Bärbel Bas kennt kaum jemand außerhalb des Politikbetriebs. Und das zeigt zum einen, wie Bas ist: Sie drängt sich nicht in den Vordergrund. Zum anderen, wie der Politikbetrieb ist: Andere drängen sich vor. Bas war seit 2019 als stellvertretende Fraktionsvorsitzende die wichtigste Gesundheitspolitikerin in der SPD. Sie manövrierte die Bundestagsfraktion durch die Corona-Krise. Nur wurde das öffentlich kaum wahrgenommen. Für die Öffentlichkeit sah es aus, als sei Karl Lauterbach der Corona-Manager.
Nett? Ausgerechnet!
So wundert es nicht, dass der Komiker Kurt Krömer Karl Lauterbach einlädt und nicht Bärbel Bas. Krömer: "Warum hat man von der Frau noch nie wat jehört?" Lauterbach sagt: "Ich höre regelmäßig von ihr und kann bestätigen: Es gibt Bärbel Bas." Es handle sich um eine sehr "nette Kollegin". "Nett"! Ausgerechnet. Ein Tiefschlag. Denn zur Leitung eines Bundestags mit stets zwischenrufender AfD-Fraktion braucht es wohl andere Qualifikationsmerkmale. In der SPD ist man nicht glücklich über Lauterbachs Wortwahl.
Keine Beißhemmung gegenüber der AfD
Dabei ist die 53-jährige Bas manchmal gar nicht so nett. Sie gibt der AfD in den unendlichen Corona-Bundestagsdebatten immer wieder Contra: Die AfD fordere Konzepte zum Schutz des Pflegepersonals und kriege es nicht hin im Parlament selbst Maske zu tragen, keilt Bas Richtung AfD-Bank. Die Soziologin Jutta Allmendinger sagt: "Sie hat keine Beißhemmung gegenüber der AfD. Und ich finde, dass sie die Ruhe mitbringt, die so eine Präsidentin dann auch braucht."
Bei Twitter echauffiert sich ein CDU-Abgeordneter über "mehr Frauen in Vorstände", "mehr Frauen in Aufsichtsräte". "Es nervt irgendwie", schreibt der CDUler Maik Beermann. Er wisse gar nicht, ob die Frauen das überhaupt wollten. "Ja wir wollen. Komm klar damit", antwortet Bas. Und als Beermann seinen Tweet kurz darauf löscht, postet Bas einen Screenshot davon, "Hier zur Erinnerung *Zwinkersmiley*". Bas kann wohl auch fies sein. In jedem Fall ist sie beharrlich.
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Aufstieg mit Beharrlichkeit
Beharrlichkeit zeichnet auch die berufliche Karriere der Duisburgerin aus: Nach dem Hauptschulabschluss und einer Ausbildung als Bürogehilfin steigt sie bis in den Aufsichtsrat der Duisburger Verkehrsbetriebe auf. Bas bildet sich immer weiter fort zur Krankenkassenbetriebswirtin, später zur Personalmanagement-Ökonomin.
Parallel startet sie die Karriere in der SPD. Auf dem klassischen Weg: Mit 20 wird sie SPD-Mitglied, Bas engagiert sich bei den Jusos, dann Regionalvorstandsmitglied, Vorsitzende Landesparteirat NRW. 2009 wird Bas zum ersten Mal in den Bundestag gewählt. Und gleich mit einem Direktmandat für den Wahlkreis Duisburg I. Den kann sie bis heute verteidigen.
Bas kennt das Parlament
Dass Bas Kandidatin der SPD für das Amt der Bundestagspräsidentin wurde, hat zwei Gründe. Der eine: Sie kennt die parlamentarische Arbeit so gut wie wenige andere. Diverse Ausschüsse, Vizefraktionsvorsitz und vor allem PGF: Bas hat als Parlamentarische Geschäftsführerin Abstimmungen organisiert, in die Fraktion hineingehorcht, Befindlichkeiten ausgeglichen, kurzum: Sie hat den Laden am Laufen gehalten.
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Zu viele Männer an der Spitze
Der zweite Grund: Die Frauen in der SPD wollten es, die Soziologin Jutta Allmendinger und der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Peter Dabrock formulierten es in einem offenen Brief: Bundestagspräsidentin muss eine Frau werden. Hätte ein Mann diesen Posten bekommen, wären alle wichtigen Jobs – Bundespräsident, Bundestagspräsident, Kanzler – von SPD-Männern besetzt worden, was eine ziemliche Blamage für die SPD geworden wäre. Scholz hatte immer Wert auf Parität gelegt. Das war wohl auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bewusst, der einige Zeit als Schäubles Nachfolger gehandelt wurde, dann aber zurückzog.
Erst Frau Bas, dann der Bundeskanzler
Bas ist jetzt nach Annemarie Renger in den 70ern und Rita Süßmuth die dritte Frau auf diesem Posten. Die Geschäftsordnung des Bundestags erklärt die Aufgaben: "Der Präsident” repräsentiert den Bundestag, regelt seine Geschäfte, wahrt die Würde und die Rechte des Bundestags. Die Bundestagspräsidentin ist laut Protokoll das zweithöchste Staatsamt der Bundesrepublik, nur der Bundespräsident steht darüber. In der Praxis heißt das bei offiziellen Anlässen: Erst wird Bärbel Bas begrüßt, dann der Bundeskanzler.
Mit Informationen von Georg Schwarte
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