Dass der Kanzler eine durchgehende Hilfe prüfen will, hat Wüst allerdings begrüßt.

  • Zur Übersicht: Alles zu Energie: Wie heizen wir in Zukunft? Woher kommt der Strom?
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, SPD
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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, SPD

Finanzierung von Härtefallfonds weiter offen

Offen ist auch die Finanzierung eines Härtefallfonds für Wohnungsunternehmen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und für Menschen, die mit Öl oder Pellets heizen. Der Bund hat den Länder wohl erst am Mittwoch erklärt, er wünsche sich, dass sich die Länder an den Kosten zur Hälfte beteiligen.

Niedersachsens Ministerpräsident Weil hat deshalb von Irritationen gesprochen. Scholz hat angekündigt, dass darüber erneut verhandelt werden soll. Bis Ende des Monats werde es eine Einigung geben, so der Bundeskanzler.

Söder kritisiert ausschließliche Unterstützung für Gaskunden

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist das weiterhin zu wenig. Ihm fehlt eine grundsätzliche Unterstützung von Menschen, die mit Pellets oder Öl heizen, machte er nach der Bund-Länder-Rund deutlich: "Das mit dem Öl beschwert die meisten Länder sehr, weil am Ende ist es nicht gerecht, dass vor allem die Gaskunden einen kompletten Ersatz bekommen und jemand, der eine Ölheizung hat, nur als Not- oder Härtefall gelten kann."

Das 49-Euro-Ticket kommt

Geknirscht hatte es in den vergangenen Wochen auch beim Nachfolger des 9-Euro-Tickets. Die Länder hatten den Bund unter Druck gesetzt und klar gemacht, dass sie sich nur an einem 49-Euro-Ticket beteiligen würden, wenn der Bund die sogenannten Regionalisierungsmittel erhöht. Jetzt ist klar: Das wird er tun.

Die Kosten von drei Milliarden Euro pro Jahr für das "Deutschlandticket" wiederum werden sich Bund und Länder teilen. Man habe sich aufeinander zubewegt. Auch an dieser Stelle, sagte Hendrik Wüst aus NRW bei der Vorstellung der Ergebnisse. "Das ist das absolute Minimum. Es gibt auch Kollegen, die das noch kritischer sehen."

  • Das Deutschlandticket für 49 Euro kommt – was geplant ist

Mehr Geld für die Unterbringung Geflüchteter

Einig wurde man sich auch beim Thema Geflüchtetenfinanzierung. Der Bund hat sich bewegt und auf die Forderung der Länder nach mehr finanzieller Unterstützung reagiert – auch wenn diese sich vorab mehr erhofft hatten. Die Bundesregierung wird Länder und Kommunen in diesem und im kommenden Jahr mit insgesamt 4,25 Milliarden Euro unterstützen.

Dass der Bund einlenken würde, war am Ende keine Überraschung. Zu groß ist der Druck aufgrund der steigenden Zahlen Geflüchteter. Viele Kommunen sind nicht mehr handlungsfähig. Dazukommt, dass der Bund aufgrund der Steuerschätzung mittlerweile weiß, wie groß sein Handlungsspielraum ist.

Länder beteiligen sich weiterhin am Wohngeld

Beim Thema Wohngeld haben die Länder ihren Widerstand im Gegenzug aufgegeben. Sie werden sich auch weiterhin an der Finanzierung beteiligen. Die Bundesregierung will die Zahl der Empfänger zum 1. Januar 2023 auf zwei Millionen Haushalte mehr als verdreifachen. Da auch die Zahlungen steigen, erhöhen sich die Kosten. Davon waren die Länder wenig begeistert und wollten, dass der Bund allein für die Mehrkosten aufkommt.

Von dieser Forderung allerdings sind die Ministerpräsidenten mit Blick auf die restlichen Verhandlungsergebnisse mit dem Kanzler abgerückt. Ein Kompromiss. Einer von vielen an diesem Abend.

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