Nach einem tödlichen Angriff auf eine kosovarische Polizei-Patrouille Ende September hat Serbien die Festnahme des mutmaßlichen Anführers vermeldet. Milan Radoicic sei für 48 Stunden in Untersuchungshaft genommen und der Belgrader Staatsanwaltschaft übergeben worden, teilte das serbische Innenministerium mit. Die Polizei habe die Wohnung des Verdächtigen sowie weitere Objekte durchsucht. Nun soll ein Gericht entscheiden, ob Radoicic für 30 Tage in Untersuchungshaft kommt.
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Verdacht der "schweren Straftaten gegen die allgemeine Sicherheit"
Radoicic werde zusammen mit "mehreren unbekannten Personen" der "unerlaubten Herstellung, des Besitzes, des Tragens und des Handels mit Schusswaffen und explosiven Stoffen sowie schwerer Straftaten gegen die allgemeine Sicherheit" verdächtigt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Demnach hatte er zwischen Januar und dem Tag des Anschlags die Waffen aus dem benachbarten Bosnien besorgt und an "nicht näher bezeichneten Orten" im Kosovo gelagert. Radoicic habe bestritten, die ihm vorgeworfenen Verbrechen begangen zu haben.
Die Präsidentin des Kosovo, Vjosa Osmani, sagte dem Sender CNN, "Radoicic und andere Terroristen" müssten "an die Republik Kosovo ausgeliefert werden, damit wirkliche Gerechtigkeit verübt werden kann".
Am Sonntag vor einer Woche hatte sich im Nordkosovo der schwerste Zwischenfall in der Region seit Jahren ereignet. Bei dem Angriff auf die Polizei-Patrouille war ein Polizist getötet worden. Später verschanzten sich etwa 30 bewaffnete Männer in einem serbisch-orthodoxen Kloster in dem Dorf Banjska. Drei bewaffnete Serben wurden bei Schusswechseln mit der Polizei getötet.
Radoicic Vizechef der Serbischen Liste
Am vergangenen Freitag bekannte sich Radoicic dazu, die Gruppe hinter den Angriffen ohne das Wissen Belgrads organisiert zu haben. Der Geschäftsmann zählte bis vor Kurzem zu den einflussreichsten kosovo-serbischen Politikern. Vergangene Woche trat er als Vizechef der Serbischen Liste (Srpska Lista), der wichtigsten politischen Gruppierung der Kosovo-Serben, zurück.
Am selben Tag durchsuchten kosovarische Spezialeinheiten Radoicics Grundstücke im Norden des Landes, am Samstag wurde der Ex-Politiker erstmals von der serbischen Polizei verhört. Kurz zuvor hatte der serbische Präsident Aleksandar Vucic erklärt, Radoicic befinde sich in "Zentralserbien" und stehe den serbischen Behörden zur Befragung zur Verfügung. USA rufen zur Rückkehr zu Dialog auf
Die USA hatten nach dem Angriff auf eine "große serbische Militärpräsenz entlang der Grenze zum Kosovo" hingewiesen und Belgrad aufgefordert, seine an der Grenze zum Kosovo stationierten Truppen abzuziehen. Serbien versicherte daraufhin am Montag, die Zahl der Soldaten an der Grenze sei wieder auf einem "normalen" Niveau. Generalstabschef Milan Mojsilovic erklärte mit Blick auf die Grenze zum Kosovo vor Journalisten in Belgrad, die Zahl der Soldaten sei von 8.350 auf 4.500 verringert worden.
Die USA bestätigten, Serbien habe "begonnen, seine an der Grenze zum Kosovo positionierten Truppen abzuziehen". Dies sei "eine gute Sache", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Es werde die Spannungen zwar nicht beseitigen, "aber zur Deeskalation beitragen". Ein Sprecher des US-Außenministeriums äußerte sich "weiterhin besorgt" über die Spannungen "und die sporadische Gewalt im Nordkosovo". Washington ermutige beide Seiten, "zum von der EU geförderten Dialog zurückzukehren".
Rumänien schickt Soldaten zur Verstärkung der Nato-Truppe
Angesichts der angespannten Lage gab Rumänien die Entsendung von etwa 100 Soldaten in die ehemalige serbische Provinz bekannt. Bukarest füge der KFOR-Friedenstruppe ein "Kontingent auf Kompanie-Niveau" hinzu, erklärte der rumänische Botschafter bei der Nato, Dan Necalescu. Großbritannien hatte in der vergangenen Woche vermeldet, etwa 600 zusätzliche Soldaten zur Verstärkung der KFOR zu stationieren.
Serbien erkennt Unabhängigkeit des Kosovo nicht an
Serbiens ehemalige Provinz Kosovo hatte sich 2008 nach einem blutigen Krieg für unabhängig erklärt. Serbien erkennt dies nicht an. Die überwiegende Mehrheit der 1,8 Millionen Einwohner im Kosovo sind ethnische Albaner. Dazu kommen 120.000 Serben, die vor allem im Norden des Landes leben. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen, die internationale Besorgnis auslösen.
Mit Informationen von AFP und dpa
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